Sonntag, Dezember 22, 2024

 

Bundesinnungsmeister Frömmel appelliert an seine Mitarbeiter, trotz schwieriger Rahmenbedingungen positiv in die Zukunft zu blicken.Hans-Werner Frömmel, Bundesinnungsmeister Bau, im Interview. Er spricht über die Probleme der Gemeinden, falsche Sparansätze und wichtige Maßnahmen der Bundesinnung im Kampf gegen die Krise.

(+) plus: Wie ist es der heimischen Bauwirtschaft 2011 ergangen?

Hans-Werner Frömmel: Grundsätzlich ist eine schwach positive Bilanz zu ziehen. Es war bedingt durch die allgemeine Wirtschaftslage und die reduzierten Budgets der öffentlichen Hand kein einfaches Jahr. Im Zeitraum Jänner bis Oktober weist die Bauwirtschaft ein Plus von 1,5 % auf.

(+) plus: Wenn in den letzten Jahren von klammen öffentlichen Händen die Rede war, waren oft die Gemeinden gemeint. Im Herbst hat Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer im Bau & Immobilien Report die Rückkehr der Gemeinden als Investoren angekündigt. Ist eine Besserung bereits spürbar?

Frömmel: Leider nicht. Zwar weisen die Gemeinden wieder ein Plus von 237 Millionen Euro aus, dieses Geld fließt aber fast ausschließlich in die Bereiche Gesundheit und Soziales. Dagegen gibt es im Straßen- und Wasserbau ein Minus von 14,6 %. Die Bauunternehmen spüren also noch nicht, dass es den Gemeinden wieder besser geht.

(+) plus: Wie macht sich der lange Zeit doch sehr milde Winter bemerkbar?

Frömmel: Ein milder Winter ist grundsätzlich positiv für die Bauwirtschaft und die Beschäftigung, wenn das Jahrbauvolumen gleich bleibt. Das ist bei einer boomenden Konjunktur kein Problem, da kommt ständig etwas nach. Aber 2012 könnte das schon zu Problemen führen.

(+) plus: Nach dem Verlust des Triple-A-Status wird der Sparzwang bei der Bundesregierung noch größer. Beliebte Streichposten sind Infrastrukturinvestitionen. Wie wollen Sie die Politik davon überzeugen, nicht gerade in diesem für die Bauwirtschaft so wichtigen Bereich den Rotstift anzusetzen?

Frömmel: Dass es zu Einsparungen kommen muss, ist ganz offensichtlich. Es ist aber ebenso unumstritten, dass die Bauwirtschaft schon sehr viel zur Sanierung der Staatskassen beigetragen hat. Alleine bei den Budgetbegleitgesetzen 2010 haben wir durch Kürzungen bei ÖBB, Asfinag und im Siedlungswasserbau Umsatzvolumina in der Höhe von 6 Milliarden Euro eingebüßt.  Wie man mit Bauinvestitionen die Budgetkonsolidierung vorantreiben kann, haben die Baupaktpartner aufgezeigt und ein 7-Punkte-Programm präsentiert.

(+) plus: Wo soll stattdessen gespart werden?
Frömmel: In der Verwaltung oder beim Pensionsantrittsalter gibt es noch viel Potenzial. Schon eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit um ein Jahr würde eine Milliarde Euro bringen.

(+) plus: Wie hat sich die Arbeitsmarktöffnung auf die Bauwirtschaft ausgewirkt?

Frömmel: Es war nicht so dramatisch wie anfangs von vielen befürchtet. Viele Maßnahmen, die wir mitbegleitet haben, wie das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz, haben gegriffen. Rund 4.400 Personen aus dem Ausland haben die Chance ergriffen und sind nach Österreich gekommen, der Großteil natürlich im Großraum Wien. Aber das ist keine bedenkliche Zahl, das können wir verkraften. Was mich aber nachdenklich stimmt, sind Entwicklungen wie etwa in Bad Radkersburg. Dort hat der Bürgermeister trotz Verlängerung der Schwellenwerteverordnung und der Möglichkeit, Aufträge regional zu vergeben, einer slowenischen Firma den Zuschlag erteilt. Diese kann aufgrund der niedrigeren Lohnnebenkosten natürlich günstiger anbieten. Mit solchen Aktionen wird der eigentliche Sinn der Schwellenwerteverordnung, für die wir lange gekämpft haben, auch völlig konterkariert.

(+) plus:
Was waren die wichtigsten Projekte der Bundesinnung Bau im abgelaufenen Jahr?

Frömmel: Zwei große Erfolge waren sicher unser Auftritt bei der Parlamentsenquete zum Thema »Zukunftsinvestitionen in Umwelt, Bauen und Wohnen« sowie die Verlängerung der Schwellenwerteverordnung. Ebenfalls wichtig war die Initiative »Leistbares Wohnen«, wo wir gemeinsam mit den Bausozialpartnern für eine bedarfsgerechte Mittelzuteilung und Mittelverwendung der Wohnbauförderung eintreten. Auch unsere Initiative »Seniorengerechtes Bauen« findet immer mehr Gehör, benötigt aber eine finanzielle Unterstützung in Form eines Einmalschecks, ähnlich der thermischen Sanierung. Wirtschaftsminister Mitterlehner hat schon positive Signale gesendet. Weitere erfolgreiche Maßnahmen waren die Verordnung der optischen Strahlung, das neue Dienstreiserecht für Angestellte, die Baumeisterkampagne und BAU TV, eine Berufshaftpflichtversicherung für Baumeister im Dienstleistungsbereich und vieles mehr.

(+) plus: Was erwarten Sie von 2012?

Frömmel: Wir hoffen, dass die tatsächliche Baukonjunktur besser verläuft, als es die aktuellen Prognosen vermuten lassen. Ich möchte außerdem an unsere Mitglieder appellieren, trotz schwieriger Rahmenbedingungen positiv in die Zukunft zu blicken. Durch Innovationsbereitschaft, Seriosität, Qualität und motivierte Fachkräfte  können wir uns gegenüber unseriöser Konkurrenz  und Dumpingangeboten durchsetzen.n

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