Es gibt in Österreich keine Ghettos. Die verschiedenen sozialen Schichten wohnen Tür an Tür. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Wohnbauförderung, die darüber hinaus noch viele weitere positive Effekte nach sich zieht. Den hohen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Stellenwert der Wohnbauförderung erklärt Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen in einem Gastkommentar.
Die Intensität des Förderungswesens in Österreich steht heute intensiv zur Diskussion. Ist es gerechtfertigt, dass jährlich 18 Milliarden Euro an Förderungen unters Volk gebracht werden? Das sind immerhin 6,5 % der österreichischen Wirtschaftsleistung. Ein nicht unbescheidener Brocken davon ist die Wohnbauförderung mit über 3 Mrd. Förderungsleistung. Ihre Existenzberechtigung wurde in der Vergangenheit gelegentlich in Zweifel gezogen. Angesichts ihrer sehr guten Performance steht sie momentan nicht ganz oben auf der Liste der Reformvorschläge.
Förderungen werden von den Wirtschaftswissenschaften i.A. mit den damit erzielbaren »positiven Externalitäten« gerechtfertigt; klingt exotisch, ist aber ganz naheliegend: Eine gut gestrickte Förderung hat größere positive Effekte als sie kostet.
Bei der Wohnbauförderung wird dies besonders deutlich. Die Länder gaben 2010 rund 2,950 Mrd. Euro für die Wohnbauförderung aus, davon knapp die Hälfte als Darlehen, die – bei geringer Verzinsung – längerfristig wieder den Länderbudgets zugutekommen. Weitere Ländermittel gehen in die Mietenbeihilfe als Teil der Sozialhilfe und die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Der Bund engagiert sich insbesondere in der Prämienförderung von Bausparverträgen, mit dem teilweisen Verzicht der Kapitalertragsteuer für Wohnbauanleihen und mit dem 2009 eingeführten Sanierungsscheck. Insgesamt gehen rund 0,9 % der österreichischen Wirtschaftsleistung in die Förderung des Wohnungswesens.
>> Die Effekte <<
Was bekommt der Steuerzahler dafür? Wichtig ist, dass die Wohnbauförderung keineswegs allein, ja nicht einmal in erster Linie als Sozialausgabe aufgefasst werden soll. Soziale Aspekte, insbesondere die Leistbarkeit von angemessenem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten, sind natürlich eine ihrer Kernkompetenzen. Die Wohnbauförderung ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass auch finanziell benachteiligte Bevölkerungsgruppen in Österreich vergleichsweise gut und günstig wohnen. Es gibt in Österreich keine Ghettos. Die unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten wohnen buchstäblich Tür an Tür nebeneinander. Das bedeutet gesellschaftlichen Zusammenhalt und sozialen Frieden.
Die vielleicht noch wichtigeren »positiven Externalitäten« sind aber wirtschaftlicher Natur. Die Wohnbauförderung hält den Konjunkturmotor Wohnbau am Laufen. Die konstanten Neubauzahlen auf relativ hohem Niveau (siehe Grafik) wären ohne dieses Instrument nicht aufrechtzuerhalten. Dies kommt nicht nur der Bauwirtschaft zugute, sondern auch dem Einzelnen. Ausreichender Neubau ist ein Schlüssel für einigermaßen ausgeglichene Wohnungsmärkte mit angemessenen Preisen. Eine leistbare Wohnversorgung stellt sicher, dass privater Konsum für andere Ausgaben zur Verfügung steht. Dies wissen junge Haushalte besonders zu schätzen. In nicht wenigen Fällen war die günstige Wohnversorgung in jungen Jahren ein wesentlicher Eckstein für späteren wirtschaftlichen Erfolg. Die Wohnbauförderung ist eine Mittelstandsförderung nicht in dem Sinn, dass diese Gruppe bevorzugt bedient wird, sondern dass sie ganz zentral zur Bildung dieser Gruppe beiträgt. Die Wohnbauförderung ist damit auch einer der wenigen Transfers, die von den Älteren an die Jüngeren gehen. Nicht fehlen darf die Aufzählung der »positiven Externalitäten« in Ökologie, Energieeffizienz und Raumplanung. In allen diesen Bereichen zählt die Wohnbauförderung zu den griffigsten Umsetzungsinstrumenten von Politikzielen.
>> Kosten-Nutzen-Rechnung beachten <<
Insgesamt erweist sich die Wohnbauförderung als effizienter Wohlstandsmotor und griffiges Umsetzungsinstrument für Politikziele, etwa im Bereich des Klimaschutzes. Kein Bereich wird von den bevorstehenden Reformen zur Sicherung ausgeglichener öffentlicher Haushalte verschont bleiben. Es kann allerdings nicht genug appelliert werden, bei der Betrachtung der Kosten von Förderungen auch und vor allem den generierten Nutzen zu beachten. Es besteht immer Potenzial zu verbesserter Effizienz. Dieses muss aber bei Inputs und Outputs gleichermaßen gesucht werden.