Sonntag, Dezember 22, 2024

'Wir telefonieren auch samstags und sonntags miteinander. Arbeit sollte Spaß machen – das wollen wir unseren Mitarbeitern wieder vermitteln', geben sich die beiden neuen SAP-Vorstände Bill McDermott (li.) und Jim Hagemann Snabe, zuversichtlich.Auf der CeBIT demonstrieren die neuen SAP-Co-Vorstände Einigkeit und Stärke. Der Business-Software-Riese will wieder näher an die Kunden rücken.

»Jim und ich sind schon viele Jahre zusammen«, scherzt Bill McDermott. Auf ihrem ersten Auftritt vor internationalem Publikum reichen sich die beiden neuen SAP-Konzernbosse, der Däne Jim Hagemann Snabe und der Amerikaner Bill McDermott, freundschaftlich die Hände. Mehr noch: Sie umarmen einander, klopfen sich gegenseitig auf die Schulter und betonen, wie schön es ab nun sein wird. Schön und vergnüglich für die Kunden und Mitarbeiter von SAP. Dermott, bislang verantwortlich für Vertrieb, und Snabe, zuständig für die Produktentwicklung, wurden zu gleichberechtigten Vorstandssprechern ernannt. »Wir wollen, dass uns unsere Kunden wieder lieben. Wenn wieder die Liebe Einzug hält, gibt es auch keine Probleme mehr«, legt sich die geeinte Spitze auf eine einfache Erfolgsformel fest.

Ihr Vorgänger Leo Apotheker musste nach nur einem Jahr Amtszeit Anfang Februar überraschend den Chefsessel räumen. Er hatte das Vertrauen der Belegschaft verloren, heißt es. Es werden wohl letztlich die Differenzen mit SAP-Gründer Hasso Plattner gewesen sein, welche das Engagement so abrupt beendet hatten. Der Umsatzrückgang von neun Prozent im vergangenen Jahr dürfte das Übrige dazu getan haben. Zuletzt wurden auch die Kunden aufgrund von einseitigen Preiserhöhungen in den Serviceverträgen maßlos verärgert. Diese Wogen wollen die beiden neuen Vorstände nun wieder glätten. »Vertrauen ist etwas, das du nur langsam aufbauen, aber sehr schnell wieder zerstören kannst«, weiß Snabe. Er möchte die Belegschaft wieder zu einer motivierten, engagierten Truppe formen. Derzeit kursieren bei SAP – immerhin nach Volkswagen, E.ON, Siemens und Deutsche Telekom fünftgrößtes Unternehmen Deutschlands – in den Abteilungen Fragebögen mit der Bitte um Feedback bei den Mitarbeitern. Auch in Österreich natürlich.

Riesenpotenzial
Während das Flaggschiff des Business-Software-Riesen, die »SAP Business Suite 7«, mittlerweile so gut wie jeden Branchenzweig und jede Industrie mit zugeschnittenen Vorlagen abdeckt, wandern nach der Akquisition des Business-Intelligence-Anbieters Business Objects nun auch Analysewerkzeuge auf die Nutzeroberflächen. Die Kombination aus Enterprise-Ressource-Planning (ERP) und Business Intelligence macht aus Unternehmen schlagkräftige Organisationen. Die Idee: schneller als der Mitbewerb auf Marktveränderungen reagieren zu können.

Lange erwartet, kündigte SAP auf der CeBIT nun auch die Mittelstandslösung »Business ByDesign« für einen Marktstart Mitte des Jahres an. Die On-Demand-Lösung soll gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Unternehmen helfen, die Investitionsrisiken zu minimieren. Bei Bedarf kann die Software quasi zugeschaltet werden. Die schnelle Implementierung soll die Steuerung eines Unternehmens einfach wie nie zuvor gestalten. Und auch hier sind die Analysetools aus dem Business-Objects-Portfolio integriert. Ohne Intelligenz geht es auch im Mittelstand nicht mehr. »Business by Design ist unsere wichtigste Innovation derzeit«, bekräftigt Snabe. Eine Million Unternehmen werden mit der neuen Lösung adressiert. Den Vorstandssprechern zufolge ist es weltweit die Lösung, welche die komplette Wertschöpfungskette von der Fertigung bis zu Rechnungslegung und Debitorenmanagement abdeckt. Und: On-Demand-Modelle sollen für eine Reduktion der Kosten sorgen, da sich die Vorhaltung von IT-Ressourcen verringert. Laut SAP sinkt die Zurückhaltung gegenüber On-Demand-Modellen, das Vertrauen in der Wirtschaft wächst stetig. Bei diesem Vertrauen geht es um die Gewissheit, dass etablierte IT-Unternehmen geschäftskritische Daten genauso schützen können. Die Implementierung, der Betrieb und die Wartung der Lösung wird dann einfach aus einem Rechenzentrum heraus erbracht.

Der Softwarekonzern SAP versprühte auf der CeBIT in Hannover Geschäftstüchtigkeit und Optimismus. Im Hintergrund stellt die Unternehmensspitze die Organisation neu auf. Aussicht für 2010
Die Prognose für das Geschäftsjahr heuer lautet: Es wird wieder Wachstum geben. McDermott und Snabe rechnen mit vier bis acht Prozent Steigerung im wichtigen Geschäftsbereich Software- und softwarebezogenen Services. Spielt die Weltwirtschaft ausreichend mit und investieren die Unternehmen wieder, will man für 2011 sogar wieder zweistellige Umsatzsprünge sehen.

Doch nicht jede Unternehmensgröße ist gleichzusetzen mit dem Mittelstand in Deutschland. SAP bietet für kleinere Firmen die Business-Suiten »All in One« und »Business One«. Auch sie bieten wieder integrierte Analysefunktionen, die einen besseren Einblick in die Geschäftsabläufe erlauben. Gerade die Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen wird immer mehr zu einem großen Thema für den Softwarekonzern. Ausgehend von den ganz Großen verbreitert SAP den Kundenstock nun »top down« am Markt. Man macht den kleineren, spezialisierten ERP-Lieferanten sowie der Business-Software von Microsoft, Dynamics, die Kundschaft streitig. »In den letzten drei Jahren konnten wir die Zahl unserer KMU-Kunden verdreifachen«, gibt Hans-Peter Klaey, President SME SAP, noch auf der CeBIT bekannt. »77 Prozent unserer 95.000 SAP-Kunden kommen heute aus diesem Umfeld.« Besonders 2009 hat offensichtlich zu dem Wachstum in dieser Wahrnehmung beigetragen. »Umgerechnet 35 Neukunden in KMU-Größe waren es pro Arbeitstag. Insgesamt 9.000 in diesem einen Jahr«, so Klaey. Doch auch in der zweiten Managementebene kommt es bei SAP nun zu Bewegungen. Die neue Spitze baut um und auch Klaey hat Mitte März das Unternehmen verlassen.

Mobile Extension
Mit dem Lösungspartner Sybase stellte SAP auf der CeBIT wiederum eine weitere vielversprechende Richtung vor. »Sybase Mobile Sales for SAP CRM« und »Sybase Mobile Workflow for SAP Business Suite« verschaffen Außendienstmitarbeitern Zugriff auf zentrale Geschäftsprozesse und Anwendungen für das Kundenbeziehungsmanagement. Beide laufen auf einer Plattform des Mobil-Experten Sybase und erweitern die Funktionalitäten der Business-Software SAPs. So ist damit nun auch im Kundenmanagement, dem Customer Relationship Management (CRM), der Zugriff auf Datenbanken, Webservices und Geschäftsanwendungen mobil möglich. Die Vermarktung der Lösungen übernehmen SAP und Sybase gemeinsam.



Made in Germany
Die Software- und IT-Dienstleistungsbranche in Deutschland entwickelt sich zu einem eigenständigen Wirtschaftsfaktor, dessen Bruttowertschöpfung und Beschäftigung sich in den nächsten zwei Jahrzehnten verdoppeln wird. Bis 2030 steht ein Beschäftigungswachstum von 80 Prozent bevor, was rund 452.000 neuen Arbeitsplätzen entspricht. Die Branche soll zudem künftig eine zentrale Rolle bei intelligenten Netzen und Technologien spielen, mit denen die Gesellschaft künftige Herausforderungen wie etwa den Klima- oder demografischen Wandel bewältigen kann.

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