Ernst Vejdovszky war bis 2021 CEO der S Immo. Nach seiner Pensionierung machte sich der am längsten dienende Manager eines Immobilienkonzerns im ATX mit dem Unternehmen E-Ve Immobilienanlagen selbstständig. Die schwierige Marktsituation kommt für ihn nicht unerwartet. Trotz erster positiver Signale erwartet er kein baldiges Ende der Probleme.
Text: Walter Senk
Mit der Erfahrung eines »alten Hasen«: Wie schätzen Sie aktuell den Immobilienmarkt ein?
Ernst Vejdovszky: Ich habe schon mehrfach schwierige Phasen am Immobilienmarkt erlebt. Die erste war Anfang der 90er-Jahre. Da gab es einen Einbruch im Zinshaussektor in Wien, aber das war sehr überschaubar. Ähnlich wie jetzt hat es eine Zeit gebraucht, bis die Preisvorstellungen bei Angebot und Nachfrage wieder übereingestimmt haben. Derzeit stimmen sie noch nicht überein. Aus einer globaleren Sicht betrachtet ist es elf, zwölf Jahre nach oben gegangen, und daher ist eine Entwicklung wie jetzt völlig natürlich. Die Phase des Abschwungs ist typischerweise immer kürzer als die Aufstiegsphase, aber sie wird meiner Meinung nach auch in einem halben Jahr noch nicht vorbei sein.
Wie lange wird das noch dauern?
Vejdovszky: Ich fürchte, wir haben den Bottom bei Gewerbeimmobilien noch nicht erreicht, und wenn sich die Zinsen wieder nach unten bewegen, wird das nur in einer überschaubaren Dimension stattfinden. Es sind sich selbst die Verantwortlichen nicht sicher, ob man die Zinsen senken soll bzw. wie schnell. Nach meiner Einschätzung werden die Preise für gewerbliche Immobilien im heurigen Jahr noch um rund 20 bis 30 Prozent sinken. Das wird das Maximum vom höchsten Wert sein. Das hängt natürlich auch von den einzelnen Objekten ab. Die Toplagen halten am besten.
Eine ähnliche Situation hatten wir vor rund zwölf Jahren in Osteuropa. Ich habe aber das Gefühl, dass langsam Bewegung reinkommt. Auf der Käuferseite gibt es erste Anzeichen, dass sich Investoren umsehen, die Eigenkapital haben oder nur wenig Fremdkapital benötigen. Sie gehen davon aus, dass vielleicht jetzt schon der richtige Zeitpunkt da ist, und können auf einem Preisniveau kaufen, das um zehn bis 15 Prozent niedriger ist als vor zwei Jahren. Auf der Verkäuferseite weiß man, die Preise von vor zwei Jahren gibt es nicht mehr.
Wie sehen Sie die Situation rund um die Signa?
Vejdovszky: Ich habe die Dimension dessen, was jetzt passiert, bis Oktober letzten Jahres nicht für möglich gehalten. Es war von außen nicht erkennbar, wie groß die Verschuldung wirklich ist, denn aus meiner Sicht waren in der Signa immer sehr gute Leute tätig – auch im Finanzbereich. Dass die Immobilien sehr hoch bewertet wurden, das vermutete man. Da treffen ein Zinsanstieg und eine Marktkorrektur natürlich besonders hart. Jetzt geht es eher darum, die Projekte zu retten. Der Krampf bei einer Unternehmensgruppe dieser Art sind immer die vielen konzerninternen Leistungsbeziehungen und die Geldflüsse, die passiert sind.
Das »Lamarr« sollte fertiggebaut werden, weil es sich nach meiner Einschätzung wirtschaftlich ausgehen wird. Wahrscheinlich ist die Anfangsrendite nicht so hoch. Es wird sich für alle die Frage stellen, welche Kosten habe ich noch »to complete«, aber wenn es fertig ist, hat es einen Wert. Man muss jemand finden, der es übernimmt, und der wird auch nur einen Preis zahlen, der sich rechnet. Aber das ist ein typischer Fall, wo es für alle finanzierenden Banken nach meiner Einschätzung sinnvoll ist, das Projekt fertigzubauen und es erst dann in Ruhe zu verwerten.
Dieser Artikel ist das Ergebnis einer Kooperation von Bau & Immobilien Report und Die unabhängige Immobilien-Redaktion.