Die Bauwirtschaft warnt seit langem vor der besorgniserregenden Situation am Wohnungsmarkt. Eine neue Initiative aus führenden Unternehmen der Branche namens »Mehr Zuhaus‘ in Österreich!« stellt jetzt konkrete Forderungen an die Politik.
Obwohl mehr und mehr Wohnraum benötigt wird, geht die Zahl der Neubauten seit 2019 jedes Jahr weiter zurück. Wurde 2019 noch der Bau von rund 69.900 Wohneinheiten im Neubau bewilligt, sank diese Zahl seither kontinuierlich auf zuletzt nur mehr 33.900 Bewilligungen im Jahr 2023. (gerundet: 2020: 63.600, 2021: 60.100, 2022: 47.000, Quelle: Statistik Austria). Und auch für 2024 und die kommenden Jahre wird weiter mit einem Rückgang gerechnet. Dazu kommt, dass viele bewilligte Bauunternehmungen gar nicht umgesetzt werden können - zu hohe Zinsen und zu viel Bürokratie.
Führende Vertreter der heimischen Bauwirtschaft fordern darum von der Politik in Bund und Ländern ein sofortiges Gegensteuern: Entbürokratisierung, Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung, Investitionsförderungen und Erleichterungen bei der Kreditvergabe sind nur einige der Maßnahmen. Sonst, so die Branche, drohen massiver Wohnungsmangel und steigende Mieten - und der Abbau tausender Arbeitsplätze. »Die Politik hat seit Jahren mit zu strengen Kredit-Vergaberichtlinien, überbordender Bürokratie und völlig verfehlten Fördersystemen maßgeblich zu dieser Situation beigetragen. Das muss jetzt korrigiert werden, sonst können wir diesen Wohnungsrückstand nicht mehr aufholen«, warnt Torsten Kreft, Geschäftsleiter von hagebau Österreich.
Das 2023 angekündigte Konjunkturpaket treffe nicht den Kern des Problems, führt Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister der Bundesinnung Bau in der Wirtschaftskammer Österreich, aus. Die eigentliche Herausforderung sei die ausbleibende Baunachfrage im Wohnungsneubau. »Um die Nachfrage in diesen Marktsegmenten zu stabilisieren, braucht es zielgerichtete Maßnahmen, welche direkt die Investitionsbereitschaft der Bauherren und Hausbauer stimulieren«, so Jägersberger weiter.
Die Initiative »Mehr Zuhaus‘ in Österreich!« schlägt daher fünf Sofort-Maßnahmen vor:
- Wohnbauförderung aufstocken und Zweckbindung wieder einführen.
- Steuerliche Maßnahmen setzen, um Investitionen zu fördern.
- Mehr Wohnungsneubau.
- KIM-Verordnung anpassen, Wohneigentum muss wieder leistbar sein.
- Radikale Vereinfachung der Bauförderung und Abbau bürokratischer Hürden.
Die Fördermittel im Wohnbau sollen dabei um 500 Millionen Euro jährlich für die nächsten Jahre erhöht werden. Um den enormen Rückstau beim Wohnbau aufholen zu können, seien steuerliche Anreize wie eine Mehrwertsteuer-Befreiung für den Erwerb und die Schaffung von neuem Wohnraum zur Eigennutzung (bis zu 100.000 Euro pro Wohneinheit) denkbar. Außerdem brauche es schnellere Bauverfahren, Flächenumwidmungen und einfachere Aufstockung bestehender Gebäude.
Hilfen für gemeinnützigen Wohnbau und junge Familien dringend nötig
»Gerade lokale Nahversorger im Baubereich müssen reihenweise schließen. In den letzten Jahren hatten wir noch nie so einen dramatischen Rückgang beim Neubau von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Besonders folgenschwer ist auch der Einbruch bei gemeinnützigen Wohnungen, die lange der Garant für leistbares Wohnen waren«, warnt Johann Marchner, Geschäftsführer von Wienerberger Österreich: »Darum muss speziell großvolumiger, gemeinnütziger Wohnbau jetzt wieder forciert werden.«
Damit der Wohnbau wieder forciert wird, brauchen vor allem junge Familien einfacheren Zugang zu Wohnbauförderung und Wohnbaukrediten. Zuletzt war jedoch das Gegenteil der Fall: 2022 hat die Finanzmarktaufsicht die Regeln für die Kreditvergabe weiter verschärft. Käufer*innen müssen nun 20 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital nachweisen, genauso darf die monatliche Kreditrate 40 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Laut Branchenexperten bleibt so rund der Hälfte aller Antragsteller der Kredit verwehrt.
»Die Kreditvergabe-Richtlinien der Finanzmarktaufsicht gehen an der Einkommensrealität der österreichischen Familien vollkommen vorbei. Sie verhindern, dass neue Wohnungen gebaut und finanziert werden und treiben die Mieten nach oben«, kritisiert Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Österreich. Die Eigenkapitalquote sollte daher gesenkt oder durch staatliche Fördermaßnahmen wie zinsfreie Kredite gestützt werden. Genauso müsse die monatliche Kreditrate für Wohnraumschaffung auf 60 Prozent angehoben werden. Bursik: »Es kann nicht sein, dass die kleinen Häuslbauer die Rechnung für Fehler in der Zins- und Förderpolitik und für Großinsolvenzen bezahlen.«
»Mehr Zuhaus‘ in Österreich!« lädt zur Unterstützung ein
Aus Sicht der heimischen Bauwirtschaft erfordert die aktuelle Situation einen Schulterschluss. »Der heutige Start unserer Initiative ist auch eine Einladung an alle weiteren Akteure der Bauwirtschaft und Baustoffindustrie, sich uns ebenfalls anzuschließen und gemeinsam gegen die drohende Wohnungsnot vorzugehen«, ruft Torsten Kreft bei der Pressekonferenz am 24. Jänner auf. Um ihren Forderungen Aumerksamkeit zu verschaffen, plant »Mehr Zuhaus‘ in Österreich!«, in den kommenden Monaten Informationsveranstaltungen duchzuführe, und direkt auf die Politik zugehen.
Über »Mehr Zuhaus‘ in Österreich!«
»Mehr Zuhaus‘ in Österreich!« ist eine Initiative 18 führender Unternehmen und Institutionen der österreichischen Bauwirtschaft. Initiatoren und Mitträger (Stand: Jänner 2024) sind: ACO, ARDEX, Bundesinnung Bau in der WKO, Baumit, Domoferm, Friedl, hagebau, Holcim, Internorm, PCI, Profibaustoffe, Raiffeisenverband Salzburg, Salzburger Lagerhäuser, Lagerhaus, Saint Gobain, Schiedl, Sopro, Teubl, Wienerberger Österreich.
Weitere Informationen finden Sie unter www.mehrzuhaus.at.