1903 als Handwerksbetrieb gegründet, bildet IGO Industries heute einen Verbundbetrieb im Bereich technischer Gebäudeausstattung und industriellem Anlagenbau. Iris Ortner leitet den internationalen Player, der schlüsselfertige Bauprojekte von Katar über Warschau bis Wien realisiert.
Teil 18 der Serie: »Frauen in der Bauwirtschaft
»Auch ohne Familienbetrieb wäre ich beruflich sicher im naturwissenschaftlich-technischen Bereich gelandet«, vermutet Iris Ortner. Die gebürtige Tirolerin ist mit Handwerk und Technik aufgewachsen, ihr Spielzeug waren Eisenbahnen und Matchboxautos. Das Technische sollte auch ihre Berufslaufbahn prägen. Nach dem Abschluss eines Maschinenbaustudiums an der ETH Zürich mit Fokus Energiesysteme und Betriebswirtschaftslehre stieg sie 1997 in den Familienbetrieb ein. »Damals hat mein Vater im Spaß gemeint, ich soll die Branche von der Pike auf kennenlernen und den Standort in Polen aufbauen«, erinnert sie sich und beschreibt sich in diesen Jahren als Vermittlerin zwischen Technik und Baustelle.
Die Übung gelang, Ortner baute die Niederlassung in Warschau auf, heute ist man in Polen mit der Firma TKT engineering Marktführer. 2001 verließ sie IGO Industries für eine MBA-Weiterbildung an der Wirtschaftshochschule INSEAD in Frankreich, gefolgt von einem kurzen Abstecher zu Siemens Management Consulting u. a. nach New York. 2003 kehrte Ortner, die heute überwiegend in Wien wohnt, sich aber als Tirolerin aus vollem Herzen versteht, in das Familienunternehmen zurück und hält seither die Geschäftsführung. Die Tätigkeit der Unternehmensgruppe begeistert sie. »Wir bieten vom Entwickeln über Planen bis zum Bauen den gesamten Wertschöpfungsprozess aus einer Hand und erfüllen Rohbauten mit Leben.«
Innovativ Denken und Handeln
Wichtig ist Ortner gelebte Diversität in jeder Form. Für sie bedeutet das Vielfalt bei Geschlecht, Alter und Ausbildungshintergrund. »In der Baubranche überwiegt die Prototypenerstellung, daher braucht es viel Erfahrung, was vor allem ältere Mitarbeiter*innen mitbringen. Jüngere würden hingegen besonders bei der Digitalisierung und der Umsetzung von Nachhaltigkeit unterstützen. Diversität sei auch im Marktauftritt gefordert. »Wir wollen als Einzelunternehmen beweglich und nahe am Kunden sein, treten daher unter Elin, Babak, Bacon, Ortner … auf und nutzen gleichzeitig die Vorteile einer großen Gruppe.« IGO Industries hält Anteile u. a. an Porr und UBM Development.
Viel Wert legt Ortner auf die Lehrlingsausbildung. Mit der IGO-Lehrlings-Academy wird nicht nur fachlich ausgebildet, auch persönliche und soziale Kompetenzen werden gefördert. Bei den Welcome Days bringt sich die IGO-Chefin auch selbst ein. Rund zehn Prozent der Mitarbeiter*innen der IGO-Gruppe sind laufend Lehrlinge. Wichtig sind Ortner auch regelmäßige Meetings an den einzelnen Standorten. »Persönlich mit jemandem an einem Tisch zu sitzen, ist unersetzbar.« Die wirklichen Emotionen und Sorgen würden erst beim Kaffee zwischendurch besprochen. Führung lebt von Hartnäckigkeit und menschlicher Verbindlichkeit. »Das ist das, was mir entgegenkommt. Man darf nicht nur mit einer Idee kommen, sie muss durchdacht und gut präsentiert sein.« Diese Stärke bringt Iris Ortner auch als Bei- und Aufsichtsrätin ein, u. a. bei Porr, UBM und ÖBAG, sowie als Vizepräsidentin der IV Wien.
Hartnäckigkeit braucht es auch bei ihren persönlichen Interessen, nämlich Klettern, Wandern und Skitourengehen in ihrer Tiroler Heimat. Schnell aufgeben ist hier ebenso fehl am Platz wie beim Thema Wettbewerbsfähigkeit und Diversität. In der Niederlassung in Warschau liegt der Frauenanteil in den technischen Büros bei über 50 Prozent, in Österreich erreiche man erst lediglich acht bis zehn Prozent.
In der nächsten Ausgabe: Renate Scheidenberger, Baukultur
Zum letzten Teil: Caroline Biribauer, Geschäftsführerin Biribauer Metallbau: Porträt: Ausbildung mit Weitblick
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