41 Prozent des Energiebedarfs für Raumwärme und Warmwasser werden noch durch fossile Energieträger gedeckt. Ein Tausch ist leichter als gedacht und es gibt mehr Möglichkeiten als angenommen.
Text: Karin Legat
Immer mehr Hausbesitzer*innen suchen aufgrund des steigenden Klimabewusstseins, der Nutzungsvorgaben für erneuerbare Energien, aber auch wegen der hohen Gas- und Ölpreise nach Alternativen für ihr Heizsystem. Die Auswahl dafür ist groß und reicht von Biomasse in allen Formen über Wärmepumpen, Solarthermie, Nah- und Fernwärme bis zur Passivhaustechnologie.
Es werden jedoch noch immer etwa 1,4 Millionen Haushalte mit fossilen Heizsystemen betrieben. Der größte Anteil befindet sich dabei in Wien, wo etwa 427.000 Haushalte Erdgas verwenden. »Gerade für die Großstädte ist eine Abkehr vom Gas schwierig, aber nicht unmöglich«, betont Manfred Denk, Bundesinnungsmeister Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechnik und sieht im Ausbau von grünem Gas die Lösung. Zahlreiche erfolgreiche Pilotprojekte für erneuerbare Wärmequellen gibt es aber bereits, so z. B. ein vierstöckiges Gründerzeithaus in der Zwölfergasse im 15. Wiener Gemeindebezirk. »Hier wurde auf zentrale Erdwärmeversorgung umgestellt«, berichtet Petra Schöfmann, Senior Expert im Bereich Energie bei UIV Urban Innovation Vienna, der Klima- und Innovationsagentur der Bundeshauptstadt.
In einem ersten Schritt wurde die Fassade mit 18 cm Wärmedämmung versehen und Fenster saniert. Mit einem Mini-Bohrgerät wurden anschließend im engen Innenhof vier Erdwärmesonden mit 100 bis 150 Meter Tiefe gesetzt, in weiterer Folge auf dem Gehsteig vor dem Gebäude zwei Bohrungen mit 220 Meter Tiefe geführt. Den notwendigen Strom liefert eine PV-Anlage am Dach, bei anderen Projekten eignet sich auch eine Mini-Windkraftanlage. »Es gibt sehr viele Projekte zu erneuerbarer Wärme. Das Projekt Zwölfergasse ist spannend, weil es das erste Projekt mit Erdwärmesonden im öffentlichen Raum ist«, betont Schöfmann und verweist auf die Initiative »100 Projekte Raus aus Gas«.
Vaillant nennt als Pilotprojekt in Innsbruck die Generalsanierung eines Wohnblocks in der Fennerstraße, 48 Wohneinheiten wurden thermisch aufgewertet. »Die Sanierung entwickelte sich zum Leuchtturmprojekt, Mini-Wärmepumpen werden als leistungsstarke Kompaktlösung für die Wohnungen eingesetzt«, berichtet Josef Kurzmann, Vertriebsleiter Projektgeschäft Vaillant Group Austria. Bei beiden Projekten hat sich gezeigt, dass eine thermische Sanierung der Gebäudehülle vor dem Tausch des Heizsystems unverzichtbar ist, da nur so die technisch erforderliche Heizenergiemenge reduziert werden kann.
»Wenn man Geld für den Tausch des Heizsystems in die Hand nimmt, muss auch die thermische Sanierung inkludiert sein«, betont Manfred Denk. Das Heizsystem sollte im Optimalfall einen Mix aus verschiedenen erneuerbaren Energien bilden, je nach Region und Gebäudegröße fällt er unterschiedlich aus. Dabei muss das Gesamtsystem des Gebäudes genau auf Eignung der einzelnen Systeme geprüft werden.
Bunte Vielfalt
Im Neubau gibt es für den Heizungstausch eine breite Palette an Möglichkeiten, im Einfamilienhaus ebenso wie im mehrgeschoßigen Wohnbau. Das reicht von Wärmepumpen über Pellets und Scheitholz bis zu Nah- und Fernwärmesystemen. »In einer Stadt sollte man nicht auf ein einziges System setzen«, betont Schöfmann. Für die Umstellung sieht Günter Simader, Leiter Klimaneutrale Gebäude/Energieeffizienz bei der AEA, den Wechsel zur Nah- und Fernwärme als problemlose Lösung, sofern die Trasse am Gebäude vorbeigeht oder ein neues Fernwärmenetz geplant und eine Zentralheizung im Gebäude vorhanden ist. Bei den anderen Möglichkeiten hänge es sehr von der Beschaffenheit des Gebäudes ab. »Denkbar ist ein Pelletssystem, das zwar Lagerräume erfordert, aber den Vorteil hat, dass auch bei Gebäuden in einem schlechten thermischen Zustand die Heizlasten gut gedeckt werden können.«
Energieverteilung
Wärmepumpen eignen sich für Neu- wie Altbau. Mit 88 Prozent am häufigsten eingesetzt sind Luft-Wasser-Wärmepumpen, da sie im Vergleich zu Wasser- und Sole-Wasser-Wärmepumpen geringere Investitionskosten erfordern. Erdbohrungen entfallen, Luft-Wärmepumpen können laut Verband Wärmepumpe Austria am Gebäudedach oder Eigenboden installiert werden. Am effizientesten ist rein technisch betrachtet die Sole-Wasser-Wärmepumpe, da es sich um eine relativ konstante Wärmequellentemperatur handelt und sie wenig Hilfsantriebe erfordert.
»Welches System für das Bauvorhaben am besten geeignet ist, muss nach den konkreten Bedürfnissen entschieden werden«, so Kurzmann. Gebäude und Abgabeflächen in den Wohnungen müssen allerdings gut zusammenpassen, damit die Räumlichkeiten ausreichend erwärmt werden und es zu keinen unliebsamen Überraschungen bei den Abrechnungen kommt. Wenn der effiziente Betrieb nicht sichergestellt werden kann, werde es teuer. Wärmepumpen werden in der Regel als monovalentes System betrieben.
Laut Richard Freimüller, Präsident des Verbands Wärmepumpe Austria, gibt es Pumpen von 5 KW bis 100 Megawatt. Bosch bietet etwa Lösungen von 4 KW einzeln bis zu 300 KW in Kaskade bei Luft- und Sole-Wärmepumpen. Pelletsheizungen werden als bivalentes System mit Unterstützung durch thermische Solaranlagen betrieben. Für die Solarthermie fordert Denk ein gesteigertes Bewusstsein. »Die thermische Solarenergie ist derzeit komplett im Keller, ihre Bedeutung noch nicht erkannt.« In sogenannten Sonnenhäusern ist sie allerdings die wichtigste oder sogar einzige Heizquelle im Haus.
Tausch anregen
Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz hat ursprünglich den Tausch von Gas- und Ölheizungen bis 2040 vorgesehen. Statt des Verbots wird jetzt auf hohe Förderungen gesetzt. Wer seine alte Heizung tauscht, bekommt im Durchschnitt drei Viertel ersetzt, informiert das Klimaschutzministerium. Auch die Förderhöhe des Bundes für die thermische Sanierung der Gebäude soll verdreifacht werden. Die Umsatzsteuer auf PV-Anlagen wird für zwei Jahre ausgesetzt – für Solarthermie gilt das allerdings nicht.