Die österreichische Zement- und Betonbranche und der Österreichische Baumeisterverband kritisieren den vorgestellten 3-Punkte-Plan zur Stärkung des Holzbaus in Österreich. Die grundlegende Voraussetzung für ein nachhaltiges Bauen der Zukunft müsse die Gleichbehandlung aller Baustoffe und die volle Nutzung ihrer Potenziale sein. „Partialinteressen der Forstwirtschaft und ideologische Scheuklappen müssen beiseite gelassen werden“, so der Obmann des Baumeisterverbands Robert Jägersberger.
„Aufgrund seiner Langlebigkeit und Kreislauffähigkeit bleibt der Baustoff Beton ein unverzichtbares Fundament dieser Transformation. Die Bemühungen unserer Branche in Sachen CO2- und Materialreduktion sowie Recycling tragen aktiv dazu bei, in Zukunft nachhaltiger zu bauen“, sagt Anton Glasmaier, Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich und Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB). Und der Baumeisterverband fordert, bei der Baustoffwahl sowohl technische als auch ökonomische und ökologische Parameter zu berücksichtigen. Alle relevanten Kriterien müssten für jedes Bauprojekt im Einzelfall gewichtet und bewertet werden. „Denn eines ist sicher: den „einen“ richtigen Baustoff für alle Bauprojekte gibt es nicht“, so Obmann Robert Jägersberger. Die Entscheidung sei immer abhängig von der Art sowie den Funktionsanforderungen des Bauprojekts, welche natürlich auch die ökologischen Rahmenbedingungen unter Betrachtung des gesamten Lebenszyklus miteinschließen müssen.
Holzentnahme verursacht gewaltige CO2-Emissionen
Die österreichischen Zement- und Betonhersteller fordern, bei der Ökobilanzierung der einzelnen Baustoffe den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken zu berücksichtigen. Ein Vergleich der Treibhausgaspotenziale der Baustoffe zeige, dass die Unterschiede wesentlich kleiner sind, als immer wieder kommuniziert. In Bezug auf den Baustoff Holz müssten wiederum die Auswirkungen einer zunehmenden Holzentnahme in den Ökobilanzdaten dringend Eingang finden. Dies bestätigen auch internationale Daten. So kommt eine heuer publizierte und umfassend angelegte Studie des World Ressources Institute zum Schluss, dass selbst ohne einen künftigen Anstieg der Holznachfrage die forstwirtschaftlich bedingten Emissionen weltweit etwa 3,2 Milliarden Tonnen CO2-equi pro Jahr betragen. „Diese Emissionen übersteigen die Einsparungen, die durch den Ersatz anderer Baustoffe durch Holz entstehen, sogar um das Dreifache“, so Glasmaier. Gleichzeitig ist die globale Abholzung laut dem Forest Pathways Report 2023 allein im letzten Jahr um vier Prozent gestiegen und lag 21 Prozent über dem Wert, der erforderlich wäre, um die Entwaldung bis 2030 zu beenden. Bei der Klimakonferenz COP26 in Glasgow haben sich 105 Länder dies zum Ziel gesetzt.
Eine einseitige politische Forcierung eines bestimmten Baustoffs ist im Hinblick auf die notwendige Berücksichtigung aller Kriterien laut Jägersberger unsinnig und kontraproduktiv. Der österreichische Baumeisterverband (ÖBV) sieht daher den von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und Klimaministerin Leonore Gewessler angekündigten Plan zur Forcierung des Einsatzes von Holz im großvolumigen Wohnbau sowie in öffentlichen Bauten und in der Infrastruktur kritisch.
Partialinteressen und Scheuklappen beiseite lassen.
„Ich appelliere an die politisch Verantwortlichen, Partialinteressen der Forstwirtschaft und ideologische Scheuklappen beiseite zu lassen, sondern bei der Wahl der richtigen Baustoffe eine unvoreingenommene Entscheidung nach sachlichen Kriterien zu ermöglichen“, so ÖBV-Obmann Robert Jägersberger. „Wir Baumeister sind aufgrund unserer Ausbildung und Praxiserfahrung befähigt, mit allen Baustoffen zu bauen. Bei der Wahl der Baustoffe halten wir uns ausschließlich an objektive Maßstäbe und plädieren daher für einen baustoffneutralen Zugang.“
Aufgrund der von Partialinteressen und ideologischen Motiven geprägten Debatte wird der österreichische Baumeisterverband in Kürze einen Baustoff-Ratgeber veröffentlichen. Dieser fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus Theorie und Praxis als Entscheidungsgrundlage unter Betrachtung aller technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte zusammen.
„Ich hoffe, dass damit ein Beitrag zur Objektivierung der politischen Debatte geleistet wird und wir allen privaten und öffentlichen Bauherrn eine Hilfestellung für eine faktenbasierte Baustoff-Wahl bieten“, so Jägersberger abschließend.