Wenn Eigentümer*innen Geld in ihre Immobilie stecken, um ein Objekt zukunftsfit zu machen und damit die Energiekosten für den oder die Nutzer*in gesenkt werden, liegt die Überlegung nahe, die Kosten auf die Nutzer*innen umzuwälzen. Der Oberste Gerichtshof sieht das anders. Der Bau & Immobilien Report zeigt, welche Auswirkungen das hat und warum es wichtig ist, ob es um eine oder mehrere wirtschaftliche Einheiten geht. Von Wilfried Seist & Antonia Temmel, DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte.
Zahlreiche Projektentwickler und Immobilieneigentümer wollen die Wärme- bzw. Kälteversorgung ihrer Projekte bzw. Objekte auf eine ökologisch vernünftige Basis stellen und statt auf Gas auf erneuerbare Energiequellen setzen. Wichtig dabei ist natürlich, dass die dafür aufgewendeten Kosten letztlich auf die Nutzer überwälzt werden können. Neben den Kosten des laufenden Betriebes sind dies vor allem auch die Anschaffungs- bzw. Errichtungskosten der Anlagen. Diese sind etwa bei den beliebten Erdwärmepumpen oder Luft-/Wärmepumpen erheblich.
Durch die Entscheidung des OGH vom 21.04.2022, 5 Ob 5/22d wurde die Möglichkeit der Umlegung dieser Anschaffungs- bzw. Errichtungskosten im Anwendungsbereich des HeizKG teilweise verunmöglicht. Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind daher bei der Ausrüstung sowie Umrüstung zentraler Wärme- bzw. Kälteversorgungsanlagen entsprechend zu berücksichtigen.
Anwendungsbereich HeizKG
- Eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage
- Vorrichtung zur Ermittlung der Verbrauchsanteile
- Versorgung von mindestens vier Nutzungsobjekten
Vorrang HeizKG
Kernpunkt des Heiz- und Kältekostenabrechnungsgesetzes (HeizKG) ist die Aufteilung und die verbrauchsabhängige Abrechnung des Heiz- und Warmwasserverbrauchs bei zentral beheizten Mehrparteienhäusern. Ob das HeizKG, dem gegenüber anderen bundesgesetzlichen oder vertraglichen Regelungen über die Verteilung und Abrechnung der Wärmekosten der Vorrang zukommt, zur Anwendung gelangt, hängt primär von der technischen Ausgestaltung des Gebäudes ab. Wird ein Nutzungsobjekt durch einen Einzelvertrag mit einem Wärmeanbieter individuell beliefert oder erfolgt der Wärmebezug auf Basis von Einkäufen des Nutzers selbst, kommt das HeizKG nicht zur Anwendung.
Nutzungsobjekte sind Miet- und Wohnungseigentumsobjekte, sonstige selbständige Räumlichkeiten sowie jene Nutzungsgegenstände, welche der allgemeinen Benützung dienen. Werden hingegen in einem Gebäude oder einer wirtschaftlichen Einheit zumindest vier Nutzungsobjekte durch eine gemeinsame Versorgungsanlage mit Wärme, Warmwasser oder Kälte versorgt und sind diese mit Vorrichtungen zur Ermittlung der Verbrauchsanteile ausgestattet bzw. müssen diese nach den Bestimmungen des HeizKG, nach anderen Rechtsvorschriften oder aufgrund vertraglicher Verpflichtungen ausgestattet werden, ist für die Vornahme der Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten das HeizKG heranzuziehen (§ 3 Abs 1 HeizkG).
Grundsätzlich können die Energiekosten i. S. d. § 2 Z 8 HeizKG sowie die sonstigen Kosten des Betriebs i. S. d. § 2 Z 10 HeizKG verrechnet werden. Unter Energiekosten fallen die Kosten der Energieträger, die zur Umwandlung in Wärme oder Kälte bestimmt sind, wie z. B. Kohle, Öl, Gas, Strom und dergleichen sowie die Kosten der sonst für den Betrieb der gemeinsamen Versorgungsanlage erforderlichen Energieträger. Sonstige Kosten des Betriebs stellen alle übrigen Kosten des Betriebs dar, wie die Kosten für die Betreuung und Wartung einschließlich des Ersatzes von Verschleißteilen – insbesondere von Vorrichtungen zur Erfassung (Messung) der Verbrauchsanteile – und die angemessenen Kosten der Abrechnung. Der Aufwand für Erhaltung oder Verbesserung der Wärmeversorgungsanlage kann hingegen nach dieser Gesetzesbestimmung nicht verrechnet werden.
Sonderstellung § 4 Abs 2 HeizKG
Von dieser Grundregel weicht § 3 Abs 2 Z 1 HeizKG insoweit ab, als im Fall der Wärmeversorgung nach § 4 Abs 2 HeizKG die Heiz- und Warmwasserkosten abweichend von den sonst zwingenden Bestimmungen des HeizKG nach den vertraglich in den Wärmelieferungsverträgen vereinbarten oder behördlich festgesetzten Preisen abzurechnen sind. In diese Preise fließen die Kosten für die Anschaffung bzw. Errichtung der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage ein und können so auf die Abnehmer umgelegt werden.
Die Bestimmung des § 4 Abs 2 HeizKG nimmt eine Sonderstellung im System des HeizKG ein, weil dadurch (entgegen dem vorrangigen Regelungsgegenstand des Gesetzes) nicht (nur) die Aufteilung oder Abrechnung der Versorgungskosten, sondern auch die Art und Weise der Preisbildung und damit eine Privilegierung der Aufteilung und Abrechnung von Versorgungskosten bei Bezug von Fernwärme (im weiteren Sinn) vorgesehen wird (vgl. Würth in Rummel ABGB³ § 4 HeizKG Rz 2). Im Anwendungsbereich des § 4 Abs 2 HeizKG richten sich zudem die Erhaltungspflichten betreffend die Wärmeversorgungsanlage nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Wärmelieferungsverträgen.
Entgegen dem an sich eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs 2 Z 2 HeizKG schränkt der OGH deren Anwendungsbereich in der Entscheidung vom 21.04.2022, 5 Ob 5/22d erheblich ein. Erfasst wird nach der Rechtsprechung des OGH demnach lediglich der Fall, in dem ein gewerbsmäßiger Wärmeerzeuger mit Zustimmung der Wärmeabnehmer im Gebäude (in der wirtschaftlichen Einheit) Wärme erzeugt, die nicht nur dieses Gebäude (diese wirtschaftliche Einheit), sondern auch andere Gebäude (wirtschaftliche Einheiten) mit Wärme versorgt; es wird sohin auf eine fernwärmeähnliche Versorgung abgestellt. Nicht privilegiert ist daher nach Ansicht des OGH ein gewerbsmäßiger Versorger, der mit einer zentralen Wärmeversorgungsanlage ausschließlich ein Gebäude versorgt.
Bei einer wirtschaftlichen Einheit i. S. d. HeizKG handelt es sich nach der Legaldefinition des § 2 Z 7 HeizKG um eine »Mehrzahl von Nutzungsobjekten in einem oder mehreren Gebäuden oder Gebäudeteilen mit einer gemeinsamen Wärme- oder Kälteversorgung und -abrechnung, unabhängig davon, ob die Gebäude oder Gebäudeteile auf einer Liegenschaft oder auf mehreren Liegenschaften errichtet sind.« Wirtschaftliche Einheiten i. S. d. HeizKG werden nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich nach den technischen Möglichkeiten der Zuordnung des Energieverbrauchs gebildet. Auf die Willensentscheidung kommt es nicht an. Wenn es für mehrere an eine Versorgungsanlage angeschlossene Gebäude jeweils eigene geeichte Zähler gibt, bilden diese getrennte wirtschaftliche Einheiten.
Es ist daher insbesondere bei der Versorgung bloß eines Gebäudes wesentlich zu prüfen, ob zumindest zwei wirtschaftliche Einheiten dargestellt werden können. Dies sollte etwa dann, wenn ein Gebäude teils für Wohnzwecke und teils für gewerbliche Zwecke verwendet wird, gegeben sein.
Über die Kanzlei: DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH
Wilfried Seist, Partner und Rechtsanwalt, sowie Antonia Temmel, Rechtsanwältin bei DSC Doralt Seist Csoklich. (Bild: DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH/ Stefan Gergely, Armin Muratovic)
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