Auftragnehmer (AN) haften gegenüber dem Auftraggeber (AG) für von ihnen verursachte Schäden und umgekehrt. Doch wie sieht es mit dem Verhalten anderer AN und Subunternehmer sowie bei Produktfehlern von Produzenten aus? Teil 2 der Serie »Haftung am Bau«
Im (deliktischen) Schadenersatzrecht gilt grundsätzlich, dass nur dann für das Verhalten eines Gehilfen wie für sein eigenes einzustehen ist, wenn es sich um eine habituell (also gewohnheitsmäßig) untüchtige oder wissentlich gefährliche Person handelt (§ 1315 ABGB).
Handelt es sich aber um einen Anspruch aus einem Vertrag, hat der ersatzpflichtige Vertragspartner für das Verhalten aller Gehilfen, derer er sich zur Vertragserfüllung bedient, wie für sein eigenes einzustehen (§ 1313a ABGB). Er hat sich also das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen zurechnen zu lassen. Die Erfüllungsgehilfenhaftung trifft im Werkvertragsrecht sowohl den AN als auch den AG gleichermaßen.
Tipp: Den ersten Teil der neuen Rechts-Serie finden Sie hier: Solidarhaftung - Wenn Mehrere in der Pflicht stehen
Haftung für andere AN und Subunternehmer
Für die Zurechnung des Erfüllungsgehilfen kommt es wesentlich darauf an, ob die den jeweiligen Vertragspartner treffenden vertraglichen (Haupt- und Neben-)Pflichten durch oder mit Hilfe eines Dritten erfüllt werden sollen. Die Haftung ist jedoch auf das schuldhafte Verhalten des Erfüllungsgehilfen beschränkt, welches innerhalb der Wahrnehmung der übernommenen vertraglichen Pflichten liegt.
Den AG trifft im Bauvertrag, neben der Hauptpflicht zur Entrichtung des Werklohns, die Nebenpflicht zur technischen und zeitlichen Koordinierung der von ihm eingesetzten AN und Lieferanten. Zur Erfüllung dieser vertraglichen Pflicht bedient sich der AG in der Praxis regelmäßig Dritter (insbesondere Architekten, Ziviltechniker oder technische Büros). Der AG hat sich deren Verschulden als Erfüllungsgehilfen daher zurechnen zu lassen, sofern dadurch die ihn treffende Pflicht zur Koordinierung verletzt wird.
Den AN trifft im Bauvertrag die Hauptpflicht zur Errichtung des Werkes. In der Praxis beauftragen AN ihrerseits regelmäßig Subunternehmer. Dabei ist es charakteristisch, dass dem Subunternehmer die Werkherstellung ganz oder teilweise delegiert wird. Der AN bedient sich daher in der Erfüllung seiner Hauptpflicht eines Erfüllungsgehilfen; letztlich wird die Hauptpflicht zumindest teilweise vom Subunternehmer erbracht. Der AN hat sich das Verschulden seiner Subunternehmer als Erfüllungsgehilfen daher zurechnen zu lassen. Wesentlich ist aber auch hier, dass das schuldhafte Verhalten im Zusammenhang mit Verpflichtungen stehen muss, die der AN vertraglich zu erfüllen hat.
Haftung für Produktfehler des Produzenten
Die Frage, ob der AN auch für Fehler von Produkten einzustehen hat, die er nicht selbst erzeugt hat, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Im Allgemeinen gilt aber, dass der AN nur dann für Produkte von Lieferanten einzustehen hat, wenn er die gelieferten Teile nicht ausreichend kontrolliert oder den Zulieferer nicht sorgfältig ausgewählt hat. Dies betrifft insbesondere Standardprodukte am Markt. Sofern der AN den Produzenten jedoch in die werkvertragliche Erfüllungshandlung unmittelbar einbindet, ist er nach der Rechtsprechung als Erfüllungsgehilfe des AN zu betrachten. Die ist etwa dann gegeben, wenn der Hersteller die Anwendung vor Ort erklärt und die Ausführung überwacht.
Fazit
AG und AN haften für das Verhalten ihrer Gehilfen, derer sie sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten bedienen. Dies gilt für den AG vor allem für Konsulenten, die den AG treffende Koordinierungspflichten wahrnehmen und für den AN vor allem für die von ihm eingesetzten Subunternehmer.
Für Fehler von nicht selbst erzeugten Produkten haftet der AN nur dann nach der Erfüllungsgehilfenhaftung, wenn er den Produzenten in die Werkherstellung unmittelbar einbindet. Die Haftung für Erfüllungsgehilfen ist aber ausschließlich auf die Verletzung von Vertragspflichten beschränkt, die den jeweiligen Vertragspartner treffen.
Die Autor*innen
Katharina Müller ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte mit den Beratungsschwerpunkten Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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Mathias Ilg ist Juniorpartner bei Müller Partner Rechtsanwälte und spezialisiert auf Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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(Titelbild: iStock)