Die öffentliche Hand stemmt sich mit aller Macht gegen ein Ende des Baubooms. Diese Vermutung legt ein Blick auf das Investitionsverhalten der Bundesländer nahe. Wie eine aktuelle Report-Umfrage zeigt, wird 2023 deutlich mehr in den Neubau und Erhalt der baulichen Infrastruktur investiert als in der Zeit vor Corona. Auch gegenüber 2022 gibt es teils deutliche Zuwächse weit über der Inflationsmarke.
Die Coronakrise hat ein riesengroßes Loch in die Geldbeutel der öffentlich Hand gerissen. Neben milliardenschweren Hilfspaketen sind auch die Steuereinnahmen drastisch eingebrochen. Entsprechend groß war die Sorge, dass die öffentliche Hand die Kassen schließt und etwa die Bundesländer ihre Investitionen in Neubau und Sanierung der baulichen Infrastruktur zurückfahren könnten.
Aber eine Umfrage des Bau & Immobilien Report hat gezeigt, dass nach einer kurzen Schockstarre schon 2021 die Investitionen kräftig gestiegen sind. In ähnlicher Tonart ging es auch 2022 weiter, wenn auch die Sorgenfalten im Laufe des Jahres immer tiefer wurden. Grund genug für den Bau & Immobilien Report, auch heuer wieder eine Umfrage zum Investitionsverhalten der Länder zu starten.
Dabei zeigt sich, dass die Länder bzw. einzelne Abteilungen der Länder auch 2023 kräftig investieren werden. Nicht nur gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 wird heuer deutlich mehr investiert, auch gegenüber dem Boomjahr 2022 gibt es fast überall Zuwächse. Im Burgenland werden heuer 194 Millionen Euro investiert, nach 159 im letzten Jahr. Die Kärntner Landesimmobilien investieren 18 statt elf Millionen Euro, in die oberösterreichische Landesstraßeninfrastruktur fließen 139 statt 98 Millionen Euro und Wiener Wohnen investiert heuer 141 Millionen Euro nach 115 Millionen im letzten Jahr.
Gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 wird heuer in allen Bundesländern bzw. berichtenden Abteilungen deutlich mehr investiert. Auch gegenüber dem Vorjahr gibt es beinahe überall Zuwächse.
In Tirol steigen die Investitionen sogar von 37 auf 109 Millionen Euro. Dieser eklatante Sprung ist einem Konjunkturpaket geschuldet, das zu Beginn der Coronakrise geschnürt wurde und weiterhin abgearbeitet wird. Dabei kommen zum Jahresbudget von rund 57 Millionen Euro für Neubau und Instandhaltungen Rücklagen aus dem Vorjahr in der Höhe von rund 53 Millionen Euro hinzu.
Schwierige Rahmenbedingungen
Die aktuellen Entwicklungen haben vor allem bei vielen privaten Bauherren dazu geführt, Projekte zu verschieben oder ganz abzublasen. Das ist in den Landesregierungen kein Thema. An Baustopps wird aktuell in keiner der befragten Abteilungen gedacht. Lediglich kleinere Verschiebungen seien möglich. Zu den größten Herausforderungen und Stolpersteinen zählen vor allem die Kostenentwicklung der letzten Monate und der volatile Baupreisindex, der die Planbarkeit von Projektkosten erschwert.
Dazu kommt der immer stärker spürbare Fachkräftemangel. »Daraus resultieren durch die Überlastungen von Firmen einerseits überschaubare Angebotsergebnisse als auch ein spürbarer Qualitätsverlust«, heißt es etwa seitens der Tiroler Landesregierung. Auch in Kärnten berichtet man von fehlenden Angeboten bei gewissen Gewerken. Dabei werden laut Kärntner Landesregierung bei notwendigen Projekten auch höhere Baupreise in Kauf genommen, speziell bei Maßnahmen im Bereich erneuerbarer Energie.
Wünsche an die Bundesregierung
An die Bundesregierung werden seitens der Länder sehr unterschiedliche Wünsche gerichtet. In Niederösterreich wünscht man sich, der Bund würde sich auf EU-Ebene für eine Valorisierung der EU-Schwellenwerte einsetzen. Tirol hofft auf Maßnahmen zur Attraktivierung der Lehre für den Kampf gegen den Fachkräftemangel und Kärnten wünscht sich eine Harmonisierung und Klarstellung von steuerrechtlichen Rahmenbedingung hinsichtlich erneuerbarer Energie und eine Vereinfachung der Förderstrukturen bzw. Abwicklungsmechanismen.
Zählt man alle Angaben der Bundesländern bzw. der berichtenden Abteilungen zusammen, zeigt sich ein enormer Anstieg der Investitionen von über 70 Prozent seit 2019.
In Oberösterreich und Vorarlberg spricht man sich für zusätzliche Mittel zur Sicherstellung der Erhaltung des Landesstraßennetzes aus, etwa durch eine Zweckwidmung der Einnahmen aus der Mineralölsteuer, sowie für eine gerechte Aufteilung auf die Straßenerhalter im Zuge des Finanzausgleichs.
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