Trotz Krisenjahr haben die österreichischen GBVs vergangenes Jahr fleißig gebaut: 2022 wurden 16.700 neue Wohnungen errichtet. Allerdings zeichne sich bereits ein Ende ab: Ab 2024 werde aufgrund gestiegener Grundstückpreise, Baukosten und kreditzinsen deutlich weniger gebaut, so GBV-Obmann Klaus Baringer.
Titelbild: GBV-Verbandsobann Klaus Baringer (li.) mit seinem Stellvertreter Herwig Pernsteiner bei der Präsentation der aktuellen Baubilanz. (Credit: Chris Lendl)
2022 stellten die 182 österreichischen gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) rund 16.700 Wohnungen fertig. „Damit haben die GBVs 6 Prozent mehr fertiggestellt als im Vorjahr und 4 Prozent mehr als im 10-Jahresdurchschnitt“, zeigt sich Klaus Baringer, Verbandsobmann der GBVs, erfreut. Mit einem Investitionsvolumen von rund 5 Milliarden Euro seien die GBVs auch in Krisenzeiten ein wichtiger Konjunkturmotor, erklärt Baringer.
Bundesländer: Übergreifende Trends
Die Region Ostösterreich ist für rund 60 Prozent der Gesamtbauleistung der GBVs verantwortlich und stellt als eine der größten Wohnungsmarktregionen den quantitativen Treiber: Von den Wiener GBVs wurden letztes Jahr 4.500 Wohneinheiten errichtet (2021: 4.200). In Niederösterreich konnten die GBVs ebenfalls rund 4.500 Einheiten fertigstellen (2021: 4.230), im Burgenland waren es 1.080 Einheiten (2021: 1.030).
Die Kärntner GBVs übergaben 2022 rund 380 Wohnungen (2021: 330); jene in der Steiermark 1.330 (2021: 1.380). In Oberösterreich wurden im Vorjahr mit 2.770 Einheiten überdurchschnittlich viele Wohnungen errichtet (2021: 2280), und die Salzburger Bauvereinigungen verzeichneten mit rund 890 vergleichweise viele Fertigstellungen (2021: 590). In Tirol waren es heuer weniger - 1.050 Fertigstellungen im Vergleich zum Vorjahr mit 1.300. Die GBVs mit Sitz in Vorarlberg stellten rund 300 Wohneinheiten fertig (2021: 360).
Für alle Bundesländer zeichnet sich jedoch ein einheitlicher Trend ab: 2023 wird die Bauleistung voraussichtlich gleichbleiben. Ab 2024 aber scheint die Baukonjunktur deutlich zurückzugehen. „Die Zahl der in Bau befindlichen GBV-Wohnungen beläuft sich mit Anfang 2023 auf 29.200. Dieser Wert liegt 8 Prozent unter dem 10-jährigen Durchschnitt von 31.700. Noch deutlicher sind die Baubewilligungen zurückgegangen, die mit 12.700 um 24 Prozent unter dem 10-Jahresschnitt von 16.800 liegen“, analysiert Herwig Pernsteiner, Verbandsobmann-Stellvertreter.
(Quelle: GBV, Schnellerhebung 2022/23)
Eine genaue Prognose der weiteren Entwicklung sei aufgrund der multiplen Krisen schwierig. „Die Gründe für den Rückgang an Baubewilligungen sind vielfältig. Das beginnt bei den viel zu hohen Grundstückskosten in vielen Ballungsräumen. Aber auch die enorm gestiegenen Baupreise und die höheren Kreditzinsen machen sich bemerkbar“, hält Klaus Baringer fest. Die Baukosten hätten sich auf einem hohen Niveau stabiliert; zusätzlich zu den Materialkosten addieren sich jetzt die neusten Lohnkostensteigerungen - aber auch die erhöhten Gewinne der Baufirmen, erklärt Herwig Pernsteiner. Stärker als die Baukosten seien nämlich die Baupreise gestiegen.
Auf Sanierung folgt der Heizungstausch
In puncto Sanierung stehen die GBVs im Vergleich mit anderen Immobiliensektoren weit vorne. So hat man in den letzten Jahren im Schnitt 7.300 Wohnungen thermisch saniert. „Das hat dazu geführt, dass 96 Prozent des GBV-Bestands, der in den Jahren bis 1980 errichtet wurde, also jenem Zeitraum, der in puncto Gebäudethermik am kritischsten ist, bereits saniert sind“, streicht Baringer hervor. Aktuell kommen die Bestände der späten 1980er sowie der 1990er Jahre in die Sanierungsphase. Da Gebäude dieser Periode meist eine vergleichweise gute Energieeffizienz vorweisen können, dürfte in manchen Fällen auch nur eine Dekarbonisierung der Heizungssysteme erfolgen.
(Quelle: GBV, Schnellerhebung 2022/23)
Nach demSanierungshöhepunkt 2021 verlagerten die GBVs ihren Schwerpunkt von der Sanierungstätigkeit in Richtung der Heizungsumstellungen. 2022 lag die Zahl der thermisch sanierten Wohnungen bei rund 4.900 Wohnungen, es wurden 4.200 Wohnungen auf klimafreundliche Heizsysteme umgestellt – das entspricht einer Steigerung um 78 Prozent.
Gegensteuern durch Wohnbauförderung
„Wenn GBVs verkünden müssen, dass sie aktuell nicht mehr bauen können, muss das ein Warnsignal für die Branche und die Politik sein. Der starke Rückgang der Baubewilligungen zeigt den Ernst der Lage“, warnt Obmann Baringer. „Vor allem bei der Wohnbauförderung herrscht aus meiner Sicht Handlungsbedarf.“ Dort kam es in den letzten Jahren vermehrt zu finanziellen Einbußen. Aufgrund der günstigen Kapitalmarktzinsen habe die öffentliche Hand bei der Wohnbauförderung gespart.
„Die Kostensteigerungen waren rasant, und es zeichnet sich noch kein Rückgang ab, sondern eine Stabilisierung auf einem sehr hohem Niveau“, schätzt GBV-Verbandsobann Klaus Baringer. Er spricht sich daher für eine Erhöhung der Wohnbauförderung aus. (Bild: Chris Lendl)
„Während vor 25 Jahren rund 2,3 Milliarden Euro (rund 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) für Wohnbauförderung eingesetzt wurden, belaufen sich die Wohnbauförderungsmittel zuletzt nur noch auf 1,8 Milliarden (rund 0,4 Prozent des BIP)“, skizziert Baringer. „Ich denke, nunmehr ist es wieder erforderlich, diese Mittel aufzustocken. Nur so kann man langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen in Österreich gewährleisten“, meint er abschließend.