Eine Beschwerde der Porr beim Landesverwaltungsgericht Steiermark, dass unkontaminierter Bodenaushub keinen Abfall darstelle, wurde dem europäischen Gerichtshof vorgelegt. Gemeinsam mit Hohenberg Rechtsanwälte beleuchtet der Bau & Immobilien Report die Hintergründe und Auswirkungen des EuGH-Spruchs auf die Praxis.
Im vollständigen Artikel (Link zum PDF) werden die wesentlichen Aussagen des EuGH in der Rechtssache Porr dargestellt und die Auswirkungen gezeigt, die diese Aussagen auf die Behördenpraxis bzw. die Rechtsprechung des VwGH haben könnten.
Vor einigen Jahren wandten sich mehrere Landwirte an die Porr, um Aushubmaterial für eine Bodenrekultivierung bzw. Verbesserung der landwirtschaftlichen Ertragsflächen zu erhalten. Die Porr wählte ein geeignetes Bauvorhaben aus, entnahm dort das Aushubmaterial und lieferte das gewünschte Material, nämlich unkontaminiertes Aushubmaterial der Qualitätsklasse A1. Der Einsatz derartigen Materials für Geländeanpassungen ist rechtlich grundsätzlich zulässig.
In Folge beantragte die Porr bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung die Feststellung, dass das von ihr gelieferte Aushubmaterial keinen Abfall darstelle, und dass die geplanten Arbeiten keine Tätigkeit darstellten, die einer Altlastenbeitragspflicht unterläge. Allerdings stellte die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit Bescheid vom 14.09.2020 fest, dass es sich bei dem fraglichen Material sehr wohl um Abfall im Sinne von § 2 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 handele, bei dem das Abfallende nicht eingetreten sei, nämlich vor allem, weil bestimmte Formalkriterien nach dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan nicht eingehalten worden seien.
Gegen diesen Bescheid erhob die Porr Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Steiermark. Dieses legte dem EuGH im Vorabentscheidungsverfahren die Frage vor, ob das fragliche Aushubmaterial als »Abfall« im Sinne der Richtlinie 2008/98 einzustufen sei und wies außerdem darauf hin, dass es prüfen müsse, ob das Ende der Abfalleigenschaft eingetreten sei.
Die zentralen Fragen und Ergebnisse
Im Urteil in der Rechtssache »Porr« hat sich der Europäische Gerichtshof mit zwei zentralen Problembereichen der Verwertung von Bodenaushub auseinandergesetzt.
Bodenaushub als Nebenprodukt (im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Richtlinie 2008/98/EG)?
Abfallende von Bodenaushub (gemäß Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2008/98/EG)?
Die gängige Lehre und auch der Verwaltungsgerichtshof waren bislang der Ansicht, das Abfallende für Bodenaushub könne erst durch die unmittelbare Verwendung zur Substitution eines ansonsten zu verwendenden Rohstoffes eintreten. Eine Vorbereitung zur Wiederverwendung reiche nicht aus. Auch als Nebenprodukt komme Bodenaushub nicht in Betracht. Damit schiebt der VwGH mit seiner Rechtsprechung der Verwertung von qualitativ hochwertigem Bodenaushub zum Beispiel zur Agrarstrukturverbesserung oder Geländeregulierung einen Riegel vor.
Die Folgen des EuGH-Urteils
In der Frage, ob Bodenaushub ein Nebenprodukt ist, stellt sich der EuGH gegen die vorherrschende Ansicht. Demnach ist auch Bodenaushubmaterial einem Verwertungsverfahren zur »Vorbereitung der Wiederverwendung« zugänglich. Auch die bloße Sichtung von Bodenaushubmaterial kann bereits ein solches Verwertungsverfahren zur Vorbereitung der Wiederverwendung darstellen, wenn über die Sichtung hinaus die weitere Wiederverwendung keine weitere Vorbehandlung erfordert.
Bei der Frage des Abfallendes entschied der EuGH, dass bereits die bloße Sichtung von Material ein Verfahren zur Vorbereitung zur Wiederverwendung und damit ein Verwertungsverfahren sein kann. Bloße Formalkriterien ohne Umweltrelevanz können dem Abfallende nicht entgegenstehen.
Im vollständigen Artikel (Link zum PDF) werden die wesentlichen Aussagen des EuGH in der Rechtssache Porr dargestellt und die Auswirkungen gezeigt, die diese Aussagen auf die Behördenpraxis bzw. die Rechtsprechung des VwGH haben könnten.
Über die Kanzlei
Hohenberg Rechtsanwälte stehen für Beratungsleistungen in den Bereichen des öffentlichen und zivilen Rechts. Das öffentliche Bau-, Raumordnungs-, Anlagen- und Umweltrecht, das Vergabe- und Beihilfenrecht sind gleichermaßen bevorzugte Rechtsgebiete wie u. a. das Immobilien- und Bauträgervertragsrecht.
Info: www.hohenberg.at
(Titelbild: iStock)