Sonntag, Dezember 22, 2024

Belastbarkeit, Flexibilität und Langlebigkeit zeichnen Beton, den Baustoff des 21. Jahrhunderts, aus. Seine ständige Weiterentwicklung und die Verbesserung der Betonrezepturen müssen aber laufend geprüft werden – gefordert sind Prüfanstalten.

»Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« So beschreibt Paul Kubeczko, Geschäftsführer beim VÖB, die Einbindung von Prüfanstalten bei der Arbeit mit Beton. Eine externe Prüfstelle weise die geforderte Qualität nach, sie ist wichtig bei Streitfällen, bei Schadensfeststellungen und Begutachtungen, natürlich auch bei der Weiterentwicklung von Baustoffen und Beton.

»Die Betonnorm ÖNORM B 4710-1 ist sehr umfangreich, sie ist selbst für Betonexperten nicht leicht lesbar«, stellt Hans-Jürgen Zeiler, verantwortlich für das Qualitätsmanagement bei Wopfinger Transportbeton, fest. Auch hier sind akkreditierte Prüfanstalten gefragt. Zum Einsatz kommen sie weiters als Fremdüberwacher der Betonwerke, wo die Kontrolle zweimal jährlich ohne Vorankündigung erfolgt. »Überwacht wird die korrekte Produktion und die korrekte Eigenüberwachung«, informiert Zeiler.

Branchenkollege Richard Dietze von Sika hebt die Prüfung der einzuhaltenden Normen hervor. Die Kontrollen erfolgen unabhängig von der Größe des Unternehmens, der Mitarbeiteranzahl und der produzierten Betonmasse. Ebenfalls unangekündigt finden Identitätsprüfungen statt, d. h. Stichprobenprüfungen auf der Baustelle. Entnommen werden dazu Proben des angelieferten Betons, Festbetonprüfungen werden an gefertigten Probekörpern im Labor durchgeführt. »Diese Identitätsprüfungen werden im Ermessen des Bauherren durchgeführt,« stellt Anita Helbig, operative Leiterin von Express Beton, einem Tochterunternehmen der Rhomberg und i+R Gruppe, fest. Gefordert werden sie vor allem von der öffentlichen Hand, von Asfinag und ÖBB, auch der Umweltaspekt kommt dazu.

»Die Hauptaufgabe von CTEC ist es, Werke bei der Produktion von Zement mit einem geringeren CO2-Fußabdruck zu unterstützen. Wir helfen Kunden bei der Entwicklung und Überwindung von Problemen, sind spezialisiert auf Mineralogie, Chemie und auf spezielle physikalische Eigenschaften wie zum Beispiel Wärmeleitfähigkeit«, berichtet Gerold Schnedl, Geschäftsführer von Lafarge CTEC. (Bild:  Lafarge/Perlmooser)

»Am Beispiel Türkei/Syrien mit rund 7.000 zerstörten Gebäuden, mindestens 1,3 Millionen Menschen, die auf der Flucht sind und über 50.000 Toten erkennt man, was passiert, wenn Sicherheitsanforderungen nicht eingehalten werden,« zeigt Gerold Schnedl, Geschäftsführer Lafarge CTEC und Leiter der akkreditierten Prüfanstalt Mannersdorf auf und bringt als Vergleich Lebensmittel, deren Eigenschaften unmittelbar nach der Herstellung getestet werden können. »Jene von Beton lassen sich erst nach einiger Zeit genau feststellen, teils erst nach Monaten.«

Mario Löffler, zuständig für den Bereich Beton & Bauprodukte sowie Bauwerksprüfung in der Materialprüfanstalt Hartl nennt einige der festgelegten Prüfzeiten. »Die Prüfung der Druckfestigkeit der Probekörper erfolgt in der Regel nach 28 Tagen. Andere Prüfungen wie die der Frostbeständigkeit dauern über mehrere Wochen.« Spezialprüfungen nehmen laut Anita Helbig zwei oder drei Monate in Anspruch. Standardisierte Verfahren beschleunigen den Prozess.

Prüfanstalten bedeuten Sicherheit

»Prüfanstalten halten mit ihren Eignungsprüfungen die Qualität am Bau hoch«, betont Gerhard Haiden, Produktmanager beim Bauchemiehersteller Mapei. Lange Zeit lautete die Formel für Beton: Zement, Wasser und Gesteinskörnungen. Heutige Anforderungen finden damit nicht mehr das Auslangen. Laut Stefan Krispel, Geschäftsführer Smart Minerals, wird an Änderungen der Ausgangsstoffe bzw. Adaptierungen des Portfolios von Zement- bzw. Bindemittelherstellern mit dem Fokus auf z. B. CO2-neutrale Produkte gearbeitet. »Anerkannte Prüfungen, Kalibrierungen und Konformitätsbewertungen stellen sicher, dass in Verkehr gebrachte Produkte bzw. erbrachte Dienstleistungen den Harmonisierungsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft entsprechen«, betont sein Kollege Stefan Marchtrenker, Leiter Fachbereich Beton und Bauprodukte. Weltweit werde nach Technologien geforscht, Beton möglichst klimaneutral zu produzieren. »Man versucht, mit weniger Klinker im Zement guten Beton herzustellen.

Am häufigsten erfolgt die Druckfestigkeitsprüfung, gefolgt von der Frischbetonprüfung. (Bild: Materialprüfanstalt Hartl)

Wir können als Bauchemie den Mangel an Früh- und Endfestigkeiten mit bestimmten Beschleunigertypen ausgleichen«, beschreibt Gerhard Haiden das Ziel von Mapei. »Wenn die klinkerarme Betonrezeptur mit Mapecube nach dem Konzept der gleichwertigen Betonleistungsfähigkeit acc. ONR 23339 Prüfnorm bzw. B 4710-3 eingesetzt wird, sind Prüfungen bei akkreditierten Prüfanstalten verbindlich vorgeschrieben. Für den Erfolg am Markt braucht es unabhängige Prüfer.« Ebenso für Versuche im Rahmen der B 4710-3, die seit Jänner in Kraft ist. »Mit dieser Regel hat man die Möglichkeit, weiterhin CO2 zu reduzieren, indem man vom deskriptiven Konzept, das einen Mindestzementgehalt vorsieht, abweichen kann«, betont Paul Kubeczko, VÖB.

Innovationen im Blick

Axel Preuß, Geschäftsführer von CarStorCon Technology, berichtet von der Carbon Storage Concrete Technologie, aufgebaut auf den Zuschlagsstoff Clim@Add, der zu 98 % aus technischem Kohlenstoff besteht. Durch die Substituierung von 15 % Zement mit 15 % Clim@Add könne klimapositiver Beton hergestellt werden, der Referenzbeton entspricht. »Für die betontechnologische Begleitung nebst Beprobung des Betons arbeiten wir mit der Bautechnischen Versuchsanstalt an der HTL Rankweil zusammen.« Auch für die Errichtung der industriellen Pflanzenkohle-Produktionsanlage von Sonnenerde wird auf Clim@Add vertraut, die Festigkeit wurde im eigenen Prüflabor getestet. Gebaut wird die Anlage mit Beton von Wopfinger. »Pflanzenkohle als Zusatz in Beton ist für uns eine Premiere. Dieses Material hat derzeit noch keine reguläre Zulassung, ist damit ein Beton außerhalb der Norm, wobei sich der Kunde dessen bewusst ist«, betont Hans-Jürgen Zeiler.

Jedes Betonwerk muss eine werkseigene Qualitätsüberwachung betreiben, die zweimal im Jahr von unabhängigen Prüfanstalten kontrolliert wird. (Bild: Andrew Rinkhy)

Neu sind auch die Rezepturen von Salzburg Wohnbau. »Beton wird recycelt, mit CO2 angereichert und so aufbereitet, dass er für neuen Transportbeton eingesetzt werden kann«, berichtet Geschäftsführer Roland Wernik von den Forschungsprojekten Circle Concrete, Cico, und CO2 Max. Dabei wird stets mit Prüfanstalten zusammengearbeitet, Salzburg Wohnbau kooperiert mit der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg, der bvfs. »Die Prüfungen erleichtern vor allem das Überzeugen der Bedenkenträger, die in Österreich sehr stark vertreten sind. Es braucht die unabhängige Prüfung«, betont Wernik.


In diesen Bereichen sind Prüf­anstalten tätig:

  • Akkreditierte Prüfanstalten agieren als Fremdüberwacher der Betonproduzenten.
  • Durchführung von Identitätsprüfungen auf Baustellen im Auftrag von Bauherren.
  • Durchführung aller Prüfungen, die ein Betonhersteller nicht selbst machen kann (z. B. weil er spezielle Prüf­einrichtungen nicht hat); dies kann sowohl zur Überwachung der regulären Betonproduktion als auch bei einer Produktentwicklung erfolgen.
  • Expert*innen von Prüfanstalten werden auch als Gutachter*innen herangezogen.
  • Vertreter*innen von Prüfanstalten sind in allen betonrelevanten Normungsgremien vertreten.
  • Teilnahme an Forschungsprojekten

Überblick über die gängigsten Betonprüfungen:

1. Prüfungen Frischbeton (im Betonwerk/auf der Baustelle)

  • Frischbetonrohdichte
  • Konsistenz
  • Luftgehalt
  • Wassergehalt
  • Betontemperatur

2. Prüfungen am erhärteten Beton (im Betonlabor)

  • Messung der Druckfestigkeit
  • Prüfungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit von Beton (= Widerstand gegen bestimmte Umwelteinflüsse, wie z. B. Karbonatisierung, Frostangriff, chemischen Angriff etc.); dabei sind je nach Prüfverfahren sind unterschiedliche Probekörper herzustellen. Für die Dauerhaftigkeitsprüfungen sind oft spezielle Prüfeinrichtungen nötig, daher erfolgen diese meist in Prüfanstalten.

(Titelbild: iStock)

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