Vom Konstruktions- bis zum Abrissprozess werden die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft von der Baubranche immer öfter eingesetzt. Auch in der Baustellenlogistik gewinnt ESG an Bedeutung.
Kreislauffähiges Bauen ist in den letzten Jahren zu einem der großen Themen geworden, Nachhaltigkeit bestimmt das Bauwesen mehr denn je. Auch die Baulogistik ist gefordert. Dominik Müller, Geschäftsführer von Zeppelin Rental Österreich, sieht in der Kreislaufwirtschaft die Zukunft. »Meine Diplomarbeit zu dem Thema ist mittlerweile mehr als zehn Jahre alt, hat aber immer noch absolute Aktualität auf den Baustellen.« Wunsch und Ziel liegen in der Baustellenlogistik allerdings noch weit auseinander.
Bauen bedingt Transport
Davor Sertic, Spartenobmann Transport und Verkehr der Wirtschaftskammer Wien und Gründer des Forums Green Logistics, einer nachhaltig orientierten Wissens- und Vernetzungsplattform, die auf Transportwirtschaft und Logistik fokussiert ist, nennt vor allem den Baustellenverkehr. »Die einfachste Lösung für nachhaltigen Transport sind alternative Antriebe, elektro- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge gibt es allerdings im Schwerverkehr noch kaum.« Wenn doch, ist die Anschaffung sehr kostspielig.
Eine koordinierte Planung und Steuerung von Baustellentransporten und damit die Vermeidung von Staus des Anlieferverkehrs, wie Zeppelin Rental es mit dem digitalen Logistiktool OLCC ermöglicht, kann ein Weg sein. Weniger Fahren ist eine weitere Option, denn je mehr Baustoffe koordiniert angeliefert werden können, umso weniger LKW braucht es. Hier gibt es etliche Positivbeispiele. Milena Ioveva, Head of Sustainability bei Porr, nennt als ein Referenzprojekt z. B. das Unilever-Gebäude in Wien Simmering, für das von Porr Abbrucharbeiten inklusive Entsorgung durchgeführt wurden. »Wir haben ungefähr 25.000 Tonnen Beton vor Ort zerkleinert. Davon wurde ein hoher Anteil in dem neuen Gebäude wieder eingesetzt. Wir konnten so das Wegführen von 1.000 Sattelschleppern an Material vermeiden und einen entsprechenden CO2-Ausstoß einsparen.«
Wienerberger hat ein Bestelltool entwickelt, das die optimale Auslastung für LKW und damit die optimale Bedarfsplanung unterstützt. Dadurch wird verhindert, zu viel zu bestellen, und die Kosten für Transport und Logistik werden reduziert. Ein wesentlicher Faktor bei der Reduktion der Fahrten ist Digitalisierung. Umgesetzt werden kann das z. B. mit »Schüttflix«, einer digitalen Plattform, die Bauunternehmer, Schüttgut-Anbieter, Speditionen und Entsorger vernetzt. »Damit werden Transportleistungen, vor allem der innerstädtische Verkehr und der CO2-Ausstoß reduziert«, betont Stefan Klanner, Managing Director Austria.
»In Österreich fallen ca. 40 Millionen Tonnen Bodenaushub an, davon werden noch drei Viertel deponiert«, spricht Milena Ioveva, Head of Sustainability bei Porr, das hohe Recycling-Potenzial dieses Materials an. (Bild: Porr)
Diese Reduktion ist wichtig für den gesamten Verkehrsraum: Werner Rosinak, Gesellschafter des Zivilingenieurbüros Rosinak & Partner, hat bereits in seiner Verkehrsstudie aufgezeigt, dass Verkehrsströme der Baustellenlogistik zwei Drittel der Schwerlastfahrzeuge im städtischen Raum ausmachen. Durch die Vernetzung auf Schüttflix wird sichtbar, welche Frächter frei sind, wer den kürzesten Anfahrtsweg hat, wer Aufträge übernehmen und damit Leerfahrten vermeiden kann.
»Momentan wird Sand und Schotter vielfach noch zu einem weit entfernten Aufbereitungs- oder Lagerplatz gebracht, während eine Baustelle 500 Meter daneben dringend auf das Material wartet«, zeigt Klanner auf. Bauunternehmer A und B wüssten oft gar nichts voneinander, Transparenz müsse geschaffen werden. Dadurch wird der Produktzyklus forciert und beide Teilnehmer sparen Zeit und Geld. Schüttflix arbeitet mit etwa 150 Partnern zusammen, die Plattform wächst wöchentlich. Der Fokus liegt auf Ostösterreich, das heißt auf der Achse Linz–Wien–Graz.
Entsorgung
»Ich finde diese Idee wirklich gelungen«, betont auch Dominik Müller. »Im Grunde machen wir nicht wirklich etwas anderes, wir verknüpfen ebenfalls Gewerke auf der Baustelle.« Nicht jedes Gewerk soll auf der Baustelle für sich selbst entsorgen. Der Fokus von Zeppelin Rental liegt darin, die Abfälle der gesamten Baustelle zu sammeln und zu trennen. Es mache keinen Sinn, zig Achter- oder Zehnermulden aufzustellen, effizienter sind 33er- oder 40er-Mulden, wodurch LKW-Fahrten reduziert werden. »Bei einem LKW, der 25 Liter Diesel auf 100 Kilometer verbraucht, kann man damit sehr gut optimieren.«
Durch das Behältermanagement von Zeppelin Rental wird zudem ein gewaltiger Zeitvorteil geschaffen, Mitarbeiter*innen sparen Wege ein. »Das Bewusstsein der Bauunternehmen für diese Wende auf der Baustelle ist vorhanden, schon allein aufgrund des monetären Vorteils. Dieser ist nicht von der Hand zu weisen«, betont Müller und kündigt ein Forschungsprojekt an. »Wir möchten gemeinsam mit BauKarussell aufzeigen, wie viel CO2 sich durch eine koordinierte Entsorgungslogistik auf Baustellen in Wien einsparen lässt.«
Die Behandlung von Abfällen ist auch Kernthema von Ökotechna, einem Bereich von Held & Francke. »Wir entsorgen Baustellenabfälle wie z. B. Mischabfälle, Bauschutt, Holz und Bodenaushub. Steht keine Transportmöglichkeit zur Verfügung bietet Ökotechna Mulden und Container, wie z. B. Deckel-, Klapp- und Kranmulden«, informiert Wolfgang Pauliny.
»Die Sortierinseln von Ökotechna sind mit Großcontainern, Mulden und Sackgestellen ausgestattet, umfassen pro Sortierinsel ca. 150 m²«, erklärt Wolfgang Pauliny, abfallrechtlicher Geschäftsführer von Held & Francke. (Bild: Ökotechna)
Baumit setzt unter anderem mit seinem System »Smarter Silo 2.0« auf eine nachhaltige Logistik. 700 Baumit Silos sind mit wartungsfreien und solarbetriebenen Silosonden von BrickXter ausgestattet und geben Auskunft über den aktuellen Füllstand und Standort. Alle Daten von der Warenbestellung bis zur Rückkehr der LKW ins Baumit-Werk werden mit Software-Tools aufbereitet, was dem Disponenten einen effizienten und flexiblen Einsatz der Baumit Silo-LKW ermöglicht. »Neben einer erhöhten Versorgungssicherheit konnten durch die optimierte Planung im ersten Jahr 235.000 Leerkilometer und rund 250 Tonnen CO2 eingespart werden«, stellt Baumit-Geschäftsführer Georg Bursik fest.
Wienerberger bietet bereits seit 2019 unter anderem ein kostenloses Sammelservice für Mineralwolle an, die beim Baustellen-Verschnitt von Porotherm W.i-Ziegeln anfällt. »Das Sammelservice ist für Baufirmen kostenlos, die Sammelsäcke sind verstärkt und fassen ca. 1,0 bis 1,3 m³ Mineralwolle-Pads«, informiert Wilfried Lechner, Leiter Nachhaltigkeit. Bei der Abholung werden sie visuell überprüft und nur sortenrein befüllte Säcke mitgenommen. Die gesammelte Mineralwolle wird im Werk in Haiding verdichtet und in den Produktionskreislauf rückgeführt.
Einen Nachhaltigkeitsfokus hat auch Porr mit seinen derzeit 23 stationären Recyclinganlagen bzw. -plätzen in Österreich, ergänzt durch zahlreiche mobile Anlagen. »Ziegel verarbeiten wir zu Ziegelsplit, daraus werden Substrate für die Dachbegrünung hergestellt. Beton wird zu Recyclingbeton und Asphalt zu Recyclingasphalt verarbeitet«, erklärt Milena Ioveva und nennt einige weitere Innovationen. »Porr pilotiert derzeit in der Steiermark eine neue Materiallogistikplattform, um intern transparenter zu machen, auf welchen Baustellen Bodenaushub, Abbruchmaterial etc. anfallen und auf welchen danach Bedarf besteht.« Im Recycling Center Himberg wird heuer eine Betonmischanlage, die Recyclingbeton einsetzt, errichtet, ebenso 2023 entsteht eine Aufbereitungsanlage für Bettaschen aus der Müllverbrennung. Geplant ist auch eine mobile Aufbereitungsanlage für kontaminierte Bodenaushübe.
(Titelbild: Zeppelin Rental)