An der TU Graz wird ein neues Forschungslabor eingerichtet: Im „CD- Labor für reststoffbasierte Geopolymer Baustoffe in der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft“ werden industrielle Abfallstoffe zur Entwicklung neuer Materialien verwendet.
Titelbild: Laborleiter Cyril Grengg (im Vordergrund) mit Teilen seines insgesamt zehnköpfigen Forschungsteams. Hier werden die Betonalternativen der Zukunft entwickelt.
Besonders in korrosionsanfälligen Umgebungen wie Abwassersystemen oder Tunneldrainagen setzt man künftig auf nachhaltig erzeugte Betonmixturen aus mineralischen Reststoffen. Zementbasierten Beton so zu ersetzen, ist für Cyrill Grengg vom Institut für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz nicht nur ein erreichbares Ziel, sondern auch ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Grengg leitet das nun offiziell eröffnete „Christian Doppler Labor für reststoffbasierte Geopolymer Baustoffe in der CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft“. Sein Vorhaben wird von acht Unternehmenspartnern unterstützt, darunter unter anderem die voestalpine Stahl Donawitz, die Kirchdorfer Fertigteilholding oder auch die Gemeinschaft steirischer Abwasserentsorger. Sie alle sehen Potential in der Nutzung von Bauschutt, Schlacke, Hüttenschotter, Mineralwolle oder Asche für umweltverträglicheren und resistenteren Beton.
Sieben Jahre lang forschen Laborleiter Grengg und sein zehnköpfiges Team nun gemeinsam mit den acht Firmenpartnern. Größter öffentlicher Fördergeber des CD-Labors ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW). „Die Vielzahl der beteiligten Unternehmen aus verschiedenen Branchen zeigt das große Interesse an höherer Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Baumaterial aus Rest- und Abfallstoffen bringt nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern trägt auch zur Entlastung der Umwelt bei. Das hier erforschte Know-How kann die Basis für viele weitere Innovationen sein“, betont Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.
Weniger Zement, Ressourcen und Korrosion
Anorganische industrielle Sekundärrohstoffe werden im CD-Labor weiterverarbeitet und je nach Verwendungszweck mit kohlenstoffreichen Abfallstoffen wie (Alt-)Ölen, Biomasse oder organischen Fasern kombiniert. Das so entstandene Geopolymer stellt eine Alternative zu zementbasiertem Beton dar: Bei vergleichbaren Materialeigenschaften bietet es eine höhere Widerstandsfähigkeit und führt zu weniger Ressourcenverbrauch durch Recycling bisher deponierter Rest- und Abfallstoffe.
Die reststoffbasierten Geopolymere könnten künftig zementbasierten Beton ersetzen - das ist ökonomisch sowie ökologisch sinnvoll insbesondere in korrosionsanfälligen Bereichen wie Abwasser- oder Bioabfallanlagen.
„Chemisch gesehen ist das Geopolymer etwas völlig anderes als Portlandzement, die physikalischen Eigenschaften sind aber sehr ähnlich oder zum Teil sogar besser“, erklärt Grengg. Er sieht vor allem in der wesentlich höheren Resistenz gegen Korrosion großes Potential. Portlandzement ist im modernen Baugewerbe das mit Abstand meistverwendete Bindemittel. Allerdings ist er anfällig für Verwitterung - durch Wind, Wetter und andere Umwelteinflüsse, wie etwa chemisch aggressives Abwasser aus Kläranlagen. Das führt zu Sicherheitsproblemen und hohen Ausgaben für die Instandhaltung: Weltweit werden durch Korrosion verursachte Kosten auf 2,5 Billionen US-Dollar geschätzt, große Anteile davon beziehen sich auf den Baustoff Beton.
Von den Deponien in die Kreislaufwirtschaft
Gleichzeitig ist die Herstellung von Baumaterialien für etwa neun Prozent aller weltweit erzeugten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und der derzeitige Umgang mit Rest- und Abfallstoffen hat noch einen weiten Weg in Richtung Kreislauffähigkeit vor sich: Noch immer fallen jährlich 54 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an - 76 Prozent des gesamten Abfallvolumens. Davon werden fast 60 Prozent deponiert, wodurch potentiell wertvolle Ressourcen und große Flächen verloren gehen. „Die im CD-Labor verwendeten Rest- und Abfallprodukte werden heute Großteils deponiert, nur ein kleiner Teil wird recycelt. Wir wollen diese Stoffe weg von den Deponien holen und in eine CO-neutrale Kreislaufwirtschaft einbinden“, so Grengg.
(Bilder: TU Graz/ Lunghammer)