Im Rahmen ihrer Roadmap in Richtung Klimaneutralität forscht die VÖZ jetzt in einem neuen Projekt namens „CarboRate“ am CO2-Aufnahmepotenzial von Beton. Ziel ist es, eine gesicherte Datengrundlage für die Carbonatisierung zementgebundener Baustoffe zu schaffen.
Die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ) strebt bis 2050 Klimaneutralität an. „Wir arbeiten seit vielen Jahren daran, unsere spezifischen CO2-Emissionen zu reduzieren“, meint Sebastian Spaun, Geschäftsführer der VÖZ. Die bisherige Reduktion um 20 Prozent (seit 1990) sei durch den Einsatz modernster Technologien zur Herstellung von Klinker und Zement gelungen. „Tatsächlich hat die Zementindustrie in keinem anderen Land den Anteil fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas so stark zurückgefahren und durch Alternativen ersetzt wie in Österreich“, so Spaun.
Aber hier sei es nicht getan: Soeben hat die VÖZ ein eigenes Forschungsprojekt gestartet, „CarboRate“, in dem unter der Leitung von Cornelia Bauer (Forschung VÖZ) in Kooperation mit den Mitgliedswerken und Smart Minerals GmbH das CO2-Aufnahmepotenzial von Beton während der gesamten Wertschöpfungskette untersucht wird. „Beton kann dank seiner Zusammensetzung aus natürlichen Rohstoffen abgebrochen, aufbereitet und wiederverwendet werden. Dabei vergrößert sich die Oberfläche, und dadurch kann mehr CO2- aus der Umgebungsluft aufgenommen und dauerhaft im Beton eingebunden werden“, erklärt Bauer. Darüber, wie viel des bei der Herstellung emittierten CO2 durch die Carbonatisierung wieder eingebunden werden kann, gebe es bisher keine eindeutigen Studien. „Mit unserem Projekt CarboRate werden wir gesicherte Zahlen als Wissensgrundlage für die Bau- und Kreislaufwirtschaft liefern.“
Beschleunigung
Neben dem Aufnahmepotenzial werden auch mögliche Auswirkungen auf die Produkteigenschaften des carbonatisierten Betons erarbeitet. „Wir wollen herausfinden, wie lange es dauert, bis die Carbonatisierung abgeschlossen ist, und verschiedene Möglichkeiten überprüfen, wie wir den Vorgang beschleunigen können, Messmöglichkeiten zur validen Bestimmung der CO2-Aufnahme entwickeln sowie das Bindepotenzial von CO2 durch das aufbereitete Betonmaterial prüfen“, erläutert die Forscherin. Das Team rund um Cornelia Bauer sucht nach Optionen, CO2-Emissionen bereits direkt am Ort der Entstehung in Recycling-Gesteinskörnungen oder Bauprodukte einzubinden. Dazu werden unterschiedlichste Brechsandfraktionen von CO2-reichem Abgas (zum Beispiel eines Zementwerks) durch- bzw. umströmt.
Das Projekt CarboRate, geleitet von Cornelia Bauer, soll nicht nur valide Zahlen für künftige Carbonatisierung und Stoffbilanzierung im Bau liefern, sondern nach Möglichkeiten suchen, den Prozess der Carbonatisierung selbst zu verbessern. (Bild: ACR/Alice Schnür-Wala).
VÖZ-Geschäftsführer Sebastian Spaun ist davon überzeugt, dass das Projekt CarboRate einen weiteren Meilenstein für die Klimaschutzbemühungen der Bauwirtschaft liefern wird: „Damit schaffen wir eine umfassende Datengrundlage zur Carbonatisierung zementgebundener Baustoffe in Österreich. Gute Daten sind die Voraussetzung, um CO2-Senken in der Klimabilanzierung nachvollziehbar darstellen zu können.“ Derzeit werde nahezu aller abgebrochener Beton wiederverwertet. Aufgrund der Langlebigkeit des Baustoffs werden jährlich allerdings nur etwa zehn Prozent des verbauten Volumens der Kreislaufwirtschaft zugeführt. 2050 wird dieser Anteil bei rund 25 Prozent liegen, so die Prognosen der VÖZ - damit steigt auch das Potential für die Carbonatisierung.
Die CO2-Aufnahmefähigkeit von Betonbruch ist beachtlich: Laut heutigen Zahlen sind es bis zu 41 Prozent des CO2, welches bei der Zementproduktion durch die Entsäuerung des Kalksteins entstanden ist. Da der CO2-Fußabdruck künftig einen signifikanten Einfluss in der Gebäudebewertung und damit auf die Materialauswahl haben wird, muss der Effekt der Carbonatisierung auf die Netto-CO2-Emissionen der zementbasierten Materialien auf lange Sicht in nachvollziehbarer Weise inkludiert werden. „CarboRate wird eine lückenlose Stoffbilanzierung im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ermöglichen und darüber hinaus wertvolle Beiträge zur ökologischen Nachhaltigkeit der Zementindustrie im Hinblick auf den Klimaschutz liefern“, so Spaun abschließend.
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