Sonntag, Juni 30, 2024

Klimakrise und Geopolitik drängen: Nicht nur sollten Stromerzeugung und Versorgung optimiert werden, auch im Verbrauch müssen die Stellschrauben angezogen werden. Klimafreundliche und energiesparsame Gebäude können hier helfen. Welches Potenzial Zement für die Bauteilaktivierung und als CO2-Speicher birgt, und auf welchem Stand die österreichische Zementindustrie ist, evaluiert die VÖZ im neuen Lagebericht, dem „ZementDokument“. 

Wenn auch die Klimakonferenz der Vereinten Nationen nicht den erwünschten Erfolg gebracht hat, ist und bleibt das Thema Klimaschutz brisant. Umweltökonom Stefan Schleicher, Professor am Wegener Center für Klima und globalen Wandel an der Universität Graz, und Berater des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Wifo, drängt aufs Umdenken: „Wären die Gebäude heute dort, wo sie laut Regierungsprogramm 2040 sein sollen, dann wäre Wohnen leichter leistbar, eine energiegetriebene Inflation unbekannt und kalte Räume wegen unterbrochener Gaslieferungen keine Bedrohung.“

Es besteht das Risiko, dass die Strom- und Energiekosten als geopolitischen Waffe eingesetzt werden - und dem Wohlstand in Österreich langfristig bedrohend gegenüberstehen. Auf Basis der EU-Notfallmaßnahmenverordnung und als Reaktion auf die hohen Energiepreise hat die Regierung einen Entwurf zum Stromverbrauchs-Reduktionsgesetz vorgelegt. Ziel des Bundesgesetzes ist es, den Stromverbrauch in Spitzenzeiten um mindestens rund fünf Prozent zu reduzieren. Damit sollen die Strompreise gesenkt, der Einsatz von fossilen Brennstoffen reduziert und der Verbrauch besser an die Belastung der Stromnetze angepasst werden. Investitionen in netzfreundliches Verhalten werden mit diesem Gesetzesentwurf belohnt.

„Wir begrüßen diesen wichtigen Beitrag zur Energiewende, gleichzeitig mahnen wir aber den dringend notwendigen Ausbau der Stromnetze als Voraussetzung für die Transformation zur Klimaneutralität ein“, erklärt Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, VÖZ. Die Zementindustrie könne auf mehreren Ebenen entscheidend beitragen: „Einerseits evaluieren wir bereits die Potenziale zur Stromverbrauchs-Reduktion in Spitzenzeiten und andererseits macht die Aktivierung von Betonbauteilen Gebäude netzflexibel. Dieses Potenzial hat die VÖZ bereits vor 15 Jahren erkannt und durch langjährige Forschung und Innovation zur Bauteilaktivierung entscheidend zu dessen Hebung beigetragen“, so Spaun.

Die Deckung des Energiebedarfs für die Raumwärme und -kälte kann mithilfe des Energiespeichers Beton in jene Zeiten verschoben werden, zu denen viel erneuerbare Energie im Netz vorhanden ist. Dadurch wird der Energiebedarf in Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung deutlich abgesenkt, gleichzeitig werden Stromspitzen im Netz geglättet (Peak Shaving). Aktuelle Vorzeigeprojekte wie der Bildungscampus Liselotte-Hansen-Schmidt, die Wohnbebauung in der Käthe-Dorsch-Gasse oder das Projekt „Volkshilfe Hafen“ zeigen, wie das System in der Praxis vorbildlich funktioniert – ohne fossile Energie. Beton ist der Baustoff, der durch seine Speicherfähigkeit Heizen und Kühlen mit erneuerbarer Energie ermöglicht.
Momentaufnahme 

Im internationalen Vergleich gehört die österreichische Zementindustrie in puncto CO2-effizienter Produktion zu den Vorreitern. Der druckfrische Lagebericht der VÖZ, das „ZementDokument“, zeigt das Engagement der heimischen Werke und ist zugleich die Grundlage für die Umsetzung der Ziele, die sich die österreichische Zementindustrie in ihrer Roadmap auf dem Weg zur CO2-Neutralität gesteckt hat. Die einzelnen Kapitel beleuchten Eckpfeiler und Hebel: Klinkerherstellung, Zement & Beton, Strom & Transport, Carbonatisierung, CCUS (Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2) sowie die Betonbauweise. Anhand konkreter Beispiele werden Aktivitäten zu Emissionsreduktion, Nutzung erneuerbarer Energie, Bürgerbeteiligung, Forschung, Renaturierung oder Arbeitssicherheit greifbar gemacht. (Hier geht's zum vollständigen Bericht: Zementbranche startklar - VÖZ)

Umweltökonom Schleicher plädiert aber dennoch an die Politik: „Zement könnte eine Senke für CO2-Emissionen werden. Entscheidend wird die Verfügbarkeit von Wasserstoff werden. Am konkretesten sind die Pläne, bis 2030 Elektrizität bilanziell nur aus Erneuerbaren bereitzustellen. Dafür müsste aber ab jetzt jede fünfte Minute eine PV-Anlage, jeden zweiten Tag eine Windturbine und jedes zweite Jahr ein Wasserkraftwerk von der Dimension der zuletzt gebauten Donaustufe entstehen. Elektrizität macht jedoch nur ein Fünftel des aktuellen Energieverbrauchs in Österreich aus, der wiederum bis 2030 um mindestens ein Viertel abzusenken wäre, wenn das im Regierungsprogramm festgehaltene Ziel von Klimaneutralität bis 2040 erreichbar bleiben soll.“

(Bilder: iStock, Wifo)

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