Der Wettbewerb zwischen Unternehmen wird härter. Es geht nicht nur darum, wer das beste Produkt oder die beste Dienstleistung bietet, sondern in Zeiten des grassierenden Fachkräftemangels auch darum, wer der beste Arbeitgeber ist. Gutes Employer Branding kann aus Unternehmen eine erfolgreiche Arbeitgebermarke machen. Aber der Weg dorthin ist ein langfristiger Prozess.
Ein Text von Colin Fernando, Employer Branding Experte bei BrandTrust.
Wie viele andere Branchen hat auch die Bauwirtschaft seit einigen Jahren mit einem enormen Fachkräftemangel zu kämpfen. Es gibt aktuell kaum ein Unternehmen, das nicht händeringend nach Mitarbeiter*innen sucht. Jene Unternehmen der Baubranche, die seit jeher ihre Marke pflegen, und zwar tiefgründig, bewusst und systematisch – fernab vom kosmetischen Alibi-Logo, Verschönerungen oder austauschbaren Imagekampagnen, haben in den Zeiten des Fachkräftemangels auf jeden Fall einen Vorsprung.
Wenn Employer Branding zum übergestülpten Projekt verkommt, ist es kein Employer Branding, sondern einfach nur Marketing für potenzielle Mitarbeitende – aktuell braucht es aber definitiv mehr. Wenn Employer Branding genutzt werden soll, dann muss es richtig gemacht werden. Und hierzu gilt es einige Do’s und Don’ts zu beachten:
Don’t: Eine isolierte Employer Branding - Strategie entwickeln
Das bedeutendste Don’t und somit der größte Fehler im Employer Branding ist es, eine isolierte Strategie zu entwickeln, die rein aus dem Personalbereich herausgetrieben wird und bisherige Markenführungsansätze und Unternehmenswerte außen vor lässt. In der Baubranche war und ist das Thema Markenführung bisher eher ein Nice-to-have. Ist also noch keine Basis vorhanden, auf der die Strategie aufgesetzt werden kann, sollte man zuallererst eine solche schaffen.
Um ein gutes Fundament zu schaffen, muss man sich natürlich ein wenig mit seinem Unternehmen, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzen. Wo liegen unsere Stärken, was macht uns seit vielen Jahren aus, welche Werte sind uns wichtig und warum arbeiten unsere Mitarbeiter gerne bei uns. Ist man sich seiner Basis bewusst, kann darauf die Strategie zur Gewinnung neuer und zur Erhaltung von bestehenden Mitarbeitenden aufgesetzt werden. Employer Branding ist nicht das Schaffen einer neuen Marke oder das Schaffen einer neuen Strategie. Employer Branding lässt sich als strategische Positionierung der Marke auf dem Arbeitgebermarkt definieren. Das heißt aber eben auch, es wird keine neue Marke gegründet oder positioniert, sondern die bestehende adäquat zu den Anforderungen des Arbeitgebermarktes kommuniziert.
Do: Das eigene Unternehmen ergründen
Vielleicht denken Sie nun »Wir kennen unser Unternehmen doch bereits. Das soll das erste ›Do‹ sein, um dem Fachkräftemangel mittels Employer Branding zu begegnen?« Unsere Erfahrung zeigt: Viele Unternehmen in Branchen, die auf den ersten Blick weiter weg sind vom Thema Markenführung, mangelt es oft an einem einheitlichen Verständnis der eigenen Historie, der eigenen Erfolgsmuster und vor allem der daraus entstehenden eigenen Werte. Natürliches, effektives Employer Branding wird allerdings nur erfolgreich sein, wenn es glaubwürdig ist und dazu ist es wiederum ratsam auf Muster der Vergangenheit aufzubauen. Dies führt zu mehreren Vorteilen: Mitarbeitende können sich besser mit der Strategie verbinden und die Ideen instinktiver leben. Dem bisherigen Bauchgefühl wird ein Rahmen gegeben.
Es entsteht eine höhere Glaubwürdigkeit für potenzielle Mitarbeitende, wenn proklamierte Werte durch Spitzenleistungen der Vergangenheit oder dem eigenen Gründungsmythos nachvollziehbar und greifbar werden. Die eigene Gründungsgeschichte wird oft unterschätzt. Praktisch jedes Bauunternehmen verfügt über eine bewegte Geschichte und nicht selten über eine fast romantische Historie, wie das Unternehmen mit eigenen Händen aufgebaut wurde und nun dort ist wo es ist – nur leider wird diese Geschichte viel zu selten genutzt und erzählt, um Mitarbeiter Teil dieser Geschichte werden zu lassen.
Do: Die Knappheiten der Zielgruppen ermitteln
Wenn nun die Potenziale des eigenen Unternehmens ergründet wurden und daraus Werte abgeleitet wurden ist der erste Schritt getan. Im zweiten Schritt gilt es, die Werte entsprechend zu kommunizieren. Dies geschieht am effektivsten, wenn die Werte der Marke auf Knappheiten oder Sehnsüchte der Anspruchsgruppen treffen, da dadurch die Relevanz der Botschaft erhöht wird. Dazu gilt es natürlich, vorab genau diese Sehnsüchte und Knappheiten der Menschen zu ermitteln, die angezogen werden sollen. Die Generationenforschung kann dabei helfen.
Ein Beispiel: Die vielzitierte Generation Z (bis 25-jährige) gilt als umsetzungsstarke und -willige Generation und gleichzeitig als Generation, die Nachhaltiges für die Zukunft kreieren will. Gerade Baufirmen könnten diese Bedürfnisse adressieren und entsprechende Botschaften senden. Entscheidender Erfolgsfaktor: Wer schafft es, diese Botschaften glaubwürdig und authentisch mit seiner Marke zu verbinden? Die Generationen von heute haben ein feines Gespür für Authentizität und zugleich eine große Skepsis gegenüber dem Oberflächenmarketing der letzten Jahrzehnte.
Do: Den richtigen Wettbewerb betrachten
Um eine wirksame Employer Branding Strategie zu entwickeln muss eine neue, andere Perspektive eingenommen werden. Betrachten und Analysieren Sie den Wettbewerb und ermitteln Sie Lücken, die glaubwürdig durch die eigene Marke besetzt werden können. Dies bedeutet natürlich nicht, dass man Botschaften, die andere Mitbewerber besetzen nicht auch nutzen kann, hier ist immer die Glaubwürdigkeit entscheidend.
Ganz wichtig ist hier allerdings, den richtigen Wettbewerb zu betrachten. Während in der strategischen Markenführung meist die bekannten Branchenteilnehmer betrachtet werden, sollte beim Employer Branding die Ausrichtung auf dem Arbeitgebermarkt beachtet werden. Konkret heißt das: Es sollten Wettbewerber betrachtet werden, die entweder regional oder in dem Fachbereich eine große Bedeutung haben. Und so kann es sein, dass nicht mehr Strabag oder Porr die Wettbewerber sind, sondern RedBull, KTM oder das fesche Start-up von nebenan.
Do: Neue Benefits
Nichts bestätigt die Ernsthaftigkeit einer Initiative mehr als fundamentale Leistungen, die die ermittelte strategische Idee unterstreichen. Ergründen Sie also, was es zu verändern gilt. Je tiefgreifender und revolutionärer die neu entwickelten Benefits für die Mitarbeitenden sind, desto deutlicher wird die Relevanz der Initiative. Viertagewochen, unbegrenzter Urlaub, Mahlzeitenservice, große Weiterbildungsbudgets, Karrierecoachings – Benefits gibt es viele, aber auch hier gilt es die passendsten zu ermitteln, die natürlicherweise zur Positionierung passen – Aktionismus oder Kopieren des Wettbewerbs hilft hier nicht. Auch der vielzitierte Wuzeltisch wird keine Massen anziehen – aber, wenn dieser zur ermittelten strategischen Idee passt, kann auch dieser ein kleines, feines Symbol bedeuten.
Do: Auf allen Ebenen leben
Ein letztes wichtiges Do, um nicht einfach nur teures Marketing mit wenig Anziehungskraft zu machen, sondern natürliches Employer Branding zu betreiben, ist das Leben der Strategie auf allen Ebenen. Ein ganz einfaches Beispiel: Wenn in der folgenden Kommunikation etwas von Teamplay und Nachhaltigkeit beschrieben wird und die wichtigsten Führungskräfte die Ellbogen ausfahren, isoliert arbeiten und Profit vorziehen, statt das selbst auserkorene Klimaziel zu erfüllen, dann sind wir wieder am Anfang des Artikels. Dann ist dieses Employer Branding einfach nur billiges Marketing, das in der transparenten Welt von heute entlarvt und multipliziert wird.
Good to know:
Versuchen Sie nicht immer den besten potenziellen Mitarbeitern hinterherzulaufen, konzentrieren Sie sich auf die passendsten. Was nutzt Ihnen der beste Mitarbeiter, wenn dieser einfach nicht ins Team und zu Ihren Werten passt. Fachliches Know-how lässt sich meist recht rasch vermitteln und ergänzen. Werte und Lebenseinstellungen zu verändern, ist eher schwierig.
Über BrandTrust
BrandTrust ist die führende Managementberatung für wirksame Marken im deutschsprachigen Raum und unterstützt im Bereich Emloyer Branding zukunftsorientiert und systematisch die Attraktivität der Arbeitgebermarke langfristig zu erhöhen.
Info: www.brand-trust.de
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