Sonntag, Juli 07, 2024

Lieferzeiten, Personallücken und erhöhte Produktionskosten sind im Metallbau ebenso Thema wie in anderen Gewerken am Bau. Die Herausforderungen sind aber weitaus umfangreicher.

Titelbild: »Wir sind die letzten, die am Gebäude arbeiten. Das ist eine Herausforderung bei Festpreisaufträgen«, betont Johannes Eßmeister, Geschäftsführer der Metallica Stahl- und Fassadentechnik (im Bild: Buwog-Zentrale, Wien. Credit: Metallica) 

Was bewegt die Metallbranche derzeit? Übereinstimmend nennen die Metallbauer, mit denen der Bau & Immobilien Report gesprochen hat, die Rohstoffsituation und die explodierenden Preise. »In Deutschland haben wir 490 Tonnen gebaute Infrastruktur pro Kopf. Das kann man auf Österreich umlegen«, informiert Georg Matzner, Geschäftsführer des Österreichischen Stahlbauverbands. Das Bevölkerungswachstum liege weltweit bei 2,6 Personen pro Sekunde.

»Das bedeutet bei einem Infrastrukturniveau wie in Deutschland, dass man global fast 1.300 Tonnen pro Sekunde verbauen müsste, damit alle die gleiche Qualität an Infrastruktur erhalten«, so Matzner, der Leichtbau und Re-Use von Gebäuden fordert. »In die Richtung wird es auch im Metallbau immer mehr gehen. 2050 werden 85 Prozent der heutigen Infrastruktur nach wie vor stehen, sie müssen saniert werden«, zitiert Matzner Zahlen des Verbands der Europäischen Immobilienwirtschaft und verweist auf die Sanierungsoffensive sowie auf die Taxonomie, die Kapitalflüsse in die Sanierung lenken soll.

Nachhaltiges Metall

Beim Thema Nachhaltigkeit fällt rasch das Schlagwort OIB Richtlinie 7, die noch ausständige Vorgabe der Bauordnung, die sich mit der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen beschäftigen wird. Sie liegt allerdings noch in weiter Ferne. Mit ersten verlässlichen Informationen rechnet Anton Resch, Geschäftsführer der AMFT, 2023. Veröffentlicht werde sie frühestens 2027. Damit ergibt sich laut Georg Matzner das Problem der Vorbereitung. »Wir möchten unsere Mitglieder gern früh informieren, da die Vorlaufzeiten großer Projekte durchaus bei fünf Jahren liegen.«

Zu 99 Prozent werde ein Limit für CO2 Äquivalente vorgegeben. Das Energiethema sieht er als durchaus lösbares Problem. Mit Wasser-, Windkraft, PV am Dach und z. B. solaren Anstrichen kann der Energiebedarf gedeckt werden. Das Energiethema, die Taxonomie-Verordnung, knapper werdende Rohstoffe und den Bedarf an Recycling spricht auch Harald Greger, Geschäftsführer des Aluminium-Fenster-Instituts AFI, an. Bei Recyclingaluminium können 95 Prozent der Energie und entsprechend Emissionen eingespart werden. 

Digitale Metallwelt

Auch Digitalisierung wird immer mehr zum Thema. Einerseits was Smart Home betrifft – immer mehr Fenster werden mittlerweile per Handy gesteuert – andererseits bei der individuellen Planung von Gebäuden. »Jedes Bauwerk ist ein Prototyp«, betont Harald Greger und hebt das Zusammenspiel der Gewerke hervor, vor allem die Schnittstellen bei der Planung der Gebäude .

Anton Resch verweist auf das Problem der unüberschaubaren Datenmengen in Projekten. In der Projektabwicklung fällt ein großes Konvolut an Informationen an – tägliche Änderungen auf Planservern, Änderungen einzelner Gewerke, Produktinformationen, Projektbesprechungen, Schriftverkehr über verschiedene Kanäle, die alle im Projekt zusammenlaufen müssen. Handelnde Personen können künftig mit KI rechtzeitig darauf hingewiesen werden, wo sich daraus Problemstellungen im Projekt ergeben. Dass dieses Datenvolumen künftig weiter wachsen wird, steht für Georg Matzner fest. »Wenn ich Kilonewton und Zugfestigkeit auf ein Produkt schreibe, muss ich auch Umweltwerte ergänzen und diese müssen maschinell lesbar sein, sonst wird jedes Bauprojekt zu einer ineffizienten Sache.«


Aus der Praxis I: Metallbau Graber

»Neben den monetären und Ressourcenproblemen sehen wir uns vor allem mit der schwierigen Planbarkeit konfrontiert«, berichtet Barbara Stauder-Graber von Metallbau Graber. Manchmal müssen fertig projektierte Objekte gänzlich aufgeschnürt werden, weil ein eingeplanter Teil nicht verfügbar ist und man völlig umdisponieren muss. »Wir haben die Aufgabe, architektonische Wünsche umzusetzen. Uns fehlt aber manchmal das vorgesehene Material und wir müssen besonders kreativ sein. Dazu kommt die Energiekrise, die wir beim Bearbeiten der Oberfläche, also beim Verzinken und z. B. Beschichten, besonders merken. Da gibt es Preisexplosionen, die wir deutlich zu spüren bekommen.«

Apropos Kosten: »Nachdem wir im Wesentlichen für unsere Aufträge Fixpreise im Vertrag verankert haben, sind die enormen Preissteigerungen für uns generell eine sehr schwierige Situationen.« Laut der Geschäftsführerin zieht sich das Problem quer über alle Projekte. (Bild: Metallbau Graber) 

Aus der Praxis II: Metallica Stahl- und Fassadentechnik

Johannes Eßmeister, Geschäftsführer der Metallica Stahl- und Fassadentechnik, bewertet die aktuelle Auftragslage als sehr gut. Zu den jüngsten Projekten zählen der MED Campus Graz, der Austro Control Tower Wien und die neue Zentrale der Buwog neben dem Rathaus in Wien. Was für ihn in Zukunft Thema wird, ist die Integration von Photovoltaik in die Fassade. »Hier möchten wir uns stark engagieren, es gibt aber noch einige rechtliche Dinge zu klären, z. B. die Absturzsicherung.«

Intensiv beschäftigt sich Metallica bereits mit der Vorfertigung. »Wir wollen nicht mit einzelnen Profilen auf die Baustelle kommen und vor Ort erst montieren, sondern wir liefern die fertige Fassade mit eingebauten Fenstern, Sonnenschutz, Elektromotoren, Verkabelung usw. und schließen mit einem Kranhub ein ganzes Geschoßelement.« Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren verstärkt. In der Produktion kann uneingeschränkt gearbeitet werden, es gibt kein Witterungsproblem und die Qualitätskontrolle in der Produktion ist viel einfacher, Bauzeiten lassen sich reduzieren. Bei der Kombination von Sonnenschutz, Blendschutz, Wärmeeintrag in Verbindung mit Energiegewinnung gibt es laut Eßmeister im Einfamilienhausbereich bereits tolle Ergebnisse.

Bei großen Fassaden sei man von entsprechenden Lösungen noch entfernt, angesichts der steigenden Energiepreise werde sicher rasch in Nachhaltigkeit investiert. Die große Herausforderung liegt aktuell in den Materialpreisen. Im öffentlichen Bereich wird vielfach auf die ÖBV-Richtlinie zurückgegriffen, wonach Preissteigerungen über acht Prozent verhandelt werden können. Die ÖBV ist aber freiwillig. (Bild: Metallica)

Aus der Praxis III: Alu Sommer

Hans Tritremmel, Geschäftsführer des burgenländischen Metallbauers Alu Sommer, spricht das Problem der knappen Planungs- und Ausführungszeiten an. »Es gibt eine Tendenz, dass die Tragstrukturen von Gebäuden aus Massivholz oder verleimtem Holz ausgeführt werden. Die Kunden möchten das Gebäude schnell wetterdicht bekommen, da Holz witterungsempfindlich ist. Die Ausführungszeiten für unser Gewerk werden damit tendenziell kürzer.«

Ein aktuelles Problem ist auch der Personalmangel. »Wir haben nach wie vor Ausfälle von Mitarbeitern durch die Pandemie, Lücken können nicht von heute auf morgen kompensiert werden.« Als Vorzeigebetrieb in Sachen Lehrlingsausbildung im Burgenland hilft sich Alu Sommer selbst bei der Versorgung mit Mitarbeiter*innen. »Damit können wir die immer schwieriger werdende Situation der Verfügbarkeit von Fachkräften auf mittlere Sicht letztendlich aus eigener Kraft abfedern.« Im September veranstaltet Alu Sommer einen Tag der offenen Tür für Lehrlinge. »Wir konzentrieren uns auf junge Leute aus der Region, versuchen sie mittel- bis langfristig zu halten.« (Bild: AluSommer)

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