Nachhaltige Materialien nehmen einen immer höheren Stellenwert ein, denn Green Buildings sind am Vormarsch – nicht nur aufgrund verschärfter umweltpolitischer Vorgaben, sondern auch, weil sie profitable Investitionsobjekte sind. Ein Gastkommentar von Christian Öhler (BMK)
Die Bauwirtschaft muss sich darüber im Klaren sein, dass sie sich einer nachhaltigen Bauweise auf lange Sicht nicht entziehen kann. Der Bau- und Gebäudesektor ist für rund ein Drittel des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich und somit einer der größten Hebel für die Erreichung der Klimaschutzziele. Dass sich die Baubranche verstärkt in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln muss, gibt nicht nur der Green Deal der Europäischen Kommission vor.
Hinzu kommt, dass es zu einer ständigen Verschärfung bei Gesetzen kommt, die Bereiche wie Arbeitssicherheit, Bauökologie oder den Energieverbrauch betreffen. Auch Investoren richten ihr Augenmerk vermehrt auf Immobilien, die ökologische Aspekte einbeziehen. Besonders in Zeiten großer Unsicherheit, wie sie die Bauwirtschaft in der Corona-Pandemie aufgrund von Unterbrechungen der weltweiten Handelsströme, Lieferengpässen und den schwer kalkulierbaren Baukosten erlebt, suchen Investoren nach wertbeständigen Anlageobjekten.
Wertbeständigkeit bei »Grünen Immobilien« bedeutet, dass diese auch noch Jahrzehnte später hohe Vorgaben betreffend Umwelt- und Baustandards erfüllen. Bauprojekte ohne nachhaltigen Fokus werden in naher Zukunft daher kaum Interessenten an Land ziehen und somit nur schwer verkäuflich sein.
»Die neue Umweltzeichen-Richtlinie liefert Immobilienentwicklern, Investoren und Bauherren transparente Kriterien, wodurch sich ein umweltschonendes WDVS auszeichnet«, sagt Christian Öhler vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK).
Aufholbedarf bei Dämmungen
Eine Bauweise mit nachhaltigen Materialien ist kein kurzfristiger Trend, der kommt und wieder vorüberzieht. Es ist eine Entwicklung, die rasant an Fahrt aufnimmt und in der Branche zur Voraussetzung wird. Das Österreichische Umweltzeichen hat daher eine neue Richtlinie für Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) erarbeitet. In diesem Bereich hat man sich bisher auf ein primäres Argument beschränkt: WDVS sind klimaschonend, weil sie zur Energieeffizienz von Gebäuden beitragen – doch diese Sichtweise greift zu kurz.
Bei einem Blick über den sogenannten Tellerrand zeigt sich, dass schädliche Umwelteinflüsse bei der Herstellung und der Nutzung der Materialien viel stärker berücksichtigt werden müssen. Denn von herkömmlichen WDVS gehen teilweise nicht unerhebliche Treibhauspotenziale aus. Darüber hinaus wird dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft und der Lebenszyklusbetrachtung kaum Beachtung geschenkt.
Was nach dem Rückbau eines Gebäudes mit den Materialien passiert, war bisher von geringem Interesse, obwohl immer offensichtlicher wird, dass Rohstoffe nicht unendlich verfügbar sind. Letztendlich ergibt sich für Bauherren ein Einsparpotenzial aus dem niedrigeren Energiebedarf nur dann, wenn die Montage des WDVS sachgerecht ist.
Klimaschonend dämmen
Die Umweltzeichen-Richtlinie liefert Immobilienentwicklern, Investoren und Bauherren transparente Kriterien, wodurch sich ein umweltschonendes WDVS auszeichnet: Ökologische Aspekte fließen von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Recyclingfähigkeit bei der Bewertung der Nachhaltigkeit ein.
Nachhaltige Wärmedämmverbundsysteme sind ein weiterer Schritt hin zu einer klimaschonenden Architektur, an der sich weitsichtige Bauprojekte orientieren. Mit Green Buildings lassen sich Energie-, Wartungs- und Instandhaltungskosten einsparen: Dadurch sind nachhaltige Immobilien nicht nur für Abnehmer und Investoren attraktiver – auch der Klimaschutz profitiert.
Zur Person
Christian Öhler verantwortet seit 2015 den Bereich »Bauen« in der Abteilung Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Er ist für die Zertifizierung von Baustoffen mit dem Österreichischen Umweltzeichen und die Entwicklung von Ausschreibungskriterien für die nachhaltige öffentliche Beschaffung im Bauwesen des Bundes zuständig.