Die Dämmung ist ein Baustein für die Gebäudeoptimierung, nach Marktschwankungen befindet sie sich wieder auf einem stabilen Niveau. Support für Wärmespeicherung, Schall- und Brandschutz muss laut Baufachleuten auch der Massivbau leisten.
Bei der Sanierungsoffensive 2021/2022 wurden mit Stand 06.09.2021 bereits 9.181 Förderungsanträge gestellt, davon 80 Mio. Euro für die Förderungsaktion »raus aus Öl« und 30 Mio. Euro für den Sanierungsscheck«, nennt Clemens Demacsek, Geschäftsführer der GDI Gebäudehülle + Dämmstoff Industrie 2050, aktuelle Zahlen. Es stehen noch rund 540 Mio. Euro an Förderungsmitteln zur Verfügung.
Geld, das für Walter Stadlmayr, Leiter Produktmanagement Gebäudehülle bei Synthesa/Capatect, dringend für den Neubau ausgegeben werden muss. »60 Prozent der Bauaufträge betreffen bundesweit den Neubau, 40 Prozent die Sanierung. Damit haben wir eine umgedrehte Situation wie vor 15 Jahren.« Im Neubau sei Dämmung zwar schon ein automatischer Faktor, aber nicht nachhaltig. Es brauche einen Anreiz für ökologische Maßnahmen. Thermische Gebäudeoptimierung ergibt sich aus einem perfekten Zusammenspiel zwischen Dämmung und Wandbildner, z.B. Massivbau.
Bild: »Das erste Halbjahr 2021 war in mehrfacher Hinsicht sehr herausfordernd. Die weltweite Rohstoffknappheit führte zu einer großen Nachfrage mit damit verbundenen Preissteigerungen und Lieferengpässen. Der Facharbeitermangel bei Dämmstoffherstellern und im Baugewerbe kam erschwerend hinzu«, so Clemens Demacsek.
Ähnlich sieht es Roland Hebbel, Geschäftsführer von Steinbacher Dämmstoffe. »Unsere Dämmstoffe sind wahre Hidden Champions und wesentliche Faktoren für Energieeffizienz, Schallabsorption und Wohnkomfort. Tatsächlich müssen wir aber die jahrzehntelang bewährten Bauweisen adaptieren, um den neuen Ansprüchen in Richtung ökonomisches und nachhaltiges Bauen gerecht zu werden.«
Damit spricht Hebbel weniger Versiegelung ebenso an wie die Erhöhung der Gebäudelebensdauer und die verstärkte Verwendung kreislauffähiger Baustoffe. Darin sieht auch Architekt Thomas Romm eine wesentliche Herausforderung, denn mit Ende 2026 wird ein Deponieverbot für künstliche Mineralfasern verhängt. Für Romm wächst damit die Bedeutung einstofflicher Bauweisen ohne Wärmedämmung.
Ankurbeln nötig
Zwei Drittel des Gebäudebestandes entsprechen laut Steinbacher Dämmstoffe noch nicht dem thermisch-technischen Dämmstandard. »Eine massive Ankurbelung der Sanierung ist daher dringend notwendig«, fordert Roland Hebbel. Seine Aufgaben bereits zu einem Großteil erfüllt hat laut GDI 2050 der großvolumige Wohnbau, überdurchschnittlich hoch ist der Sanierungsbedarf bei privaten und kommunalen Mietwohnungen sowie bei Wohnungen und Eigenheimen ohne Hauptwohnsitz.
»Die ungeförderten Einzelsanierungen sind zwar in den letzten Jahren deutlich gestiegen, aber gleichzeitig sind die geförderten Sanierungen kontinuierlich rückläufig«, informiert Clemens Demacsek. Eine Sanierungsrate von 3 Prozent, wie von der Bundesregierung seit Jahren aus Klimaschutzgründen angepeilt, sei mit aktuell 1,4 Prozent in weiter Ferne. »Da bewegen im Moment auch die zur Verfügung gestellten 650 Millionen Euro an Fördermittel noch wenig, zumal ein Großteil in den Heizkesseltausch fließt«, kritisiert Demacsek. Dabei sollte zuerst die Gebäudehülle auf den Stand der Technik gebracht werden, um den energetischen Bedarf zu reduzieren, und erst dann die Haustechnik.
Bild: Insgesamt wurden 2020 6,225 Millionen Kubikmeter Dämmstoff in Österreich verkauft und verbaut. Schaumstoffe kamen laut GDI 2050 mit einem Minus von 2,42 Prozent, alternative Dämmstoffe auf Basis von Zellulose, Schafwolle, Hanf etc. mit einem Minus von 3,51 Prozent gut durch die Corona-Krise. Mineralwolle verzeichnete einen Rückgang von 5,3 Prozent.
Dämm-Barrieren
Fehlende Information und Motivation sind mitentscheidend für die ausbleibende thermische Sanierung der Gebäude. »Erforderlich ist eine breit angelegte Aufklärungskampagne des Nachhaltigkeitsministeriums in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden der Dämmstoffhersteller«, verlangt Michael Allesch, Direktor Marketing und Vertrieb bei Saint-Gobain Isover und Rigips.
»Mit einem steuerlichen Angebot könnte man die restlichen Zielgruppen besser abholen«, ergänzt Roland Hebbel. Das Beispiel Italien zeige, dass durch steuerliche Abschreibungen ein Sanierungsboom ausgelöst werden kann. Auch die Schaffung eines Investitionsfreibetrags, gefordert von der GDI 2050, könnte einiges bewegen.
Austrotherm spricht sich für die Erweiterung der Förderungen aus sowohl auf Landes- als auch Bundesseite - vom Dämmstoffmarkt wird diese allgemein positiv bewertet. Geförderte Kredite wurden vielfach durch Einmalzuschüsse ersetzt. Vor allem Kärnten tritt als gutes Ausnahmebundesland hervor und setzt laut Stadlmayr sehr auf ökologische Dämmstoffe.
Dämmstoffe im Vergleich
Dämmstoff Hanf
»Alternative Dämmstoffe bilden noch einen Nischenmarkt«, betont Walter Stadlmayr, der bei Synthesa/Capatect als Leiter des Produktmanagements Gebäudehülle auch für die Strategieentwicklung Hanf verantwortlich zeichnet. Der Markt befinde sich aber leicht im Steigen. Das Interesse wird auch im mehrgeschoßigen Objektbau größer und es gebe erste öffentlich Aufträge. Als stärkere Zielgruppe nennt Stadlmayr aber Besitzer von Einfamilienhäusern, die an nachhaltiger Dämmung sehr interessiert sind. Die Capatect Hanffaserdämmplatte wurde mit vielen Umweltpreisen ausgezeichnet, darunter der österreichische Klimaschutzpreis. (CapaCoustic Canapor Panel)
Dämmstoffe EPS, PU, PE
Von einer positiven Marktentwicklung berichtet Roland Hebbel, Geschäftsführer von Steinbacher Dämmstoffe. »Aufgrund der zuletzt eingeschränkten Verfügbarkeit sind die Wertigkeit und Wertschätzung von Lieferfähigkeit und Regionalität sehr gestiegen.« Für das restliche Jahr 2021 erwartet er mengenmäßig und in puncto Auftragsvolumen ein Erreichen des Vorjahresniveaus. »Die Krise brachte für einzigartige System-Lösungen aus unserem Haus einen richtigen Schub, wie etwa für steinodur SHD 500 ECO, einer super-schnellen und einfachen Fundament-Dämmschalung. Viele Baumeister sind auf jetzt auf dieses System umgestiegen.«
Dämmstoff EPS
Klaus Haberfellner, Geschäftsführer Austrotherm, berichtet von einem erfolgreichen ersten Halbjahr 2021 für EPS und XPS. »Durch den derzeit herrschenden Immobilienboom verteuerten sich die Büro- und Wohnungspreise weit über die derzeitige Inflationsrate. Dadurch sind Quadratmeterpreise für Wohnungen von 4.000 € aufwärts in Österreich bereits Standard geworden. Um möglichst hohe Nutzflächen bei den Neubauten zu erzielen, sind möglichst dünne und gleichzeitig hochwärmedämmende Dämmplatten erforderlich.« Austrotherm hat hierfür Hochleistungsdämmstoffe wie Austrotherm Resolution im Fassadenbereich und das Austrotherm Gefälledach Premium entwickelt.
Dämmstoff Glaswolle
Von einem neuen Dämmprodukt rund um Glaswolle berichtet Michael Allesch, Vertriebsdirektor bei Saint-Gobain Isover. »webertherm freestyle GW ist mit einem Glaswolle-Kern ausgestattet, der zu 80 Prozent aus Recyclingglas besteht.« Der Dämmstoff überzeugt durch die niedrige Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,034 W. Laut Michael Allesch steigt die Nachfrage nach Glaswolle-Dämmmaterial. Bauherren beziehen zunehmend bei Wärmedämmsystemen von Gebäuden ökologische Überlegungen wie Recyclingfähigkeit mit ein, vorgefertigte Holzkonstruktionen nehmen zu wie auch die Anforderungen an den Schallschutz. Ein zusätzlicher Hebel ist der steigende Trockenbauanteil.
Dämmstoff Zellulose
Zellulosedämmstoff wird nicht als Dämmplätte sondern als Einblasdämmung angeboten und maschinell verarbeitet. Das Unternehmen Peter Seppele berichtet von einem guten ersten Halbjahr, die Nachfrage nach Thermofloc wächst. »Wir sind auf die Handwerkerschiene spezialisiert, dadurch gibt es viel Expertise in der Ausführung«, berichtet Bereichsleiter Heimo Krainer. Einblasdämmung sei auch im mehrgeschoßigen Wohnbau bereits Thema, in erster Linie im Holzrahmenbau. Thermofloc wird am Standort Feistritz an der Drau in Kärnten hergestellt und in alle EU-Staaten exportiert. Der Dämmstoff kann mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis und hohem Qualitätsniveau punkten.
Dämmstoff Mineralwolle
Ein positives Marktbild zeichnet auch Manfred Wagner, Geschäftsführer von Rockwool. »Der heuer enorm gestiegene Bedarf an fast allen Baustoffen hat sich auch auf die Nachfrage nach Rockwool Steinwolle positiv ausgewirkt. Die Gründe für diesen Nachfrageschub liegen in den vielen Vorteilen der Steinwolle gegenüber anderen Dämmstoffen, aber natürlich auch in der Verknappung der Rohstoffe, speziell für unsere Wettbewerbsprodukte. Aufgrund des kontinuierlich hohen Auftragseinganges sind wir für das Jahr 2021 sehr zuversichtlich.«
Dämmstoff Holzfaser
Fachhandwerker profitieren auch vom Fassadendämmsystem StoTherm Wood. Die einschichtigen Holzfaser-Dämmplatten aus nachhaltiger Forstwirtschaft werden auf die Holzständer geklammert oder gedübelt, eine zusätzliche äußere Beplankung entfällt. Das System kann direkt auf der tragenden Holzunterkonstruktion angebracht werden, es lässt sich auf genormten oder zugelassenen Plattenwerkstoffen ebenso einsetzen wie auf massiven Holzschalungen, Massivholz-, Brettstapelelementen sowie mineralischem Massivuntergrund. Das seit über 20 Jahren bewährte System ist vor allem im Holzbau sehr gefragt.