Die Einhaltung der Sicherheit auf Baustellen ist sein Job. Ohne Baustellenkoordinator würde es laut Sicherheitsexperten ein Vielfaches an Unfällen geben. Der Bau & Immobilien Report zeigt, was seine Aufgaben sind und was er können muss.
Auf Baustellen ist das Risiko, einen Arbeitsunfall zu erleiden, doppelt so hoch wie im Durchschnitt, bei tödlichen Unfällen sogar dreimal so hoch. Ein wesentlicher Grund dafür sind organisatorische Mängel bei der sicherheitstechnischen Abwicklung. Für jede Baustelle, auf der gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig sind, ist daher ein Baustellenkoordinator erforderlich.
Das betrifft laut Bauexperten nahezu jedes größere Bauprojekt. Denn Poliere, Maurer, Dachdecker, Fassadenbauer, Zimmermänner und andere Professionisten arbeiten im Regelfall gleichzeitig oder aufeinander folgend. Laut AUVA ergibt sich durch das optimierte Zusammenspiel der Planenden und Bauausführenden ein höherer ArbeitnehmerInnenschutz, darüber hinaus Qualitätssteigerung, exaktere Einhaltung der Bauzeiten sowie eine genauere Termin- und Finanzplanung.
Vom ersten Baustein weg
Je mehr Augen auf die Sicherheit schauen, desto besser. »Baustellenkoordinatoren haben eine andere Sichtweise, Bauherren sind oft etwas betriebsblind und vielfach fehlt leider ausreichend Arbeitssicherheit«, berichtet Reinhard Übleis, Geschäftsführer von Übleis Sicherheitstechnik, aus der Praxis. Der Baustellenkoordinator ist für die Einhaltung der Sicherheit innen wie außen zuständig.
Das beginnt bei der Kontrolle des Aushubs und reicht bis zu Absturzsicherung, die speziell im Wohnbau ein großes Thema darstellt. Auf Mängel wird hingewiesen, z.B. auf fehlende Abdeckungen, aktuell wird auch die Einhaltung der Covid-19-Maßnahmen überwacht. Brandschutz ist dann ein Thema, wenn während der Errichtung mit offener Flamme gearbeitet wird.
Bild oben: »Baustellenkoordinatoren haben eine entscheidende und wichtige Funktion auf der Baustelle«, betont Karin Newald von der TÜV Austria Akademie. Der nächste Lehrgang findet online von 3. bis 5. März statt (max. Teilnehmerzahl 14).
Ebenso verantwortlich zeichnet der Baustellenkoordinator für die Umsetzung des vom Planungskoordinator erstellten SiGe-Plans (Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan) sowie dessen Anpassung. Begangen wird die Baustelle im Regelfall einmal pro Woche mit einem Polier. Dem Baustellenkoordinator obliegt dabei grundsätzlich nur Hinweispflicht, kein Durchsetzungsrecht. Wenn Ausführende die gesetzlichen Anforderungen nicht umsetzen, besteht Anzeigepflicht und das Arbeitsinspektorat wird informiert.
»Wir sind seit 20 Jahren am Markt, haben momentan um die 200 Projekte laufen«, berichtet Übleis und weiß: Je kleiner die Unternehmen, desto schwieriger scheint die Umsetzung der geforderten Maßnahmen im Sinne der geltenden Arbeitnehmerschutzvorschriften.
Erforderliches Grundwissen
Die Ausbildung zum Baustellenkoordinator wird von vielen Seiten angeboten. Oft werde laut Übleis nicht darauf hingewiesen, dass ohne bautechnische Ausbildung und entsprechende Erfahrung am Bau die Ausübung der Baustellenkoordination laut BauKG nicht zulässig ist. Eine Ausbildung zum Maschinenschlosser oder Sicherheitstechniker reiche nicht, erforderlich sei mindestens die Ausbildung zum Polier oder die Absolvierung einer HTL Hochbau/Tiefbau.
Wenn ohne ausreichende Grundkenntnisse gearbeitet wird, befinde man sich auf dünnem Eis. »Vielfach benötigen Bauunternehmen im Team jedoch Mitarbeiter, die alle die gleiche Sprache sprechen,« konkretisiert Karin Newald, Programmverantwortliche für den Bereich Bau- & Gebäudetechnik in der TÜV Austria Akademie.
Daher werden auch Mitarbeiter ohne ausreichendes Basiswissen geschult, u.a. in Haftungsfragen, SiGe-Plan, Präventivmaßnahmen und Baubesprechung. Der Weg der TÜV Austria Akademie, um Auszubildende vor für sie nicht erkennbare Risiken und damit Fehleinschätzungen zu bewahren: Der Lehrgang ist für alle frei zugänglich. Zur Prüfung und Zertifizierung zugelassen sind jedoch in der Folge ausschließlich Absolventen einer HTL oder eines Studiums wie Hochbau, Tiefbau, Kultur- und Wassertechnik oder einer baugewerblichen Ausbildung gem. BauKG.
Das Personenzertifikat Planungs- und Baustellenkoordinator gilt drei Jahre, danach ist eine Rezertifizierung möglich, die eine fachspezifische Weiterbildung im Umfang von mindestens acht Unterrichtseinheiten erfordert, z.B. in der Thematik Arbeitssicherheit am Bau, verhaltensorientierte Arbeitssicherheit, Richtlinien Baukoordination oder Rechtssicherheit. »Viele unserer Teilnehmer stehen nach einigen Jahren Berufspraxis vor der Herausforderung der Baustellenkoordination. Dafür müssen sie in allen entscheidenden Aspekten perfekt ausgebildet sein, es kann um Leben und Tod gehen«, betont Newald.