Die Baudokumentation ist für viele eine lästige Pflicht. Mit großem Fehlerpotenzial und weitreichenden Folgen. Die Digitalisierung hat vieles erleichtert, oftmals schießen die Softwareprogramme und -lösungen aber auch übers Ziel hinaus und gehen an den Bedürfnissen der Anwender vorbei. Ein Big Player wie Swietelsky geht in der Baudokumentation neue Wege und setzt auf Daten statt Dokumente.
Die Dokumentation gehört auf Baustellen nicht gerade zu den beliebtesten Aufgaben. Vor allem bei großen Projekten nimmt eine sorgfältige Dokumentation sehr viel Zeit in Anspruch. »Hinweise müssen notiert, Fotos geschossen und alle Daten im Nachgang digitalisiert werden. Und als ob das noch nicht genug wäre, wartet auf Bauleiter im Nachgang noch das Berichtswesen«, erklärt Patrick Christ, Geschäftsführer von Capmo, Spezialist für digitale Baudokumentation.
Nicht selten wird die Baudokumentation als lästige Pflicht gesehen, der Aufwand dafür auf ein Minimum reduziert. Das kann allerdings richtig teuer werden, denn ohne eine lückenlose und beweissichere Dokumentation, hat man bei Rechtsstreitigkeiten schlechte Karten. Entsprechend sieht auch Elmar Hagmann, Geschäftsführer beim Wiener Bauunternehmen Sedlak, in Sachen Baudokumentation vor allem zwei Herausforderungen. »Die größte Herausforderung liegt darin, den Bauablauf chronologisch, vollständig und nachweislich aufzunehmen und aufzubereiten. Eine weitere Herausforderung ist die Dokumentation im vertragsrechtlichen Sinn.«
Bild oben: »Ein großer Vorteil digitaler Baudokumentation ist die Verbesserung der Zusammenarbeit durch Transparenz. Während analoge Prozesse häufig von Intransparenz geprägt sind, bringen digitale Programme Projektpartner zusammen«, erklärt Patrick Christ von Capmo.
Mit der Digitalisierung sind auch in der Baudokumentation deutliche Fortschritte erzielt worden. Statt mit Stift und Papier ist man heute mit Handy und Tablet auf der Baustelle unterwegs. Dabei kommt es oft zu Medienbrüchen. Informationen finden sich in Fotos, Mails, Word- oder Excel-Dateien. »Trotz immer besserer Möglichkeiten wird es immer schwieriger, den Überblick zu bewahren. Wo und wann wurde ein Foto gemacht? Wie legt man ein Mail ab? Speichert man die Anhänge ebenfalls im Projekt ab? Und vor allem, wie findet man das, was man sucht«, umreißt Georg Bachler, Bauleiter und Hauptkalkulant beim Bauunternehmen Lux Bau, die Herausforderungen.
Eine Plattform für alle
Es reicht also nicht, analoge Prozesse digital abzubilden. Um Medienbrüche und Parallelitäten zu vermeiden, bietet eine digitale Baudokumentation im Idealfall eine zentrale Plattform, auf die alle Baubeteiligten zugreifen können. »Jede Information ist in Echtzeit verfügbar und am richtigen Platz abgelegt: im Projektraum des entsprechenden Bauprojektes. Lästiges Suchen von Dokumenten, Plänen oder Fotos entfällt«, erklärt Walter Fürthauer, Geschäftsführer von BauMaster. Statt wie bisher die Geschehnisse am Bau abends nach den Baustellenbesuchen festzuhalten, geschieht dies bei digitaler Baustellendokumentation schon vor Ort: Mit Handy oder Tablet werden Mängel, Besprechungen, Aufgaben, Termine und besondere Vorkommnisse gleich vor Ort erfasst.
Bild oben: »Alle Beteilgten arbeiten in einem Dokument. Diese Transparenz kann auch für Unbehagen sorgen. Denn jeder Fehler wird sichtbar. Aber daraus kann man lernen und wenn man die Fehler richtig kommuniziert, verhindert man, dass andere sie ebenfalls machen«, sagt Monika Ehlers, Leiterin der Abteilung digitale Unternehmensentwicklung bei Swietelsky.
Fotos können direkt bearbeitet und hinzugefügt werden und Planmarker erleichtern die Arbeit für Gewerke. Die am Markt befindlichen Softwarelösungen sind oftmals mächtige Instrumente, bieten zahlreiche Funktionen und laufen damit Gefahr, am Kunden vorbei entwickelt zu werden. »In der Regel übersteigen die Möglichkeiten der Programme unsere Bedürfnisse, Wünsche und damit auch oft unsere Fähigkeiten«, sagt selbst der als digital-affin geltende Elmar Hagmann. »Wir benötigen eine ›mitwachsende‹, ›mitlernende‹, einfach zu bedienende, intuitive Software, die weitgehend ohne externen Experten an unsere Anforderungen angepasst werden kann.« Denn eine vollintegrierte Lösung aus einer Hand werde es wohl nie geben, befürchtet Hagmann.
Daten statt Dokumente
Einen Schritt weiter geht man beim drittgrößten heimischen Bauunternehmen Swietelsky. Vor 1,5 Jahren wurde die Abteilung »digitale Unternehmungsentwicklung« gegründet. Unter der Leitung von Monika Ehlers geht es auch um das große Thema der Baudokumentation. »Im Laufe eines Projekts wird sehr viel dokumentiert, von Kosten über Zeit, Lieferung, Qualität bis zur Arbeitssicherheit. Das passiert verbal, über E-Mails oder Datenaustausch. Die größte Hürde ist das Finden der Information«, erklärt Ehlers. Die Dokumentation muss so gestaltet sein, dass man die benötigten Daten findet und einer Auswertung zuführen kann, um davon zu lernen.
Damit das gelingt, stellt man bei Swietelsky von der klassischen Ordnerstruktur, wo Informationen mal besser, mal schlechter auffindbar abgelegt werden, auf eine aufgabenbasierte Abwicklung und Dokumentation um. »Informationen werden immer im Kontext einer Aufgabe abgelegt und können dort jederzeit wiedergefunden werden«, erklärt Ehlers.
Alle Personen, die in eine Aufgabe involviert sind, arbeiten in einem Dokument. Der Fortschritt bei der Abarbeitung der Aufgabe ist zu jeder Zeit für jeden sichtbar. Diese Transparenz sorgt mitunter auch für Unbehagen. »Jeder Fehler wird sichtbar. Dafür brauche es auch die richtige Fehlerkultur«, so Ehlers.
Denn schließlich könne man aus Fehlern am meisten lernen. Und wenn man die Fehler richtig kommuniziere, verhindere man, dass andere sie ebenfalls machen. Zudem sorge die Transparenz dafür, dass immer alle den gleichen Informationsstand haben und man nicht die Frage stellen muss, welches Dokument aktuell ist. In Hinblick auf die Baudokumentation ist Ehlers Ziel, nicht mehr mit Dokumenten sondern mit Daten zu arbeiten. Denn Daten kann man auswerten, Dokumente nicht.«