OECD sieht in der Wohnungsgemeinnützigkeit ein Best Practice-Modell für leistbares Wohnen. Kosteneffizienz, Vermögensbindung und revolvierender Charakter überzeugen.
Das europaweit zunehmende Problem der Leistbarkeit von Wohnen hat in jüngerer Zeit auch bei der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) das Interesse verstärkt und dazu geführt ein eigenes Projekt ins Leben zu rufen, das sich speziell mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Wohnungsmärkten beschäftigt. Das starke Interesse der OECD zeigt aber auch, dass der Mangel an leistbarem Wohnraum zunehmend als volkswirtschaftliches Problem erkannt wird, das sich etwa in der Schwächung der Kaufkraft, in der geringeren Arbeitskräftemobilität und durch Chancenungleichheit manifestiert.
Zahlreiche Berichte und Empfehlungen wurden zu dem Thema bereits verfasst. Auch der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen wurde im Zuge von Workshops und Recherchen als Experte zu diesem Thema konsultiert. „Während es nicht das erste Mal ist, dass von internationalen Playern auf das österreichische Modell verwiesen wird, so ist es doch ein Unikum, dass die OECD nun konkrete Elemente der Wohnungsgemeinnützigkeit beschreibt und als Lösungsansätze vorschlägt“, freut sich Bernd Rießland über die positive internationale Bilanz im Jahr 2020.
Das österreichische Modell stößt insbesondere aufgrund seiner Kosteneffizienz und dem Prinzip der Vermögensbindung auf großes Interesse. „Das erwirtschaftete Kapital der Gemeinnützigkeit fließt durch seinen „revolvierenden“, also rückfließenden Charakter wiederum in die gemeinnützige Wohnungswirtschaft. Damit werden entweder neue Wohnungen errichtet oder bestehende instandgehalten bzw. renoviert. Der europäische Vergleich zeigt: “Die Sicherung eines funktionierenden Wohnungsmarktes durch das kostendeckende Angebot der GBVs senkt die Mieten dramatisch. Um Wohnen für die Menschen leistbar zu machen zahlt Österreich 5% aller Mietaufwendungen an die Vermieter. Im EU-Durchschnitt zahlen die Staaten 18% also 3,5mal so viel an die Investoren und in einzelnen Ländern sogar von 27% bis 53% an Wohnzuschüssen (Investorprämien). Das Marktsegment der GBV-Wohnungen ermöglicht also österreichischen Haushalten Wohnen in überdurchschnittlicher Qualität bei geringen Ausgaben der öffentlichen Hand“, resümiert Bernd Rießland.
Bereits Anfang des Jahres besuchte eine kleine Delegation des Verbandes die OECD in Paris, um dort das österreichische System der Wohnungsgemeinnützigkeit und dessen Bedeutung für den heimischen Wohnungsmarkt zu präsentieren. Seitdem sind bereits drei Berichte erschienen, in denen auf das österreichische System der Wohnungsgemeinnützigkeit als Best Practice-Modell eingegangen wird. Darüber hinaus hat OECD Generalsekretär Angel Gurría in seiner Eröffnungsrede der diesjährigen Housing Europe Konferenz im Oktober nochmals explizit auf Österreich verwiesen (link zu Video). „Dass sich eine derart anerkannte, internationale Organisation Input über die österreichische gemeinnützige Wohnungswirtschaft holt, zeigt, dass die wichtige Rolle unserer Branche für einen stabilen und ausgeglichen Wohnungsmarkt auch international anerkannt wird“, betonte Verbandsobmann Bernd Rießland.
Am konkretesten wird auf die österreichische Wohnungsgemeinnützigkeit in einem Bericht der OECD an die lettische Regierung eingegangen, in dem die Schaffung eines nachhaltigen und leistbaren dritten Sektors empfohlen wird:
Zitate aus dem Bericht
Im OECD-Bericht heißt es dazu: „Gemeinnützige Wohnungsanbieter (not-for-profit oder limited-profit) können eine wichtige Rolle in der Schaffung von leistbarem Wohnraum einnehmen, insbesondere in Kombination mit einem revolvierenden Fonds (i.e. der Sozialbindung des erwirtschafteten Vermögens). Gemeinnützige Wohnungsunternehmen sind normalerweise dazu verpflichtet, Überschüsse wieder in den Neubau oder die Sanierung zu investieren und deren Mieten sind in den allermeisten Fällen deutlich unter der gewerblichen/privaten Miete. Darüber hinaus schaffen es gemeinnützige Wohnbauträger Geldmittel aus dem öffentlichen als auch dem privaten Sektor zu lukrieren, wie dies etwa bei den gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen in Österreich der Fall ist.“
„Ein Teil der Miete kann dazu verwendet werden, um die Darlehen zurückzuzahlen und diese passen sich den Rückzahlungsmodalitäten an. Nach Rückzahlung könnten etwaige Überschüsse aus den Mieten dazu verwendet werden, um Kapital aufzubauen, welches wiederum in den Neubau und die Sanierung fließt. Um die Instandhaltung der Gebäude zu gewährleisten, könnte ein kleiner Aufschlag verrechnet werden, der dann speziell dafür verwendet wird. Dies ist zum Beispiel der Fall bei GBVs in Österreich, die 3,5% Eigenkapitalverzinsung und 2% Rücklagen zur Risikoabdeckung verrechnen dürfen.“