Die bekannte »Rot-Weiß-Rot – Karte« sollte die Zuwanderung von Fachkräften und qualifiziertem (Schlüssel-)Personal aus dem Ausland fördern. Doch der ursprünglich erhoffte Erfolg blieb auch nach mehrmaligen Adaptionen bei vielen Unternehmen aus. Daher entschloss sich der Gesetzgeber zu einer begrüßenswerten Gesetzesnovelle, die dem Fachkräftemangel zumindest in einigen Bereichen entgegenwirken könnte.
Von Marco Riegler und Georg Jeremia
Die »Rot-Weiß-Rot – Karte« wurde bereits im Juli 2011 eingeführt und sollte der erleichterten Zuwanderung von gut qualifizierten Drittstaatsangehörigen dienen. Allerdings stellte sich in der Praxis oft heraus, dass das Konzept vielerorts von Unternehmen, die von Fachkräftemangel betroffen waren, aufgrund von hohem Verwaltungsaufwand als unzureichend empfunden wurde. Der Gesetzgeber beschloss nunmehr zu handeln und verabschiedete erst kürzlich im Nationalrat eine Novelle, die deutliche Erleichterungen für den Zugang zur »Rot-Weiß-Rot – Karte« vorsieht.
>> Entfall des Nachweises einer ortsüblichen Unterkunft <<
Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist an diverse Kriterien geknüpft, die auf den ersten Blick oftmals als nicht schwer erfüllbar erscheinen. Unter anderem hatte die potenzielle Fachkraft nachzuweisen, dass er oder sie einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft hat, »die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird«.
Tatsächlich zeigte die Vergangenheit, dass genau bei diesem Kriterium in der Praxis die ersten Probleme auftauchten. Während der Nachweis einer Unterkunft in der Regel noch ohne größere Probleme erbracht werden konnte, bereitete aber das Kriterium der »Ortsüblichkeit« aufgrund von unterschiedlichen Auslegungsverständnissen bzw. komplizierten Vorgaben für den Nachweis der Ortsüblichkeit erhebliche Schwierigkeiten. So sah der VwGH als angemessenes Abgrenzungskriterium vor, ob Personen in vergleichbarer familiärer Situation, in vergleichbaren Wohngegenden zu einem noch ins Gewicht fallenden Anteil vergleichbare Wohnungen so nutzen, wie dies der Antragsteller tut. Bereits diese Formulierung deutet auf den in der Praxis hohen Aufwand zum Nachweis der Erfüllung dieses Erfordernisses hin. Andere Verwaltungsgerichte zogen als Maßstab wiederum die Vergabekriterien des gemeinnützigen Wohnbaus oder die statistisch pro Person zustehende Nutzfläche heran. Diese bisher schwierig zu handhabende Voraussetzung stellte eine Hemmschwelle dar, die die Beantragung einer »Rot-Weiß-Rot – Karte« für Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht immer attraktiv machte. Mit der nun beschlossenen Gesetzesnovelle soll jedenfalls dieses Hindernis zukünftig wegfallen, womit der Drittstaatsangehörige nicht mehr nachzuweisen hat, ob er oder sie über eine ortsübliche Unterkunft verfügt. Unumstritten war diese Änderung in der politischen Debatte aber keinesfalls: Einerseits wurde vor »Massenquartieren« und Zuwanderung in Zeiten ohnehin hoher Arbeitslosigkeit gewarnt. Andererseits wurde der Abbau von Bürokratie gelobt, wodurch man auch dem eigentlichen Ziel der »Rot-Weiß-Rot – Karte« näherkommen sollte. Aus Sicht des Rechtsanwenders ist der Entfall unbestimmter Gesetzesbegriffe jedenfalls grundsätzlich zu begrüßen. Schließlich wird damit die Rechtssicherheit erhöht. Daneben sind die positiven Auswirkungen für die Arbeitgeber, die eine »Rot-Weiß-Rot – Karte« für ihren (zukünftigen) Mitarbeiter beantragen möchten, durch die zu erwartende Verfahrensvereinfachung/-beschleunigung nicht zu unterschätzen.
Daneben bringt die Novelle mit sich, dass auch Drittstaatsangehörige von in Österreich aufhältigen BürgerInnen des Europäischen Wirtschaftsraumes in Zukunft eine »Niederlassungsbewilligung« beantragen können. Auch für sie entfällt der Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft. Darüber hinaus besteht nach einem zweijährigen Aufenthalt in Österreich die Möglichkeit, auf eine »Rot-Weiß-Rot – Karte plus« umzusteigen. Mit dieser ist ein unbeschränkter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verbunden. Wesentliche Erleichterung dabei ist der Entfall eines »Quotenplatzes«: Bisher war dies nämlich nur möglich, wenn die pro Bundesland zur Verfügung stehende »Rot-Weiß-Rot – Karte plus«-Anzahl nicht bereits überschritten wurde.
>> Fazit <<
Im Ergebnis zeigt sich, dass der Gesetzgeber mit der Novelle versucht, dem Mangel an Fachkräften und an qualifiziertem Personal auch mit der »Rot-Weiß-Rot – Karte« entgegen zu wirken. Besonders in der aktuellen COVID-19-Pandemie sind Unternehmer ohnehin mit herausfordernden arbeitsrechtlichen Fragen konfrontiert, weswegen allgemeine Verfahrensvereinfachungen zur Anstellung von Fachkräften genau zum richtigen Zeitpunkt kommen.
Die Autoren: MMag. Marco Riegler (l.) ist Partner und Arbeitsrechtsexperte, Dr. Georg Jeremias ist Rechtsanwaltsanwärter bei ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH.
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