Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Andrea Trapp, Leiterin von Dropbox-Business für Zentral- und Nordeuropa, über Dropbox-Lösungen für die Bauwirtschaft und aktuelle Forschungsprojekte des Cloud-Giganten. Außerdem erklärt sie, warum »aufgezwungene Technologien« keine Chance haben und welche Folgen Corona auf das Arbeiten der Zukunft hat.
Report: Die Coronakrise hat der Digitalisierung noch einmal einen Schub gegeben. Dropbox kennt jeder PC-User, viele aus dem privaten Bereich oder um Dokumente zentral zu speichern. Dass Dropbox auch Branchenlösungen anbietet, ist weniger bekannt. Welche Lösungen hat Dropbox speziell für die Bauwirtschaft?
Andrea Trapp: Digitalisierung ist immer auch ein großes Ja zur Zusammenarbeit auf neuen Wegen, und Kollaboration ist der Grundpfeiler jedes erfolgreichen Projekts. Teams vor Ort und im Büro müssen reibungslos zusammenarbeiten, um Projekte von der Ausschreibung bis zur Übergabe zu bringen. Für den sicheren Versand der aktuellen Version von Bauplänen an Mitarbeiter oder den Zugriff auf Dateien vor Ort brauchen Teams die richtigen digitalen Werkzeuge, um reibungslos und effizient zusammenzuarbeiten.
Dropbox Business als Plattform hilft in Bauprojekten, Inhalte und Aktivitäten zentral zu erfassen, Auftragsorte zu verbinden und Projekte sicher zu verwalten.Mit der Smart Sync-Funktion kann auch auf der Baustelle oder unterwegs auf große Renderings, Baupläne und Baustellenvideos zugegriffen werden.
Über die Verbindung von Dropbox mit wichtigen Branchentools wie zum Beispiel Autodesk, HelloSign, Adobe, Fieldwire, PlanGrid oder Procore wird der gesamte Ablauf eines Projekts über eine Schnittstelle greifbar, womit Verzögerungen oder aufwendiges Hin- und Herschalten zwischen den Tools vermieden werden.
Unser Ziel ist es, eine durchgehende Kollaboration durch die Koordination von Teams und Auftragsorten zu unterstützen. Das senkt natürlich zugleich maßgeblich die Betriebskosten.
Report: Wo sehen Sie den größten Mehrwert der Dropbox-Lösungen?
Trapp: Viele Studien haben gezeigt, dass unsere Arbeitsweisen völlig veraltet sind und wir oft ineffizient arbeiten, weil unser Fokus häufig von den eigentlichen Arbeitsinhalten abgelenkt wird. Unser Arbeitstag ist von Unterbrechungen durchfurcht, die uns davon abhalten, das zu tun, wofür wir eigentlich eingestellt wurden.
Dropbox hat das erkannt und löst diese Probleme mit dem im Herbst 2019 eingeführten digitalen Arbeitsplatz, dem Smart Workspace. Wir unterstützen in Europa und weltweit Firmen beim Ausbau ihres Geschäfts, weil wir den modernen Arbeitsplatz und alle Themengebiete rund um Remote Work, Homeoffice oder ganz grundsätzlich das verteilte Arbeiten globaler Teams vorantreiben.
Report: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung aus Ihrer Sicht auf das Bauwesen?
Trapp: Der rasante Wandel unserer Gesellschaft fordert das traditionsbewusste Bauwesen mehr denn je heraus, mit neuen Ideen und innovativen Konzepten zu reagieren. Bauen wird sich in den kommenden Jahren enorm weiterentwickeln. In den Smart Cities des 21. Jahrhunderts werden ITK-Technologien gezielt zur Steigerung von nachhaltigem Wachstum und Verknüpfung von allen Bereichen des öffentlichen Lebens wie z.B. Energie, Mobilität, Stadtplanung oder Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt.
Hier sind modulare Bauteile aus nachhaltigen Rohstoffen bei der Planung und Erweiterung nicht mehr wegzudenken. Mit einheitlicheren und trotzdem flexibel konfigurierbaren Modulen werden auch die Wartung und Instandhaltung der Gebäude in Zukunft erleichtert. Durch effizientes Recycling und den Re-Use von ganzen Gebäudesektionen bleiben Wertstoffkreisläufe künftig weitgehend geschlossen und der CO2-Fußabdruck ist somit kleiner.
Zudem werden Technologien wie der 3D-Druck oder Roboter auch in der Baubranche verstärkt zum Einsatz kommen. Im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung werden alle Beteiligten auf der Baustelle immer stärker vernetzt sein und die Visualisierungen der Pläne neue Formen annehmen. Durch digitale Plattformen sinkt auch der administrative Aufwand. Lästiger Papierkram, lange Korrektur- und Abstimmungsschleifen mit unerwünschten Zeitverzögerungen verschwinden zu Gunsten agiler Kollaboration in Echtzeit.
Report: Haben Sie den Eindruck, dass Sie manchmal Pionierarbeit leisten müssen in Sachen Digitalisierung?
Trapp: Lange galt das Paradigma, dass sich sämtliche Herausforderungen durch Technologie lösen lassen. Doch dieses Versprechen wurde nicht eingelöst. Statt dass Technologie sich am Menschen orientiert, muss sich dieser seit der industriellen Revolution an der Maschine orientieren. Der Gedanke, dass die IT den Mitarbeitern immer eine Lösung vorschreibt, ist veraltet.
Prozesse sind selten zu 100% gleich und jeder Kunde ist unterschiedlich. Die technische Revolution in der Arbeitswelt ist ein zweischneidiges Schwert. Arbeit wird immer unübersichtlicher, da wir ständig zwischen verschiedener Software und unterschiedlichen Tools hin- und herspringen. Dabei geht häufig der Kontext verloren. Anstatt uns dabei zu helfen, fokussiert unserer Arbeit nachzugehen, haben all diese Anwendungen es schier unmöglich gemacht, genau das zu tun.
Die Aussage »so haben wir das schon immer gemacht« zieht längst nicht mehr. Langsam zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab: Weg von aufgezwungener Technologie hin zu gemeinsamen Entscheidungen – basierend auf der Erkenntnis, dass Vertrauen in die einzelnen Anwender für jede progressive IT-Strategie essenziell ist.
Report: Sind neue Produkte und Lösungen in der Pipeline? Woran wird bei Dropbox aktuell gearbeitet und geforscht?
Trapp: Die Corona-Pandemie hat die Stärken, aber auch Schwächen verteilter Arbeitsmodelle – wie der krisenbedingt weit verbreiteten Arbeit aus dem Homeoffice – offenbart. Doch auch schon vor Covid-19 waren wir bei Dropbox der Überzeugung, dass »Distributed Work« der Schlüssel zur Lösung vieler Probleme des traditionellen Arbeitsplatzes sein kann.
Durch strategische Übernahmen und Partnerschaften versuchen wir, unsere Plattform stetig weiter zu optimieren. 2019 haben wir beispielsweise »HelloSign« übernommen. HelloSign eröffnet neue Wege, Arbeitsabläufe rund um Verträge und Vereinbarungen durch rechtsverbindliche elektronische Unterschriften zu beschleunigen und zu optimieren, einfach zu automatisieren, zu verwalten und abzulegen. So können Geschäfte schneller zum Abschluss gebracht werden, das Onboarding neuer Mitarbeiter fällt leichter und Formulare werden fehlerfrei ausgefüllt.
Report: Welche langfristigen Auswirkungen wird die aktuelle Situation auf das Arbeiten der Zukunft haben?
Trapp: In den kommenden acht bis zehn Jahren wird die Generation der Babyboomer und damit etwa ein Drittel der Gesellschaft ins Rentenalter eintreten. Das reißt eine riesige Lücke in den Arbeitsmarkt. Auch wenn der Arbeitsmarkt unter Corona leidet und die langfristigen Auswirkungen noch nicht endgültig absehbar sind, werden sich Unternehmen um einen kleineren Talent-Pool gut ausgebildeter Nachwuchskräfte streiten müssen.
Eine besondere »Loyalität« zu einem bestimmten Tool oder einer »Wall-to-wall«-Infrastruktur gibt es in der jüngeren Generation nicht – die künftigen Leistungsträger wünschen sich am Arbeitsplatz Tools, die mit jenen mithalten können, die sie aus ihrem privaten Umfeld gewohnt sind. Fähige Entscheider tragen Sorge, dass jede und jeder genau die Werkzeuge zum Arbeiten bekommt, mit denen sich der vom Arbeitgeber gewünschte Output hervorbringen lässt.
Jedes Unternehmen, das nicht bereit ist, alte Spurrillen zu verlassen und neue Wege zu beschreiten, wird in den kommenden Jahren des Generationenwandels mit gravierenden Marktnachteilen und fehlendem Unternehmensnachwuchs bestraft werden. Wir setzen daher auf eine sichere Lösung mit offenen Schnittstellen, um den Anforderungen der Zukunft an den modernen digitalen Arbeitsplatz gerecht zu werden.