Vieles war neu, manches wie immer: Der Baukongress stand heuer erstmals ganz im Zeichen der Digitalisierung, seit längerem mal wieder im Zeichen einer guten Baukonjunktur und wie immer im Zeichen des Socializing.
Die Stimmung beim Baukongress war auch heuer wieder gut. Das ist sie aber eigentlich immer, handelt es sich doch um einen der wichtigsten Treffpunkte und Networking-Events der Branche. Aber heuer wurde die Stimmung noch einmal befeuert von der guten Konjunktur und dem vorherrschenden Bauboom. Während man sich in der Vergangenheit am Baukongress auch schon mal traf, um gemeinsam die Wunden zu lecken, herrschte heuer bei fast allen Ausstellern und Besuchern Hochstimmung.
Nicht nur Doka-Geschäftsführer Walter Schneeweiss berichtete etwa von einem hervorragenden wirtschaftlichen Umfeld. Zwar gab er auch zu bedenken, dass in solchen Hochphasen natürlich immer auch die Gefahr der Überhitzung schlummere, seiner guten Stimmung tat dies aber Abbruch. Auch sonst hörte man viel von hoher Auslastung, guten Absatzmengen und Kunden, die nach Jahren der Tristesse endlich wieder Investitionsbereitschaft und Aufbruchsstimmung versprühen. Einzige Wermutstropfen für viele Unternehmen sind die nach wie vor niedrigen Preise und der hohe Margendruck (siehe auch S. 40f). So hat man bei Sika etwa das dezidierte Ziel ausgegeben, Preise und Margen nachhaltig zu erhöhen.
Formal wie inhaltlich stand der Baukongress im Zeichen der Digitalisierung. Heuer gab es etwa eine eigens für die Veranstaltung entwickelte Kongressapp und zahlreiche Vorträge zum Thema Building Information Modeling (BIM) in der erstmals abgehaltenen Vortragssession »Planen, Bauen und Betreiben mit BIM«.
Darin bot man auch einen kurzen Ausblick auf die im Herbst erscheinenden ÖBV-Richtlinie »BIM in der Praxis«. Sie könnte einer der zentralen Hebel sein, um BIM auch in der täglichen Praxis zum flächendeckenden Durchbruch zu verhelfen. »Da sie von Bauherrn, Ausführenden, Planern und der Baustoffindustrie gemeinsam erarbeitet wurde, ist auch die Akzeptanz nach außen garantiert,« ist ÖBV-Vorstandsvorsitzender Peter Krammer überzeugt.
Aber natürlich gibt es auch ein Leben abseits von BIM. Im Stundentakt wurde in Fachvorträgen gezeigt, was im Bereich der Bautechnik heute alles möglich ist. Dabei ging es etwa um Stadtentwicklung im Großmaßstab, wie das Eurogate 2.0, bei dem bis zu 300.000 m² Geschoßflächen geschaffen werden, Bauen im Quartier Belvedere auf 19 m hohen Stelzen, oder über Erfahrungen beim größten Wohnungsbau in Holzbauweise in der Schweiz, einer Hochgebirgsbaustelle in 3.000 m Höhe und der Bau der Metro in Doha.
Insgesamt strömten rund 2.000 Gäste aus 13 Ländern ins Austria Center Vienna, um einen der über 50 Vorträge zu hören, zu netzwerken und sich im Rahmen einer Ausstellung mit rund 100 Ständen über Produktneuheiten zu informieren. Während andere Großevents eine Hauptzielgruppe im Blick haben, besuchen den Baukongress Bauherren (24%) ebenso wie Baufirmen (30%). Abgesandte von Ingenieurbüros (17%) füllen die Hallen des Austria Center genauso wie jene von Zulieferfirmen (14%) und Universitäten sowie FHs (15%). »Ich freue mich, dass sich der Baukongress in den fast 70 Jahren seines Bestehens zu einem der wichtigsten Bauevents im deutschsprachigen Raum entwickelt hat und heute als die wohl neutralste Plattform für alle am Bau Beteiligten fungiert«, erklärt ÖBV-Geschäftsführer Michael Pauser.
And the Winners are...
Zum zweiten Mal wurde heuer im Rahmen des Baukongresses der Koop Award verliehen. Dabei zeichnet die Österreichische Bautechnik Vereinigung ÖBV in den Kategorien Hoch- und Tiefbau Projekte aus, die für mehr Mit- und weniger Gegeneinander, für mehr direkte Kommunikation und weniger Anwaltspost stehen. »Mit dem Koop Award wollen wir ein Zeichen setzen, wie Projekte mit mehr Kooperation sowohl besser als auch ökonomischer werden«, erklärt ÖBV-Geschäftsführer Michael Pauser. Die diesjährigen Preisträger sind die Bauvorhaben »Umbau Knoten Prater« und »WHA In der Wiesen Süd«.
Das Hochbauprojekt zeichnete sich mehrstufige Workshops mit Anrainern, Stadtplanung und Fachleuten sowie Pufferzeiten sowohl in der Planung als auch der Ausführungsphase aus.
Beim Knoten Prater wurde honoriert, dass es im Projektteam aus Auftraggeber, ausführenden Firmen, Planern und Bauaufsicht sehr gemeinschaftlich zuging und daraus auch ein volkswirtschaftlicher Nutzen erzielt wurde. Außerdem war die Detailplanung bereits zur Ausschreibung fertig und es wurde eine Vorbereitungszeit von 4,5 Monaten zur Abstimmung von Bauherrn, Planer und Unternehmer eingeplant.
Seitenblicke am BMÖ-Stand
Traditionell befindet sich der Stand des Betonmarketing Österreich (BMÖ) im Mittelpunkt des Ausstellungsbereich am Baukongress. Inhaltlich ging es vor allem um die Zukunft des Betons. In diesem Zusammenhang wurden einige ausgewählte Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte vorgestellt. So wird etwa im Bereich Textilbeton an der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes TEXon das Potenzial der Vorarlberger Stickereien hinsichtlich textiler Bewehrungsstrukturen ausgelotet und die technische Stickerei in 2D und 3D zur Marktreife entwickelt. Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt bei Schalentragwerken und einer frühen Integration der Technologie im Bereich der additiven Fertigungsprozesse (3D-Druck).
Präsentiert wurde auch die XC® Holz-Beton-Verbunddecke des Joint Venture der Kirchdorfer Gruppe und der Mayr-Melnhof Holding AG. Das X steht für Xlam – cross laminated timber (Brettsperrholz) –, das C für concrete (Beton). Die Qualitäten beider Baustoffe – Beton/Druck und Holz/Zug – werden somit vereint.
Aus der Schweiz wurde das Forschungsprojekt »Digitale Fabrikation – innovative Bauprozesse in der Architektur« vorgestellt, das u.a. einen marktreifen Einsatz von 3D-gedruckten Sandschalungen für Beton hervorgebracht hat. Weiters ausgestellt waren 3D-Betondrucke von Baumit und Overtec, der Dämmschaum AIRIUM von Lafarge, sowie zukunftsweisende Ansätze in der Weiterentwicklung der Thermischen Bauteilaktivierung.