Aufwärts im Gebäude. Aufwärts im Design. Aufwärts in der Technologie. Die Aufzugsbranche ist permanent innovativ. Der Bau+Immobilien Report hat einen Blick in die Forschungsabteilungen der wichtigsten Hersteller geworfen.
In der Antike und im Mittelalter dienten die wenigen vorhandenen Aufzüge ausschließlich dem Lastentransport. Heute bilden Aufzüge Herz und Kreislauf eines Gebäudes. Zwei Drittel der Menschheit werden 2050 in Städten mit zwangsläufig höheren Gebäuden wohnen. Damit steht die Aufzugsbranche vor neuen Aufgaben. Aufzüge dürfen nicht länger als geschlossenes System betrachtet werden. Peter Schnieper, Vorsitzender der Geschäftsführung von Schindler: »Wir müssen heute die Weichen stellen, um den künftigen Bedarf des Kunden decken zu können.« Der Aufzug ist bereits digital – speziell, wenn viele Teile intelligent kooperieren wie etwa Zutrittskontrolle und Türen. Kone spricht die reichlich vorhandenen Aufzugsdaten an, die durch die Vernetzung entstehen und die es zu bändigen gilt. Schindler hat daher etwa letztes Jahr eine Kooperation mit Apple ausgerollt und investiert in seine Verkehrsmanagementsysteme.
Energieeffizienz
Die durchschnittliche Lebensdauer eines Aufzugs bei sachgemäßem Gebrauch und richtiger Wartung liegt bei mehr als dreißig Jahren. Aufzüge bilden damit eine Ausnahme in unserer kurzlebigen Zeit – Handelsprodukte werden bereits nach ein bis zwei Jahren getauscht. Daher wächst die Forderung nach Nachhaltigkeit. Bis zu zehn Prozent der Gebäudeenergie entfallen auf den Aufzugsantrieb – mit modernen Energieeffizienzmaßnahmen ist eine Halbierung möglich. Wesentlich ist der Einsatz von Aufzügen der letzten Generation. Einsparungen bis zu 70 Prozent sind durch intelligente Schachtentrauchungsanlagen und energierückgewinnende Antriebe, LED und Standby-Optionen möglich. Kone verweist auf seinen energiesparenden EcoDisk kombiniert mit LED-Lichtlösungen und regenerativen Antrieben.
»Damit lassen sich in einem Wohnhaus mit sechs Geschoßen etwa 10.000 bis 15.000 KWh/a einsparen, was 2.200 Euro bis 3.300 Euro entspricht«, informiert Günter Baca, Mitglied der Geschäftsführung. Eine deutliche Energieersparnis bieten auch IntelliVent Schachtentrauchungs- und Lüftungssysteme. Seit Jahren bewährt ist das PORT-Steuerungssystem von Schindler. Für Wohnhäuser, wo Aufzüge nur ein bis zwei Stunden am Tag genutzt werden, bietet Otis das Power-Down-Modul. Otis setzt auch auf Polyurethan-Gurte, die bis zu 20 Prozent leichter als herkömmliche Stahlseile sind, getriebelose Synchronmaschinen mit Permanentmagneten, die bis zu zwei Mal effizienter arbeiten als konventionelle Getriebeantriebe, sowie die Gurt-Technologie, die eine Reduzierung des Triebwellendurchmessers auf bis zu 77 mm und damit energiearme Trägheitsmomente ermöglicht.
Der GeN2 Switch erfüllt dank sparsamer LED-Beleuchtung, Standby-Modus und der Rückspeisung von gewonnener Energie mittels ReGen den Anforderungen der Energieeffizienzklasse A. Entscheidend für Energieeffizienz ist der Leichtbau, die Reduktion bewegter Massen. Viel Know-how dazu hat Schindler aus seinem Solarprojekt Solar Impulse 2 gewonnen. »Modernste Materialien wie Carbon machen den Aufzug viel leichter und erhöhen die Lebensdauer um das Doppelte«, betont Peter Schnieper. Kone vertraut u.a. auf Pappelsperrholz, das leicht und sehr feuchtigkeitsresistent ist, höchste mechanische Widerstandsfähigkeit aufweist und sich damit gut für Aufzugsböden eignet. Das Aufzugsseil UltraRope besteht aus einem Carbonfaser-Kern und wiegt nur 18 Prozent eines konventionellen Stahlseiles mit vergleichbarer Tragkraft. Energieeffizienz muss gemessen und beobachtet werden, etwa durch eine Fahrkomfortmessung, die alle Bewegungen in den unterschiedlichen Achsen misst. Alles, was ruckelt, frisst Energie.
PV für den Aufzug?
Energieeffizienz und -autarkie werden vielfach mit Solar und PV assoziiert, die bereits im Aufzugswesen angekommen sind. In einem Zinshaus in Wien Hernals wird etwa ein Aufzug von Otis mit Solarpaneelen entlang des Aufzugsturms betrieben. Der selbst erzeugte Strom wird zwischengespeichert und bei Bedarf zur Verfügung gestellt. »Der autarke Aufzug kostet in der Installation mehr – der Gen2 Switch bei Otis etwa um 15 Prozent. Aufgrund steigender Energiepreise liegt die Zukunft aber eindeutig in der nachhaltigen und kostenfreien Energieerzeugung«, so Roman Teichert von Otis. Schindler hat das PV-Kapitel mit einem Solaraufzug in Barcelona begonnen. »Noch ist der Solaraufzug ein Nischenprodukt«, gibt Peter Schnieper zu. Aber man müsse das Thema umfangreicher betrachten und heute Akzente für morgen setzen.
Kone hat bereits 2006 den solarbetriebenen SuperEco eingeführt, PV sei aber erst langfristig eine grüne Alternative. Es gäbe laut Günter Baca noch zu viele Mängel. »Solarstrom hat sowohl ökonomisch als auch ökologisch einen hohen Preis. Leistbares Wohnen verträgt sich noch nicht mit dem Solaraufzug.« Die Anschaffungskosten liegen um bis zu 80 Prozent höher, Basis ist ein Standardaufzug mit fünf Halten. Hoch effiziente PV-Paneele und Speichersysteme setzen eine Investition zwischen 10.000 und 20.000 Euro voraus. Die PV-Recycling-Industrie befindet sich erst im Aufbau. Eine ökologische Alternative zum klassischen Antrieb bildet daher die Verwendung von Ökostrom.
Digitaler Personenfluss
Aufzüge managen heute die Personen- und Warenströme im Gebäude. Otis optimiert den Personenfluss durch das Compass Destination Management. Bei Kone gewährleisten die People Flow Intelligence Solutions reibungslosen Personenfluss. Schindler berücksichtigt mit der Weiterentwicklung von PORT zu myPORT den gesamten Verkehrsfluss vom Betreten des Gebäudes bis zum Eintreffen im Büro oder der eigenen Wohnung.
Sicherheit + Komfort
Die Aufzugsfahrt ist ein optisches und haptisches Erlebnis. Nichts ist schlimmer als ein lautes Umfeld und Ruckeln der Kabine. »Wir streben den Triple-A- Fahrkomfort an, der üblicherweise nur in Hochleistungsaufzügen vorhanden ist«, betont Günter Baca. »Er kostet zwar wesentlich mehr, vermeidet dafür später Materialverschleiß, hohe Energiekosten und Bewohnerunzufriedenheit.« Wohl fühlen sich BewohnerInnen auch im GEN2Life von Otis, der die Kabine als neuen Raum im Gebäude konzipiert. Ausgehend von den Ausstattungsvarianten Natural und Modern kann diese durch zahllose Ausstattungsvarianten individuell gestaltet werden. Der Cab-Designer ist das Tool für das persönliche Design.
Das hochauflösende Display eView unterhält und informiert während der Fahrt und schafft damit eine neue Kommunikation innerhalb des Gebäudes. Kone bietet seit 2012 einen Online Kabinendesigner an. Nicht übersehen werden darf der Punkt Raumeffizienz. »Dies trifft v.a. alte Objekte, wo außen nichts angebaut werden kann«, so Baca. Zum Thema Sicherheit: 50 Prozent der Aufzugsanlagen sind älter als 20 Jahre. Oberste Priorität muss daher die Hebung des Sicherheitsstandards sein. Dazu bietet Kone ein innovatives Notrufsystem. Der Aufzug kontrolliert, ob sich jemand in der Kabine befindet, speziell wenn es sich um einen Notruf handelt, macht einen Bildabgleich, verifiziert Abweichungen von der leeren Kabine und benachrichtigt im Notfall die Zentrale.