Ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung der Energiewende sind Geschäftsmodelle zur Vor-Ort-Nutzung von dezentral regenerativ erzeugtem Strom. Dazu braucht es neben der Anpassung des Elektrizitätsrechts auch Reformen im Wohnrecht und der Wohnbauförderung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie unter der Leitung des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen IIBW.
Mittels Photovoltaikanlagen auf Dächern oder Fassaden dezentral regenerativ erzeugter Strom kann schon heute für die allgemeinen Teile eines Mehrwohnungsgebäudes genutzt werden. Auch die Einspeisung in das öffentliche Netz ist möglich. Für eine breite Marktdurchdringung braucht es aber zusätzlich Modelle, wie der erzeugte Strom direkt an Wohnungsmieter, Wohnungseigentümer oder gewerbliche Nutzer auf derselben oder benachbarten Liegenschaften über dezentrale Mikronetze verkauft oder sonst gewinnbringend verwertet werden kann. Dabei gibt es gleichermaßen technische, wirtschaftliche, energie-, wohn- und konsumentenschutzrechtliche Aspekte zu beachten.
Hinsichtlich der technischen Machbarkeit sieht Studienautor Wolfgang Amann vom IIBW angesichts der hohen Innovationsdichte nur geringe Barrieren. Auch die wirtschaftliche Machbarkeit verbessere sich durch die anhaltende Kostendegression der einzelnen Komponenten laufend.
Weitaus größer sind die rechtlichen Hürden. Energierechtlich betrifft das unter anderem die freie Lieferantenwahl oder den zwingend vorgeschriebenen eigenen Zählpunkt pro Wohnung.
»Eine Anpassung des Elektrizitäzsrechts ist essenziell, aber nicht ausreichend«, erklärt Amann. »Es besteht auch dringender Reformbedarf im Wohnrecht und in der Wohnbauförderung der Länder.« Im Wohnungseigentumsrecht sind etwa zahlreiche Aspekte der praktischen Umsetzung von PV-Gemeinschaftsanlagen unzureichend klargestellt. Die energetische Zieldefinitionen der Wohnbauförderung wiederum stammen in weiten Teilen aus dem Jahr 2009 und beziehen sich überwiegend auf den Heizwärmebedarf. Weder werden passive Solargewinne noch die Vor-Ort-Nutzung regenerativer Energie berücksichtigt. Ausnahmen, die die Gesamtenergieeffizienz miteinbeziehen, gibt es lediglich in Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg.
Fazit
Die Studie »STROMBIZ – Geschäftsmodelle dezentrale Stromerzeugung und Distribution« zeigt, dass »bei entsprechenden Rahmenbedingungen die dezentrale PV-Stromerzeugung auch bei einem Auslaufen der geförderten Einspeisetarife und trotz der in Österreich niedrigen Strompreise wirtschaftlich darstellbar ist«. Dafür braucht es allerdings energie- und wohnrechtliche Reformen. Dazu Wolfgang Amann: »Mit gutem Willen ist das Elektrizitätswirtschafts-und-organisationsgesetz zeitnah reformierbar. Beim Wohnrecht wird es kompliziert. Das Mietrechtsgesetz ist auf Grund gelaufen und bewegt sich überhaupt nicht. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz sollten leichter reformierbar sein. Ein Ansatzpunkt wäre, strittige Themen strittig sein zu lassen (›agree to disagree‹) und gleichzeitig die vielen Themen, bei denen ein Konsens möglich ist, in ein Paket zu packen und umzusetzen.«