Eine aktuelle Studie der TU Graz zeigt, dass die in der Praxis vorkommenden Preisunterschiede von 20 bis 30 Prozent zwischen Entsendebetrieben aus dem Ausland und heimischen Betrieben legal nicht erklärbar sind und formuliert Handlungsempfehlungen im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping für den Gesetzgeber, aber auch für Auftraggeber und Auftragnehmer.
Seit der Öffnung des Arbeitsmarktes im Jahr 2011 hat sich die Zahl der der Finanzpolizei vorliegenden Entsendemeldungen aus dem Ausland kontinuierlich erhöht. Wurden 2011 noch 2.540 Dienstnehmer aus dem Ausland zu Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt, waren 2015 bereits 35.900 entsandte Arbeitnehmer zu verzeichnen. Den stärksten Anstieg gab es bei Arbeitnehmern aus Ungarn, Slowenien, der Slowakei und Polen. Da sind die Entsendungen im Zeitraum von 2010 bis 2015 um stolze 253 Prozent gestiegen. Daneben ist laut Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei, zusätzlich von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen.
Diese Entsendungen sind an sich völlig legal. Problematisch ist, dass – wie in einer aktuellen Studie der TU Graz festgestellt – Preisunterschiede zwischen heimischen Betrieben und Entsendungsbetrieben von 20 bis 30 Prozent keine Seltenheit sind. Diese Spanne ist legal nicht mehr zu erklären. Für einen Arbeitnehmer, der nach dem österreichischen Arbeitsrecht beschäftigt wird und der österreichischen Sozialversicherung unterliegt, errechnet sich laut Studie ein Mittellohnpreis von 40,52 €/Std. Die Mittellohnpreise für entsandte Arbeitnehmer, welche aus Slowenien, Polen, Ungarn und Rumänien legal in Österreich beschäftigt werden, betragen im Vergleich dazu zwischen 35,47 €/Std und 36,60 €/Std. Der maximale Preisvorteil von 12,4 % ergibt sich bei entsandten Arbeitnehmern aus Slowenien und Rumänien. Die entsandten polnischen und ungarischen Arbeitnehmer weisen ebenfalls Preisvorteile von 10,9 % und 9,7 % auf. Das liegt vor allem an den geringeren Lohnnebenkosten. Würden die Entsendebetriebe alle gesetzlichen Vorgaben einhalten, wäre laut Studie ein durchschnittlicher Preisunterschied von zehn Prozent gegenüber heimischen Betrieben erklärbar. Alles, was darüber liegt, deutet auf »illegale Machenschaften im großen Stil«, wie es der steirische Bau-Innungsmeister Alexander Pongratz formuliert.
Die Praxis gibt Pongratz recht, denn bei Kontrollen der Finanzpolizei zeigt sich, dass viele ausländische Arbeitnehmer weit unter Kollektivvertrag entlohnt werden oder die doppelte Arbeitszeit leisten müssen. »Es gibt praktisch keine Unterlagen, die uns nicht schon als Totalfälschungen untergekommen sind. Vom Dokument der Anmeldung zur Sozialversicherung über die ZKO-Meldung bis zu den Lohnunterlagen wird alles von Fälscherwerkstätten produziert«, so Lehner.
Handlungsempfehlungen Die Studie »Einfluss von Lohn- und Sozialdumping auf den Wettbewerb in der Bauwirtschaft« der TU Graz formuliert konkrete Handlungsempfehlungen – nicht nur an den Gesetzgeber, sondern auch an Auftraggeber und Auftragnehmer. Ein Auszug: ➢ Beschränkung der Subunternehmerketten ➢ möglichst zutreffend und genau formulierte Ausschreibung ➢ Durchführung einer verursachungsgerechten Kalkulation |