Donnerstag, Februar 20, 2025
Zeitersparnis als zentraler Nutzen
Notar Dr. Ulrich Voit ist Sprecher der Österreichischen Notariatskammer. (Bild: Julia Dragosits/ÖGIZIN)

Die Digitalisierung notarieller Dienstleistungen liefert ­einen Mehrwert insbesondere für Unternehmen.


Vor 50 Jahren wurde ein zentrales Testamentsregister etabliert, später ein zentrales Vertretungsverzeichnis. Im Jahr 2000 wurde mit CyberDoc das elektronische Urkundenarchiv geschaffen. Europaweit gilt das Österreichische Notariat als Digitalisierungspionier. Aufgabe der Notar*innen ist, die Ergebnisse ihrer Arbeit und öffentliche Urkunden für die Nachwelt zu erhalten – seit vielen Jahren auch im digitalen Raum. Seit 2020 können Klient*innen wesentliche Dienstleistungen elektronisch abwickeln und auch digital unterzeichnen. Beispiele dafür sind die Gründung einer Gesellschaft durch Errichtung eines Notariatsakts, die beglaubigte Unterfertigung einer Pfandurkunde oder die Erteilung einer Vollmacht. Sofern ein PC oder Laptop, eine stabile Internetverbindung und eine gültige Handysignatur vorhanden sind (ID-Austria), kann eine digitale notarielle Dienstleistung durchgeführt werden. Sprich: Die Urkunde wird besprochen, sofern erforderlich verlesen und signiert.

»Dieses Service wird bereits gut angenommen. Es bietet eine erhebliche Erleichterung in bestimmten Situationen, etwa bei einem Aufenthalt im Ausland«, beschreibt Ulrich Voit, Sprecher der Österreichischen Notariatskammer. »Ist eine Person im Ausland und der Gang zu einem Konsulat oder einer Botschaft nur schwer möglich, gibt es dafür nun eine Lösung.« Mit der ortsunabhängigen Möglichkeit der Zusammenarbeit erreiche man auf jeden Fall auch jene, die es bereits gewohnt sind, »digital zu arbeiten und digital zu denken«, so Voit.

Der persönliche Kontakt ist den Menschen immer noch wichtig, weiß Voit, der selbst Notar ist. Digitale Dienstleistungen dienen daher als Alternative zum traditionellen Notarstermin in der Kanzlei, eine Pflicht für Klient*innen online Termine wahrzunehmen bestehe natürlich nicht. Digitale notarielle Dienstleistungen können nur unter bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen werden. Insbesondere müssen sich Notar*innen davon überzeugen, dass Klient*innen in ihren rechtlichen Interessen genauso geschützt werden, wie dies bei einem persönlichen Termin in einer Kanzlei möglich ist. Man möchte einen Schutz vor Übereilung, die Beratung und Aufklärung durch den Notar und die freiwillige Unterfertigung einer Urkunde sicherstellen. Die Berufspflichten im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind genauso zu beachten. Die Identität der Parteien ist zweifelsfrei festzustellen, was bei Fehlen der ID-Austria durch speziell zertifizierte Serviceanbieter erfolgen muss – im Zuge wachsender Fake-Profile im Internet ein besonders wichtiges Unterfangen.

Rechtlich verbindliche Dokumente direkt am eigenen Arbeitsplatz besprechen und unterzeichnen zu können, wird gerade von Unternehmen willkommen geheißen. Im Vorjahr wurden in Österreich über 36.000 Unternehmen neu gegründet, davon rund 4.700 GmbHs. Jedes Jahr werden tausende Unternehmen an Betriebsnachfolger weitergegeben, vererbt oder auch geschlossen sowie neue Organe wie Geschäftsführer bestellt. Mit der Digitalisierung werden Abläufe beschleunigt, Zeit und Reisekosten eingespart. »Ich habe so rechtzeitig bei Firmenumgründungen begleiten können, obwohl knapp vor einem Stichtag einer der Gesellschafter gerade in Kroatien war«, berichtet Voit.

Aktuell dürfen alle notariellen Leistungen außer der Errichtung eines Testamentes online abgewickelt werden. Bei einigen Tätigkeiten wollen die Notar*innen besondere persönliche Vorsicht walten lassen, etwa bei der Beglaubigung der Unterschrift eines Elternteils auf einer Reiseerlaubnis für minderjährige Kinder oder beim Aufsetzen eines Ehevertrages. Dort ermöglicht die persönliche Begegnung eine bessere Einschätzung über die Freiwilligkeit der Leistung einer Unterschrift.

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