Donnerstag, November 21, 2024
Digitalisierung der Serviette
Stefan Wailand, Geschäftsführer von Datenpol: »Unsere größten Konkurrenten sind Papier und manuelle Prozesse.« (Credit: Datenpol)

Stefan Wailand, Geschäftsführer des Business-Software-Spezialisten Datenpol, tritt als Lösungspartner für kleine und mittlere Unternehmen an, manuelle Prozesse ­nachhaltig abzulösen.

Welche Neuerungen gibt es im Odoo-Portfolio von Datenpol? Worauf fokussieren Sie derzeit?

Stefan Wailand: Wir setzen den Fokus auf neue Funktionalitäten – einerseits bei bestehenden Modulen in die Tiefe, aber auch Entwicklungen zu neuen Modulen, die gerade am Markt gebraucht werden. Odoo launcht jedes Jahr eine neue Version seiner ERP-Suite. Sie wird im November auf der Fachkonferenz »Odoo Experience« offiziell gelauncht.

Durch den Open-Source-Ansatz ist die Entwicklung auf technischer Ebene sehr transparent. Neue Funktionen kommen permanent hinzu und können einfach von Interessierten und Versierten anhand des Codes erkannt werden. Bei der Konferenz werden dann offiziell die neue Oberfläche, neue Funktionsweisen und die Strategie der Weiterentwicklung diskutiert. Odoo ist ein immer noch junges Unternehmen, das mit neuen Ansätzen disruptiv den ERP-Markt aufmischt.

Sie setzen im deutschsprachigen Raum Odoo-Implementierungen in Unternehmen um. Womit punkten Sie?

Wailand: Unser Vorteil ist, das wir Projekte in Teilen oder auch komplett sehr schnell umsetzen können – im Gegensatz zu etwa einer SAP-Implementierung. Mit knapp über 40 Mitarbeitern arbeiten wir auf Augenhöhe mit unserer Zielgruppe KMU oder auch mit Teilbereiche von großen Organisationen. Die Professionalität von Odoo zeigt sich dann beispielsweise auch mit Projekten mit der öffentlichen Hand in Österreich zur Abwicklung von Bürgerservices.

Wie sieht ein typisches Implementierungsprojekt aus? Wann setzen Unternehmen auf Odoo respektive Datenpol?

Wailand: Das ist nicht pauschal beantwortbar, denn jedes Projekt ist natürlich anders. Von unserem Zugang her denken wir stets in End-to-end-Prozessen. Das bewirkt, dass Umsetzungen auch schnell live geschaltet werden können. Wenn wir bei einer ERP-Implementierung nicht auf Bereiche und bestehende Strukturen fokussieren, sondern von Beginn an unterschiedliche handelnde Akteure quer über den Prozess involviert sind, wird auch die Projektlast – wie wir es nennen – sehr gut aufgeteilt. Ein Scale-up-Unternehmen zum Beispiel hat bereits einen gewissen Reifegrad seines Produkts oder Services erreicht, benötigt nun aber softwaregestützte Prozesse in einem größeren Rahmen für weiteres Wachstum und Skalieren. Wenn man es schafft, die Prozesse durchgehend zu digitalisieren, können Unternehmen unabhängig von Standorten und Abteilungsgrenzen wachsen. 

Welchen Stellenwert haben optimierte Geschäftsprozesse auch bei dem derzeit knappen Angebot am Arbeitsmarkt? Es gibt kaum ein Unternehmen, dass nicht händeringend nach Mitarbeiter*innen sucht.

Wailand: Für viele Unternehmen ist es derzeit tatsächlich schwer, über Personal zu wachsen. Services oder Produkte, die skalieren, müssen entsprechend auch in der Administration abbildbar sein – nichts anderes tun diese Systeme. 

Ein Tool ist dennoch nur so gut, wie es mit den richtigen Daten gefüttert wird.

Wailand: Nur einer kleinen Zahl an Unternehmen ist bewusst, wie wichtig Daten gerade auch für ihren Vertrieb sind. Sie bilden einen Schatz. Meist gibt es bereits große Mengen an Daten in den Organisationen – man muss sie nur so schneiden, dass die richtige Person mit dem passenden Inhalt angesprochen wird. Jene, die das verstanden haben, sind in ihrem Vertrieb sehr erfolgreich unterwegs.

Datenpol entwickelt auch Softwarelösungen für Berufsgruppen, die auf Odoo aufsetzen. Was tut sich hier gerade?

Wailand: In einer Initiative mit Steuerberatern, aktuell mit Ecovis, arbeiten wir an einer Lösung für die Zeiterfassung für die Kunden der Kanzleien. Es geht darum, von Papier, Serviette oder selbstgebasteltem Excel in eine einheitliche Form der Erfassung zu kommen. Die Daten sollen dann auch in der Lohnverrechnung weiterverarbeitet werden können. Denn auch in der Lohnverrechnung herrscht oftmals Personalknappheit, mit manuellen Prozessen kommt man nicht mehr zurande. Die Kapazitäten sind einfach nicht da. Die Kunden der Steuerberater bekommen mit unserer Odoo-Lösung eine strukturierte Zeiterfassung, die einfach in der Nutzung ist und einen Komfortgewinn für alle Anwender bietet. Das wirkt sich gleichzeitig auf die Effizienz aus. Das bedeutet auch, dass Lohnverrechnung auch günstiger werden kann, bei gleichzeitig steigender Qualität.

Wir unterstützen damit auch Unternehmen in anderen Branchen. Es ist ein weiteres Beispiel für unsere Arbeit am Prozess, unabhängig von der Art des Geschäfts eines Unternehmens. Die Software Odoo ist so breit aufgestellt, dass sie selbst keinen Branchenfokus hat, sondern auf eine gesamtheitliche Digitalisierung in der Wirtschaft abzielt. 

Mit wem sehen Sie sich im direkten Mitbewerb?

Wailand: Unsere größten Konkurrenten sind sicherlich nicht andere Softwareanbieter, sondern Papier und manuelle Prozesse. Hier gibt es noch sehr viel Potenzial in der österreichischen Unternehmenslandschaft. Das auszuschöpfen, sehen wir als unsere Aufgabe. Ein Zwei-Personen-Unternehmen benötigt sicherlich keine große ERP-Strategie. Man hat dort andere Herausforderungen. Aber Unternehmen mit vielleicht 20 bis 100 Mitarbeitenden benötigen mitunter dringend eine Digitalisierung und Konsolidierung. Dort sind wir bei Einführungen in der Regel mit historisch gewachsenen Insellösungen konfrontiert – Excel, Word, eventuell ein kleines Buchhaltungstool und eben auch Papier. Im handwerklichen Bereich setzen manche bereits auf digitalisierte Prozesse beim Servicetechniker, der mit dem Tablet zum Kunden kommt. Andere wiederum arbeiten immer noch mit Block und Stift.

Setzen Unternehmen auch auf Lösungen aus der Cloud?

Wailand: 80 Prozent der Unternehmen gehen in die Cloud, da sie Kosteneffizienz und viele Sicherheitsvorteile liefert. Der Rest bleibt aufgrund von internen Policies oder Spezialanforderungen vielleicht zum Datenschutz oder auch zu Performancethemen, die von einem Standardprodukt in der Cloud nicht abgedeckt werden kann, im On-Premises-Bereich. Je kleiner ein Unternehmen ist, desto stärker raten wir, aus Gründen der Kosten und Sicherheit auf die Cloud zu setzen.

Welche weiteren technischen Trends erwarten Sie von Herstellern wie Odoo? Sind das KI-Features?

Wailand: Ja, das Thema künstliche Intelligenz prägt auch den Business-Software-Markt. Odoo hat beispielsweise kein statisches Benutzerhandbuch mehr, was ich für den richtigen Ansatz halte. Das sind Aufgaben, die eine KI zehnmal besser erledigen kann. Die Erkennung von Text oder Rechnungsinhalten gibt es bereits. Wir sehen nun viele weitere Einsatzgebiete, in denen KI-Elemente Menschen und Prozesse unterstützen werden – bis hin zu automatisierten Datenanbindungen in der Beschaffung oder im Nachbestellungsmanagement. Dinge wie Mindestbestand oder saisonale Anpassungen werden heute händisch vom Menschen aufgrund von Erfahrung geregelt. Hier wird eine KI gut unterstützen können. Ich würde mir wünschen, dass es noch stärker in Richtung Benutzerhilfen und Vorschläge im täglichen Betrieb geht.

Wir wollen Menschen begeistern, neue Technologien und Lösungen als Chance zu sehen. Der Wechsel von Papier oder alten Tools auf ein neues IT-System bedeutet immer eine Veränderung – im Idealfall werden Prozesse auch neu designt. Man verlässt seine Komfortzone, diese Veränderungen wirken aber mit Sicherheit positiv nach. 


Das Unternehmen

Der Business-Software-Anbieter Odoo mit Sitz in Belgien bietet ein breites Applikationsportfolio von rund 30 Anwendungen für unterschiedlichste Geschäftsanforderungen, die in der Open-Source-basierten ERP-Suite Odoo integriert sind. Die weltweite Community umfasst mehr als 4.500 Partner mit über 40.000 Apps (größter App-Store für ein ERP am Markt momentan). Installationen beginnen bei Ein-Personen-Unternehmen bis zu Enterprise-Größen von mehr als 300.000 Benutzer*innen. Größter Implementierungs- und Entwicklungspartner in Österreich ist Datenpol mit über 40 Mitarbeiter*innen an den Standorten Linz und Wien – und mit Kunden im gesamten DACH-Raum.

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