Bei einem großen Finale in Berlin wurden in sechs Kategorien die Gewinner*innen des 21. eGovernment-Wettbewerbs von BearingPoint und Cisco ausgezeichnet. Das Projekt "ID Austria" zählt zu den Kategoriegewinnern.
Eine Fachtagung für die Digitalisierung der Verwaltung bot am 7. September den Rahmen für die feierliche Preisverleihung der besten Projekte zur Verwaltungsmodernisierung in Deutschland und Österreich. Bereits tagsüber wurde auf dem Ministerialkongress deutlich, dass der Druck auf die einzelnen Verwaltungsakteure (vor allem in Deutschland) zu erhöhen ist, die Digitalisierung in der Fläche zu bewerkstelligen - und insbesondere leistungsfähige IT-Infrastrukturen ein Hebel für den Wirtschaftsstandort sind.
Auch in diesem Jahr reichten Bund, Länder und Kommunen zahlreiche Projekte zur Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung ein. Aus 19 Finalisten prämierte die unabhängige Jury schließlich die Gewinnerprojekte. Diese zeigen eindrucksvoll, dass Modernisierungsvorhaben mit großem Elan vorangetrieben werden. „Die Strahlkraft, die von den ausgezeichneten Projekten und Teams ausgeht, soll andere Behörden inspirieren, eigene Modernisierungsprojekte weiter zu fokussieren. In unserem Wettbewerb haben die Gewinner gezeigt, wie leistungsfähig unsere Verwaltung bei der Schaffung von Leuchtturmprojekten ist. Jetzt gilt es diese in der Fläche auszurollen“, fasst Jon Abele, Leiter Public Services und Mitglied der Geschäftsführung bei BearingPoint, die Projekte zusammen.
Vielfalt unter den Gewinnerprojekten
Die bestimmenden Themen der Siegerprojekte reichen von Hilfen für Ausländer*innen, einem Online-Dienst mit kollaborativen Möglichkeiten, einer sicheren digitalen Signatur bis zum „digitalen Einkleiden“. Auch die Überwindung von Bürokratie durch ein agiles Mindset, eine Low-Code-Plattform und die konsequente und nachhaltige Digitalisierung des Auswahlverfahrens von Bewerber*innen verdeutlicht die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten. Es waren Visionäre am Werk, die motiviert an einer Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltung arbeiten.
„Die IT-Landschaft verändert sich und so hat sich auch der Wettbewerb in diesem Jahr wieder erneuert. Mit der Kategorie ‘Nachhaltigkeit durch Digitalisierung’ zeigen wir, dass IT einmal mehr eine zentrale Rolle für eine drängende gesellschaftliche Herausforderung spielt. Ich freue mich sehr über die vielen eingereichten positiven Beispiele zum Thema ,IT for Green‘ und wie mit Digitalisierung die Nachhaltigkeit beschleunigt werden kann“, betont Jonas Rahe, Mitglied der Geschäftsleitung bei Cisco Deutschland.
Beispielgebend für die Leistungsfähigkeit der österreichischen Verwaltung im Bereich E-Government ging das Projekt "ID Austria" ins Rennen, das seit Mitte des Jahres im Bundesministerium für Finanzen verantwortet wird. Und prompt wurde die umfangreiche Weiterentwicklung der Handy-Signatur in der Kategorie "Bestes Projekt zum Einsatz innovativer Technologien und Infrastrukturen" mit dem ersten Platz auszeichnet. Sektionschefin Maria Ulmer und Mitarbeiter Johannes Rund übernahmen stellvertretend für das Projektteam den Siegerpokal in Berlin.
„Die ID Austria als eindeutige behördlich ausgegebene digitale Identität stellt einen Qualitätssprung dar. In Zukunft profitieren neben Bürgerinnen und Bürgern auch Unternehmen und die Verwaltung von den zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten. ID Austria gewährleistet eine einfache, selbstbestimmte, sichere und transparente Bereitstellung von Daten. Sie steigert somit die Effizienz bestehender Prozesse und ermöglicht neue Service, wie der Bereitstellung digitaler Ausweise", betont Maria Ulmer, Bundesministerium für Finanzen. "Diese digitale Identität ist die einzige, die nach der EIDAS Verordnung europaweit anerkannt ist und gemäß dieser als erste mobile eID mit dem Sicherheitsniveau 'hoch' notifiziert wurde. Insofern freut uns die Begründung der Jury 'als Vorzeigemodell für eine europaweite digitale Identität' ganz besonders.“
Die Preisträger 2022 im Überblick
Kategorie 1: Bestes OZG- oder Registermodernisierungsprojekt
Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg: „OZG-EfA-Leistung Aufenthaltstitel“
Jurymitglied Prof. Peter Parycek, Mitglied im Digitalrat der Deutschen Bundesregierung: „Die OZG-EfA-Leistung ,Aufenthaltstitel‘ hat den Beweis der Umsetzbarkeit des Einer-für-Alle-Prinzips erbracht. Zum Zeitpunkt der Präsentation im Juni hatten 120 der 528 Ausländerbehörden die EfA-Leistung bereits implementiert. Die Cloud-Architektur ermöglichte eine schnelle Skalierung, Standardisierung aber auch Anpassungsfähigkeit an spezifische Anforderungen der Behörden. Die Nachnutzung von EfA-Leistungen ist somit Realität.“
Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern: „Digitaler Bauantrag – Digitalisierung des Lebenszyklus Bauen“
Jurymitglied Prof. Maria Wimmer, Dekanin an der Universität Koblenz-Landau: „Der Digitale Bauantrag aus Mecklenburg-Vorpommern ist beispielgebend für eine für alle Beteiligten nutzbringende OZG-Umsetzung, die nun allen Bundesländern über den FIT-Store zur Verfügung steht. Auch wenn der Bauantrag ein vielschichtiges und komplexes Verfahren ist, ist es dem Projektträger eindrucksvoll gelungen, mit dem ,Vorgangsraum‘ eine kollaborative Antragsstellung und -bearbeitung zu ermöglichen. Insgesamt ein sehr stimmiger Ansatz!“
Kategorie 2: Bestes Projekt zum Einsatz innovativer Technologien und Infrastrukturen
Bundesministerium für Finanzen: „ID Austria“
Jurymitglied Martin Szelgrad, Chefredakteur „Telekom & IT Report“, Report Verlag: „ID Austria ermöglicht die einfache und sichere Unterschrift digitaler Dokumente und bietet einen praktischen Zugang zu Services der Verwaltung und Wirtschaft. Durch den hohen Sicherheitsstandard und die Möglichkeit für Nutzende, selbst zu entscheiden, welche Daten an Unternehmen weitergeben werden, taugt ID Austria auch als Vorzeigemodell für eine europaweite digitale Identität. Datenschutz und die Hoheit über die persönliche Daten sind die großen Herausforderungen in digitalisierten Märkten heute. Dieses Projekt wurde in allen Facetten hervorragend umgesetzt und geht den europäischen Weg – der nicht Geschäftsinteressen Einzelner, sondern die Bürger*innen im Fokus hat.“
Kategorie 3: Bestes Digitalisierungsprojekt in Bund, Ländern und Kommunen
BWI GmbH: „BundesWEAR“
Jurymitglied Prof. Dagmar Lück-Schneider, Fachgebiet Verwaltungsinformatik, HWR Berlin: „Mit dem Projekt BundesWEAR zeigt die BWI, dass es auch jenseits typischer Verwaltungsprozesse beachtliche Digitalisierungspotenziale zu heben gibt. Niedrigschwellig werden künftig mit dem eigenen Smartphone qualitativ gute Datengrundlagen für die von den SoldatInnen benötigten Bekleidungsstücke erhoben. Diese und weitere persönliche Ausstattungsgegenstände können so aus den entsprechenden Servicestationen des Bundeswehrbekleidungsmanagements schnell unter erheblicher Einsparung von Zeit, Fahrten und Personal aufwandsarm an die Kasernen der SoldatInnen ausgeliefert werden. Gleichzeitig erscheint die Lösung auch für andere öffentliche Aufgabenbereiche, wie z. B. für die Feuerwehr oder Polizei interessant, von privaten Anwendungsfeldern ganz zu schweigen.“
Kategorie 4: Bestes Projekt zur agilen Transformation
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: „DVN - Programm Digitale Verwaltung Niedersachsen“
Jurymitglied Franz-Reinhard Habbel, Publizist und Autor: „Kommunikation und Zusammenarbeit sind zwei zentrale Bausteine zukunftsgerichteter Kooperation. Das Programm Digitale Verwaltung Niedersachsen ist ein wichtiger Meilenstein für eine neue Verwaltung und setzt Zeichen in ganz Deutschland bei der behördeninternen und behördenübergreifenden Zusammenarbeit. Das Projekt überwindet klassische Bürokratie durch ein agiles Mindset. Der damit verbundene Kulturwandel ist ein großer Beitrag zur Modernisierung der Verwaltung. Das Land Niedersachsen leistet hier Pionierarbeit.“
Kategorie 5: Bestes Kooperationsprojekt
Senatskanzlei Hamburg und das Bundesministerium des Innern und für Heimat: „Modul-F“
Jurymitglied Manfred Klein, Redaktionsleiter, eGovernment Computing: „Nicht nur die OZG-Umsetzung krank daran, dass die notwendigen eGovernment-Anwendungen nicht schnell genug entwickelt werden können. Das Produkt MODUL-F aus Hamburg zeigt hier mit seiner Lowcode-Plattform einen Weg, wie technisch anspruchsvolle und sichere Dienstleistungen, die auch den besonderen Anforderungen von Verwaltungen genügen, schnell entwickelt und eingesetzt werden können.“
Kategorie 6: Bestes Projekt „Nachhaltigkeit durch Digitalisierung“
Fernstraßen-Bundesamt: „Digitalisierung des Bewerberauswahlverfahrens im Fernstraßen-Bundesamt“
Jurymitglied Andreas Burren, Leiter ICT-Koordination, Digitale Verwaltung Schweiz: „Rekrutierungsgespräche virtuell durchführen, für viele unvorstellbar. Doch nicht nur die beeindruckende Einsparung des prozessbedingten CO2-Ausstosses durch den Wegfall von An- und Rückreisen zum Vorstellungsgespräch, sondern auch die Verkürzung der Prozessdurchlaufzeit sowie die individuelle Zeitersparnis der Prozessbeteiligten überzeugten selbst hartnäckige Skeptiker. Besonders beeindruckt, dass ein vermeintlich naheliegendes, technisch einfaches Digitalisierungsprojekt durch Empathie, Sorgfalt, Fachwissen sowie mit großem persönlichem Engagement zur Blaupause für die erfolgreiche und nachhaltige Gestaltung von kulturellen Veränderungsprozessen werden kann.“
Den Publikumspreis, ermittelt per Online-Voting, gewann der Landkreis Rostock mit dem Projekt „Das digitale Kreisarchiv – E-Akte neu gedacht“. Das Projekt zielt auf die konsequente und umfassende Digitalisierung der Prozesse des Kreisarchivs ab.
Organisiert wird der eGovernment-Wettbewerb seit dem Jahr 2000 von BearingPoint und Cisco. 2022 steht er unter der Schirmherrschaft von Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat. Über 50 Projektteams haben dieses Jahr ihre innovativen Vorhaben zum Wettbewerb eingereicht.
Bild: Konstantin Gastmann