Glasfaseranschlüsse sind eine wesentliche Voraussetzung für attraktive Wirtschaftsstandorte. Das Problem: bei Kund*innen ist Glasfaser zwar beliebt, doch wirklich genutzt wird der Anschluss nicht, die Take-up-Rate stagniert seit Jahren. Weshalb? Eine neue Umfrage der Technologieberatung BearingPoint geht der Sache auf den Grund.
Die Mehrheit der Befragten wäre bereit, monatlich mehr Geld für einen Glasfaseranschluss zu zahlen und präferiert Glasfaser sogar gegenüber anderen Technologien. Trotzdem liegt laut Angabe der Umfrageteilnehmer*innen in Deutschland die Nutzung von DSL mit über 50 Prozent und in Österreich die Nutzung von Kabel und Mobilfunk mit jeweils über 30 Prozent noch deutlich vor Glasfaser. Die Gründe für die nur langsam steigende Nutzung der Glasfaseranschlüsse liegen vor allem in mangelndem Wissen, hohen Preise und langen Wartezeiten.
Geringe Nutzung, aber großes Interesse
Gerade einmal 16 Prozent der Deutschen und 14 Prozent der Österreicher*innen nutzen laut Angabe der Umfrageteilnehmer bisher einen Glasfaseranschluss. Doch bei Erhalt eines guten Angebots würden laut der Umfrage knapp zwei Drittel der Endkundinnen und -kunden zu Glasfaser wechseln. Vorausgesetzt Service und Preis sind mindestens identisch, sieht eine Mehrheit in beiden Ländern die Glasfasertechnologie klar vor allen anderen Technologie-Lösungen und verbindet damit eine zukunftssichere Internetversorgung. Zu den Gründen für einen Wechsel gehören neben der Bandbreite auch beispielsweise die Immobilienwertsteigerung, Energieeffizienz sowie persönliche Weiterbildung und gesellschaftlicher Status. Die große Mehrheit der Befragten in Deutschland (73 Prozent) und in Österreich (80 Prozent), die wechselbereit sind, würden für einen Wechsel zum Glasfaseranschluss sogar ihren Internetanbieter wechseln.
Endkunden fehlen Grundkenntnisse
Die Mehrheit der Endkunden verbindet mit der Glasfasertechnologie positive Assoziationen wie „schnell“, „zukunftsorientiert“, „Stabilität der Leitung“ und „modern“. Es stellt sich die Frage, warum Glasfaser dennoch nur von einer Minderheit genutzt wird – selbst, wenn ein Glasfaseranschluss theoretisch verfügbar wäre – wenn doch die Mehrheit viele Vorteile in der Glasfasertechnologie sieht und wechselbereit ist. Ein Grund: Fehlende Kenntnisse zu den Vorteilen und Nachteilen der einzelnen Festnetz-Technologien. Laut der Umfrage weiß über die Hälfte der Menschen sowohl in Österreich als auch Deutschland nicht ausführlich über diese Technologien Bescheid.
Preissensitivität als Hindernis für den erhofften Marktdurchbruch
Wie die neue Umfrage zeigt, liegt die Zahlungsbereitschaft für Glasfaseranschlüsse noch unter dem aktuellen Marktangebot von derzeit meist rund 80 Euro. Demnach wären die Deutschen bereit, im Mittel (Median) 54 Euro pro Monat für einen Glasfaseranschluss zu zahlen und die Menschen in Österreich würden 36 Euro investieren. Beide genannten Medianwerte liegen über den Kosten für die aktuell genutzten Internetanschlüsse der Endkunden (Median aktueller Internetanschluss Deutschland: 40 Euro, Österreich: 33 Euro).
Was aufhorchen lässt: Laut Umfrage würden Personen, die überdurchschnittlich gut über Netzanschlüsse aufgeklärt sind, rund 31 Prozent mehr für einen Glasfaseranschluss bezahlen als unaufgeklärte Personen. Informationskampagnen könnten also ein wichtiger Schlüsselbaustein sein, um die Zahlungsbereitschaft für Glasfaser zu verbessern und so den Marktdurchbruch einzuleiten.
Marcel Tietjen, Partner bei BearingPoint, meint: „Unsere Umfrage zeigt eine hohe Bereitwilligkeit der Endkunden zum Wechsel zu Glasfaser. Das lässt sich an der hohen Wechselbereitschaft trotz Transferkosten aber auch an den überwiegend positiven Assoziationen, wie z.B. ‚schnell‘, ‚modern‘ und ‚zukunftsorientiert‘ festmachen.“ Julius Hafer, ebenfalls Partner, erklärt weiter: „Die Endkunden werden aktuell noch durch vergleichsweise hohe Preise und lange Wartezeiten für Glasfaseranschlüsse abgeschreckt. Dazu kommt, dass viele Menschen immer noch zu wenig über die Vorteile von Glasfaser wie die niedrigere Latenz aber auch einen deutlich geringeren Energieverbrauch Bescheid wissen.“
Hier seien sowohl Anbieter aber auch die Regulierung dringend gefordert, ihre Informationskampagnen auszubauen. „Ein Blick ins Ausland zeigt, dass gerade dann ein ‚Fiber-Fieber‘ ausgebrochen ist, wenn die Kunden von den Anbietern sehr konkrete Service-Versprechen erhalten haben“, konkretisiert Hafer.
Baustellen und lange Wartezeiten
Mehr als jede*r dritte Deutsche und jede*r fünfte Österreicher*in ist unzufrieden mit dem Glasfaserausbau. Diese Unzufriedenheit seitens der Kundschaft könnte laut Studienautoren auch ein Grund dafür sein, dass sie sehr offen bei der Auswahl ihres Anbieters sind. Zwar präferieren die Umfrageteilnehmer die großen Anbieter, sie sind aber auch offen gegenüber städtischen und lokalen Anbietern oder neuen Unternehmen.
Die für den Glasfaseranschluss notwendige Baustelle von etwa einer Woche akzeptieren in Deutschland 62 Prozent und in Österreich 52 Prozent der Befragten. Wenn es jedoch um die Wartezeit von der Bestellung bis zur Inbetriebnahme des Glasfaseranschlusses geht – diese liegt meist bei sechs bis zwölf Monaten – sinkt die Kaufbereitschaft der Endkunden. In Deutschland würden 40 Prozent der Befragten diese Wartezeit akzeptieren, in Österreich sogar nur 36 Prozent.
Über die Umfrage
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Umfrage von BearingPoint, die über das Marktforschungsinstitut YouGov Deutschland durchgeführt wurde. An der Online-Umfrage nahmen zwischen dem 12. und 18. Juli 2022 insgesamt 2078 Personen in Deutschland (1025) und Österreich (1053) teil. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die jeweilige Bevölkerung ab 18 Jahren.
(Infografiken: BearingPoint)