Technologieunternehmen ebenso wie Medien sind mit veränderten Rahmenbedingungen konfrontiert und müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen, ebenso wie neue Geschäftsfelder finden. Ein Gastkommentar von Wolfgang Hesoun, Generaldirektor Siemens AG Österreich.
Vor Jahren veranstaltete ein US-amerikanischer Fotograf die erste größere Online-Veranstaltung der Welt, bei der mehrere tausende Menschen aus allen fünf Kontinenten Fotos für eine Webseite beisteuerten. Auch wenn sich dieses Beispiel wie eine Geschichte aus längst vergangener Zeit anhört, wir blicken dabei auf das Jahr 1996 zurück.
In den letzten 25 Jahren hat sich die Welt von Grund auf verändert. Unter anderem hat die Digitalisierung Einzug in das Leben aller Menschen gehalten. Die Idee des World Wide Webs war damals noch sehr jung. Nur einige Jahre zuvor startete es in der heutigen Form. Auch wenn die Geschichte von Siemens noch viel länger zurück reicht, eine lange Vergangenheit ist keine Selbstverständlichkeit, aber noch viel weniger ein Präjudiz für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft.
1847 setzte Werner von Siemens mit der Entwicklung des Zeigertelegrafen den Grundstein unseres heutigen Erfolges. Siemens steht für technische Leistungsfähigkeit, Innovation, Qualität und hat sich über die Jahre zu einem führender Technologie- und Softwarekonzern entwickelt. Basis dafür ist ein stets an die veränderten Rahmenbedingungen angepasstes Geschäftsmodell, wie auch die laufende Suche nach neuen Geschäftsfeldern.
Veränderte Medienwelt
Siemens hat sich zum Ziel gesetzt, die physische mit der digitalen Welt zu verbinden – stets mit dem Anspruch, daraus einen Nutzen für unsere Kunden und die Gesellschaft zu generieren. Dabei fokussieren wir uns auf die Gebiete intelligente Infrastruktur bei Gebäuden und dezentrale Energiesysteme, Automatisierung und Digitalisierung in der Prozess- und Fertigungsindustrie, sowie intelligente Mobilitätslösungen für den Schienenverkehr. Automatisierungstechnologien, Software und Datenanalytik spielen in all diesen Bereichen eine große Rolle.
Aber nicht nur bei uns – auch in der Medienwelt und im Wirtschaftsjournalismus hat sich in den letzten 25 Jahren vieles verändert. So haben das Web 2.0 und das Aufkommen von Social Media die Art und Weise unseres Kommunikations- und Diskussionsverhaltens verändert. Während früher einige wenige Informationsanbieter einer großen Anzahl von Medienkonsumenten gegenüber standen, können sich Medienkonsumenten heute innerhalb von Sekunden über Ereignisse aus der ganzen Welt informieren, bekommen durch Videos, die ins Netz gestellt werden, tiefe Einblicke in menschliches Freud und Leid, nutzen unterschiedliche Geräte, wie Smartphones oder Tablets parallel zum Fernsehangebot.
Eine ganze Generation von Nutzern sucht inzwischen keine traditionellen Nachrichtenmedien mehr auf, sondern wartet, bis ihnen Neuigkeiten personalisiert in den Instagram-Feed gespielt werden, liken, sharen oder kommentieren diese und nehmen so aktiv auf Inhalte Bezug. Hinzu kommt ein zunehmend hoher wirtschaftlicher Druck auf Medienredaktionen, eine schwierige Monetarisierung von Online-Inhalten, wie auch eine immer geringere Aufmerksamkeitsspanne der Medienkonsumenten.
Journalismus ist nicht nur Meinungsbildung. Seriöser und professioneller Wirtschaftsjournalismus reduziert die oft sehr komplexen Sachverhalte auf das Wesentliche, stellt den Verbraucher in den Mittelpunkt, informiert über wirtschaftliche Entwicklungen und standortrelevante Themen und beeinflusst so auch das Wirtschaftsleben.
Ich kann daher nur hoffen, dass auch Medien à la longue ihre Geschäftsmodelle an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen können, dass Medienkonsumenten weiterhin auf reflektierte und fachlich versierte Wirtschaftsberichterstattung vertrauen können. Ich wünsche auf diesem Weg allen Wirtschaftsjournalistinnen und -journalisten für die nächsten 25 Jahre und darüber hinaus viel Erfolg.