Sonntag, November 24, 2024
»Machen Unternehmen fit für die vernetzte Zukunft«
Werner Kraus, Magenta: "Die Digitalisierung, wie ich sie verstehe, wird nur mit guten Partnerschaften funktionieren. Wir würden sonst wieder nur einzelne Silolösungen bauen." (Foto: Marlena König)

Werner Kraus ist neuer Geschäftsführer für das B2B-Segment bei Magenta Telekom. Er spricht über seine Ziele und warum Unternehmen und Menschen gleichermaßen leistungsfähige Infrastrukturen benötigen.


Report: Welches Ziel haben Sie sich für Ihre Rolle als CCO B2B bei Magenta gesetzt?

Werner Kraus: Wir kommunizieren derzeit mit der Kampagne »Digital voraus«, dass wir Österreichs Unternehmen fit für eine digitale, vernetzte Zukunft machen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Produkte und Services einer gut funktionierenden Infrastruktur die Grundlage bilden, wie Unternehmen heute und noch viel mehr in Zukunft ihr Geschäft gestalten können. Mein Ziel mit Magenta ist, für Unternehmen diese Voraussetzungen zu schaffen, durch Vernetzung und Digitalisierung dauerhaft erfolgreich in ihren Märkten agieren zu können.

Report: Die Pandemie hat vieles beschleunigt, worüber in den letzten Jahren teils endlos debattiert wurde – Stichwort hybrider Arbeitsplatz.

Kraus: Die Krise hat für einen Digitalisierungsschub gesorgt, trotzdem haben wir noch viel Luft nach oben. Viele Unternehmen haben Prozesse nicht nur digitalisiert, sondern komplett neu abwickeln müssen: Büros waren geschlossen, auch Außendienst- und Servicemitarbeiter konnten nicht ohne Weiteres mit ihren Papierdokumenten in die Büros kommen. Es ist somit zu einem weiteren Schritt in Richtung papierloses Büro gekommen. Im Homeoffice wiederum war die Herausforderung, die nötige Infrastruktur – IP-Zugänge, Laptops, Sicherheitskonzepte dahinter – bereitzustellen. Bei beiden Herausforderungen haben wir die Menschen gut unterstützen können.

Report: Sie behaupten, dass dies der Anfang einer viel größeren Entwicklung ist.

Kraus: Die digitale, vernetzte Zukunft hat erst begonnen. Jetzt geht es darum, Produktions- und ganze Geschäftsmodelle vielleicht völlig neu zu gestalten. Nehmen Sie die Themen Kundenkontakt und Vertriebsstrategie her: muss es so bleiben, wie es immer war, oder geht da nicht noch etwas anderes? Ein Beispiel war jetzt sicherlich der Handel, der gezwungen war, den eigenen Onlineshop mehr in den Vordergrund zu stellen oder überhaupt erst einen zu schaffen.

Report: Für viele war die Krise trotzdem der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für den Aufbau von E-Commerce-Kompetenzen. Wie sieht es denn – 17 Monate nach Beginn der Pandemie – in der Unternehmenslandschaft aus? Haben die Unternehmen diese notwendigen Strukturen nachgerüstet?

Kraus: Viele haben das geschafft, aber sicherlich nicht alle. Man sieht schon, dass es enorm schwer ist, aus dem Stand heraus dies zu machen. Es fehlt die Expertise, die bei den knappen Ressourcen an Fachkräften auch von außen nicht so leicht zugekauft werden kann.

Report: Hat Magenta passende Werkzeugkisten für die unterschiedlichen Industrien parat, die Lösungen ermöglichen, die über die reine Connectivity hinausgehen?

Kraus: Zum einen unterstützen wir den vernetzten Arbeitsplatz – um von Zuhause ebenso wie von unterwegs aus Zugriff auf seine Daten zu haben und überall arbeiten zu können. Magenta bietet dazu ein Lösungspaket mit verschiedenen Produkten: Hardware, Software für die Office-Umgebung wie Microsoft 365, Sicherheit mit Endpoint-Protection für Mobilfunk ebenso wie für Festnetz-Access-Points, IP-VPN und natürlich unser Breitbandnetz. Unternehmen, die über diese Services bereits in der Pandemie verfügen konnten, sind durch diese Zeit recht gut gekommen.

Den zweiten Schwerpunkt wollen wir mit Lösungen rund um das Internet der Dinge setzen, mit denen Unternehmensprozesse tatsächlich neu gestaltet werden können – sei es die Luftgütemessung in einem Wiener Kaffeehaus, die Vernetzung von Sensoren in Abfallbehältern oder ein Smart-Lighting-Usecase in Vorarlberg, bei dem die Energieeffizienz von Straßenbeleuchtung verbessert wird. Es gibt so viele Möglichkeiten, bei den Firmen ebenso wie in der Verwaltung.

Report: Was wird 5G den Unternehmen bringen? Haben Sie dazu Anwendungsbeispiele?

Kraus: Wir testen mit der TU Graz in einer Smart Factory die Möglichkeiten, die 5G in produzierenden Prozessen bietet. In der klassischen Produktionsumgebung ist jede Maschine wie ein eigener Datensilo. Es gibt wunderbar digitalisierte Fräsmaschinen oder Lagerbewirtschaftungssysteme, sie sprechen aber nicht miteinander. Mit unserer 5G-Campus-Netzwerklösung wird in Graz nun über viele Sensoren und Mobilfunk eine softwaregesteuerte Fabrik gebaut. Die Daten von Systemen unterschiedlicher Hersteller, in verschiedenen Formaten und über unterschiedliche Protokolle, werden über 5G gesammelt, aggregiert und gesamtheitlich optimiert. Ich spreche von der Optimierung der gesamten Fabrik, nicht nur einzelner Teile in der Logistik, Arbeitsbereitung oder Maschinen.

5G bedeutet zudem auch eine größere Breitbandabdeckung. Es wird auch in Österreich nicht möglich sein, das ganze Land mit Glasfaserleitungen auszulegen – das rechnet sich nicht. Für uns ist 5G ein Bestandteil einer integrierten Netzwerkstrategie, um komplementär zum Festnetzausbau auch weiterhin Mobilfunk und 5G bereitzustellen. Insbesondere mit dem Ausbau im 700-MHz-Frequenzband kommen wir in die Fläche und können dort entsprechende Bandbreiten zur Verfügung stellen. Im 3,5- und 3,7-GHz-Bereich haben wir dann Campus-Netzwerke und den Ausbau in dicht verbauten Gebieten. Unternehmen sollen eine Planungssicherheit bekommen, egal ob an einem Standort im hintersten Tal oder direkt neben der Südosttangente (Anm.: Firmensitz von Magenta in Wien).

Die Anwendungsfälle ergeben sich stark aus der Wertschöpfungskette des jeweiligen Unternehmens. Wir sehen uns als Infrastrukturprovider, der mit dem digitalen Arbeitsplatz auch in Richtung Hardware, Software und Security geht. Aber überall wo es um konkrete Anwendungsfälle geht, da braucht es auch andere Partner, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Diese Abgrenzung wird weiter bleiben.

Magenta behauptet nicht, tiefgehendes vertikales Knowhow in jedem Industriebereich zu haben. Hier arbeiten wir etwa mit unserem Schwesterunternehmen T-Systems zusammen oder etwa mit Kapsch und anderen IT-Partnern. Die Digitalisierung, wie ich sie verstehe, wird nur mit guten Partnerschaften funktionieren. Wir würden sonst wieder nur einzelne Silolösungen bauen. Das betrifft auch die Projekte bei den Kund*innen selbst, indem wir über die alten Netzwerk-Grenzen hinweg künftig integrierte Wertschöpfungsketten mit Partnern und Lieferanten sehen werden.
 
Report: Wird es von Magenta eine eigene Plattform für Datenaggregationen geben?

Kraus: Wir stehen hier erst am Anfang einer Entwicklung – auch zunehmend mit Standards, die sich herauskristallisieren. Magenta bietet eine Connectivity-Plattform mit einer IoT-Ebene darüber, auf der wir Datenmanagement betreiben. Die Sammlung in einem Datawarehouse und die Analyse dahinter gestalten wir dann projektweise mit Partnern. Ob das immer so bleiben wird, ist fraglich. Am Ende des Tages muss man sich die Entwicklungen dazu anschauen – auch welche Use-Cases in Zukunft eher standardisiert sein werden.

Report: Sehen Sie eine Chance für Infra­strukturbetreiber, ihre Leitungen über 5G zu vergolden – sprich auch im Service- und Applikationsbereich mehr Geschäft zu generieren?

Kraus: Die Chance sehe ich auf jeden Fall, man muss aber schon unterscheiden: Während wir bei klassischen Over-the-top-Services wie beispielsweise bei Microsoft 365 auch weiterhin ein Reseller bleiben werden, könnten wir bei anderen Themen gemeinsam mit unseres Partnern eine größeres Stück des Kuchens am Servicemarkt bekommen. Gerade die lokalen Beziehungen zu Geschäftskunden können die Over-the-top-Player kaum bewerkstelligen, man sieht das auch an den Cloudthemen. Nur die Lizenz für eine Business-Software zu kaufen, wird Ihnen in Ihrem Unternehmen nicht helfen. Sie brauchen jemanden, der diese implementiert und für Ihre Bedürfnisse anpasst. Die wahre Wertschöpfung findet in der Beratungsleistung, in der Umsetzung und im Service statt. Hier sehen wir auch eine Chance, uns einzubringen.

Report: In welchen Zeiträumen wird 5G als Business-Infrastruktur in Österreich verfügbar sein?

Kraus: Wir sind mitten im Ausbau mit derzeit zirka 1.400 5G-Standorten in über 1.000 Gemeinden, erreichen damit ungefähr 40 % der Bevölkerung und dort natürlich auch alle Unternehmen. Wir richten uns beim Ausbau bewusst nicht nur nach der Bevölkerungsdichte, sondern auch nach Unternehmensgrößen und Anzahl der Firmen. Bis Jahresende werden wir zirka 50 % der Bevölkerung erreicht haben und denken, bis Ende 2025 den größten Teil der Bevölkerung zu erschließen. Ob das dann auch flächendeckend 5G sein wird, ist aus heutiger Sicht kaum zu prognostizieren, da wir in einem Gesamtplan auch den fortlaufenden Glasfaserausbau berücksichtigen – die Breitbandinfrastrukturen werden einander ergänzen.

Report: Und was brauchen die Menschen?

Kraus: Wir haben in einer Marktforschung Ende 2020 Angestellte in Unternehmen gefragt, was sie sich für ihren Arbeitsplatz im Büro oder zuhause wünschen. Mehr als ein Drittel wünscht sich bereits heute, dass die Arbeitsplätze besser vernetzt sind – dass sie zum Beispiel einen Arbeitsplatz im Büro beginnen und am Nachmittag nach Hause wechseln. Die anderen zwei Drittel sehen diese flexible Arbeitsmöglichkeit in den nächsten drei bis fünf Jahren kommen. Also sollten sich Unternehmen dahingehend fit für den Arbeitsmarkt machen: Hybride Arbeitsumgebungen werden von allen nachfragt werden.


Zur Person
Werner Kraus startete seine berufliche Karriere 1991 bei Alcatel Austria, wechselte 1997 zu max.mobil und später zu ucp morgen, das 2006 von Amdocs übernommen wurde. Seit 2016 ist er Senior Vice President Business & Wholesale bei Magenta Telekom. Kraus hat im Juni 2020 als Leiter des Geschäftskundenbereichs mit mehr als 100.000 Geschäftskunden in Österreich Maria Zesch abgelöst.

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