Mit Kaufnachweisen auf der Blockchain soll digitale Kunst endlich auf dem Sammlermarkt ankommen. Der Preis für den NFT-Hype ist allerdings hoch.
Früher war Kunstsammeln einfach: Als steinreicher Adeliger, Bischof oder Großbürger drückte man dem Künstler seiner Wahl bei Ablieferung des bestellten Stücks Kunst Geld in die Hand und erfreute sich an seinem neuen Besitz. Mit dem Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks hat sich vieles geändert: Die ästhetische Komponente wurde unwichtiger, da sie sich unabhängig vom Objekt vervielfachen lässt – wichtig wurde nun das Ding selbst, das eben nur eine oder einer besitzen konnte.
Im 20. Jahrhundert bekam kaum jemand mehr die wirklichen Objekte zu Gesicht – die Sammler erfreuten sich dann eher am Vermögenszuwachs auf dem Konto als am jeweiligen Gegenstand. Mit dem Aufstieg digitaler Werkzeuge und Kultur verschwand nun aber auch das handfeste Objekt immer mehr aus der Welt, der Begriff des Originals ist bei einer digitalen Grafik, einer virtuellen Installation oder einem abspielbaren File buchstäblich überholt. Eine digitale Kopie unterscheidet sich eben absolut nicht vom »Original« – was soll der Künstler da verkaufen, wer soll da was sammeln? Die Antwort auf dieses vermeintliche Problem gibt nun seit kurzem die Blockchain-Technologie. NFTs versetzen Künstler und Sammler in den letzten Wochen in helle Aufregung, denn das Akronym steht für eine vermeintlich neue goldene Ära des Kunstmarkts. »Non Fungible Tokens«, das sind einzigartige kryptografische Tokens, die im Gegensatz zu Fungible Tokens, wie zum Beispiel Bitcoins, nicht austauschbar sind. An einzelne digitale Objekte gekoppelte NFTs ermöglichen so die einwandfreie Identifikation eines »Originals« oder einer festgelegten Anzahl von »offiziellen« Kopien in verkaufbaren Auflagen.
Seltsame Geschäfte
Die dem zu Grunde liegende, auf der Kryptowährung Ethereum basierende Blockchain-Technologie ist komplex, in der Praxis zeigt sich seit Anfang des Jahres überdrehte Goldgräberstimmung auf dem Kunstmarkt. Um 69 Millionen Dollar wurde im Februar eine digitale Collage des Künstlers Beeple beim Auktionshaus Christie’s versteigert, der dritthöchste Auktionspreis aller Zeiten für ein Werk eines lebenden Künstlers. Gekauft wurde das NFT-markierte Werk von einem anonymen Krytpo-Entrepreneur, dem Gründer des krypto-basierten Fonds Metapurse, der von sich behauptet, der größte NFT-Fonds der Welt zu sein. Die Champagnerlaune in Folge dieser Sensation wurde auch dadurch nicht getrübt, dass Kritiker den Verdacht äußerten, der in Ethereum abgewickelte Kauf sei vielleicht nur ein Schwindel, um den Wert von Metapurses neuartigem B20-Token künstlich aufzublasen.
Dass der sich rasend schnell erhitzende NFT-Kunstmarkt nur eine Blase sein könnte, ist allerdings nicht das dringlichste Problem dieser hybriden Markttechnologie. Wie bei den meisten Kryptowährungen ist auch bei NFTs der gewaltige Energiehunger und der daraus resultierende massive CO2-Ausstoß der Elefant im Raum. Das erste von Künstler James Jean verkaufte NFT, so eine bedrückende Berechnung, habe über 400 Tonnen CO2 verursacht – ein CO2-Fußabdruck im Ausmaß von 194 Jahren Lebenszeit. Der Preis für das digitale Kunstsammeln ist also mittelfristig gesehen hoch – und bezahlt wird er von uns allen.
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