Jahrzehntelang wurde der Klimawandel per Lobbying und gezielter Desinformation geleugnet. Nun bereiten sich globale Konzerne auf seine Auswirkungen vor.
Für den US-Präsidenten ist der Klimawandel immer noch ein chinesischer Schwindel, globale Thinktanks im Dienst der Fossilen-Lobbies streuen gezielt Zweifel und sabotieren effektive Maßnahmen zur Begrenzung des CO2-Ausstoßes und sogar ehemalige Energie-Musterschüler wie Deutschland legen mit eher gemächlichem Tempo beim Kohleausstieg keine besondere Motivation an den Tag, den drohenden Klimakollaps als existenzielle Bedrohung wirklich ernst zu nehmen.
Fast vier Jahrzehnte lang wusste man bei ExxonMobil und anderen großen Konzernen der Branche über die drohenden Folgen der ungezügelten Verbrennung fossiler Energieträger Bescheid – weil die selbst in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Studien kaum Zweifel an der Unausweichbarkeit des menschengemachten Klimawandels ließen. Statt dagegenzusteuern und möglicherweise die kurzfristigen Gewinne zu gefährden, setzte man aber auf fast 30 Jahre des politischen Lobbyings und der gezielten Desinformation durch bezahlte »klimaskeptische« Wissenschafter. Inzwischen stehen einige der federführenden Konzerne wegen dieser Irreführungen im Visier US-amerikanischer Bundesgerichte.
Vorsorgen für die Katastrophe
Die Tragweite der drohenden Katastrophe mag man sich ungern ausmalen – von der höchsten Politik bis hin zum einfachen Konsumenten. Immerhin würde das Ernstnehmen der Lage bedeuten, dass man unpopuläre und schmerzhafte Entscheidungen zu treffen hätte. Ironischerweise sind es nun globale Konzerne, die schon jetzt aus Eigeninteresse zur Vorsorge gezwungen sind: Wenn sie ihre Existenz in einer sich erwärmenden Welt sichern wollen, müssen sie schon heute die Stellschrauben für eine Zukunft auf einem Planeten im Klimawandel stellen.
21 von 25 durch das Medienunternehmen Bloomberg befragten großen US-Konzerne bestätigten, dass sie relevante klimabezogene Risiken identifiziert hätten, die das Geschäft substanziell oder strategisch bedrohen würden. Wasserknappheit, Überschwemmungen und andere extreme Wetterphänomene stellen schon heute eine Bedrohung für global vernetzte Lieferketten dar, anhaltende Hitzeperioden oder aber erhöhte Gefahr von Pandemien oder Bürgerkriegen durch klimabedingte Konflikte gelten den Business-Strategen als realistische Folgen weiterer Erderwärmung.
Dass in jeder Krise auch Geschäftsmöglichkeiten stecken, mutet angesichts der düsteren Prognosen fast schon zynisch an. Der US-Finanzdienstleister Wells Fargo etwa freut sich auf mehr Geschäft durch nötige Reparaturen und Wiederaufbau nach Naturkatastrophen, das Pharmaunternehmen Merck & Co identifizierte Medikamente gegen tropische Krankheiten dank sich ausbreitender Parasiten als kommendes Boom-Geschäft. Und ein Report von Apple sagt voraus, dass bei Naturkatastrophen Smartphones als überlebenswichtige Instrumente noch größere Bedeutung zukommen wird als bisher.
Zynismus – oder nur gutes Business? Tatsache ist: Die Klimakatastrophe wird teuer. Dagegen wäre ihre Abwendung, so gewaltig deren Kosten auch wären, immer noch ein Schnäppchen.