Montag, Dezember 23, 2024
11 Mythen über die Zukunft der Arbeit (Teil 2)

Die Fortsetzung der Serie im Report: Wir räumen mit den gängigsten Mythen im Kontext des Arbeitsplatzes der Zukunft auf und geben Empfehlungen für die Umsetzung in Organisationen.

In der vergangenen Ausgabe (Telekom & IT Report, 5/2018) wurden die ersten beiden Mythen »Die E-Mail ist tot« und »Eine Kommunikationslösung für alle Anwendungsfälle reicht« diskutiert. Das Magazin ist online auf report.at unter ­E-Paper/Telekom & IT Report abrufbar.

Mythos 3: Das Home-Office ist nicht mehr zeitgemäß

Marissa Mayer, die ehemalige Chefin des großen nordamerikanischen IT-Konzerns Yahoo, hat 2013 mit einem radikalen Schritt sämtliche aus dem Home-Office arbeitenden MitarbeiterInnen wieder ins Büro beordert. Die Reaktionen darauf fielen unterschiedlich aus – von einem Rückschritt, einer dringlichen Maßnahme zur Wiederbelebung bis hin zum Ausdruck einer Misstrauenskultur und des Mikromanagements war die Rede. Auch wenn andere Technologieunternehmen vereinzelt mit ähnlichen Nachrichten aufhorchen ließen, ist tageweises Home-Office eine zeitgemäße Form, konzentriert an komplexeren Aufgaben zu arbeiten. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: MitarbeiterInnen sind nachweislich produktiver und gleichzeitig sind weniger Krankenstandstage zu verzeichnen.

Eine aktuelle Studie der Stanford-University unterstreicht, dass das Arbeiten von zu Hause aus die Produktivität signifikant steigert. So verwundert es kaum, dass sich über 50 % der Arbeitnehmer­Innen laut der Mercer Befragung 2018 »Global Talent Trends Study« mehr Optionen für flexibles Arbeiten wünschen.

Home-Office richtig einzuführen bedeutet immer ein schrittweises Vorgehen. MitarbeiterInnen müssen identifiziert und Voraussetzungen geprüft werden. Zu den Voraussetzungen gehören beispielsweise ein eigener Schreibtisch, idealerweise ein eigener Raum und eine stabile Breitband-Internetanbindung. Home-Office bedeutet vor allem eines nicht: wochenlang und isoliert von den KollegInnen von zu Hause aus zu arbeiten. Für den ersten Schritt reicht es in der Regel aus, einen Home-Office-Tag in der Woche einzuplanen. Oder aber antizyklisch am Arbeitsplatz zu erscheinen und so dem morgendlichen Berufsverkehr auszuweichen. Dadurch wird auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert. Zusätzlich ist auch ein »grüner« Nebeneffekt beachtenswert, da durch den Wegfall der An- und Abreise mit dem eigenen PKW zum Arbeitsort auch CO2-Emissionen reduziert werden.

Abschließend ist zum Thema Home-Office aus unserer Erfahrung ein grundsätzliches Schwarz-Weiß-Denken in der Regel immer kritisch zu hinterfragen. Wichtig ist, dass eine individuell passende Lösung für das jeweilige Unternehmen oder den Arbeitsbereich gefunden wird.

Mythos 4: Die Work-Life-­Balance löst alle Probleme

Vor einiger Zeit ließ ein großer deutscher Autohersteller mit der Idee aufhorchen, ab einer gewissen Zeit nach Dienstschluss keine E-Mails mehr an MitarbeiterInnen zuzustellen, um drastisch für eine sogenannte bessere Work-Life-Balance zu sorgen. Ausgenommen von dieser radikalen Regelung waren Top-ManagerInnen. Befragt man PsychologInnen dazu, erhält man meist die Antwort, dass solche Maßnahmen und die damit verbundene strikte Trennung zwischen Leben und Arbeit ein Irrtum sind. Leben und Arbeit lassen sich nun mal nicht trennen, denn eine Trennung würde die Arbeit abwerten. Die Arbeit verkommt dadurch zu einer reinen Tätigkeit, um Geld für das Leben zu verdienen und kann dadurch auch nicht glücklich machen. Für manche Tätigkeiten mag dies wohl zutreffen und wird sich nur schwer ändern lassen. Für andere ist Arbeit aber ein fester und hoffentlich sinnstiftender Bestandteil des Lebens. Die Gedanken an die Arbeit lassen sich jedenfalls nicht nach Uhrzeit an- und abstellen. Es ist übrigens auch ein Irrtum, dass Freizeit per se glücklich macht. Auch Freizeit sollte im Idealfall sinnvoll genutzt werden.

Anstatt von einer Work-Life-Balance zu sprechen, sollte auf die inneren Signale des Körpers geachtet und für ein ausgewogenes Verhältnis an Entspannung und Anspannung gesorgt werden. Damit Arbeit grundsätzlich positiv empfunden wird und glücklich macht, bedarf es aber mehr als einer sinnstiftenden Tätigkeit. Es benötigt unter anderem ein Verständnis für die Bedürfnisse der unterschiedlichen Generationen und eine Kultur des Vertrauens in der eigenen Abteilung und im gesamten Unternehmen.
Da die »Ressource« Mensch trotz Digitalisierung und künstlicher Intelligenz für viele Aufgaben zu einem Engpass wird, sei Unternehmen empfohlen, diesem Bereich mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Mythos 5: Mitarbeiterführung über ­Distanzen funktioniert wie vor Ort

Viele Führungskräfte führen ihre MitarbeiterInnen im Home-Office nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen wesentlich schlechter, weil sie die Führung von entfernt arbeitenden Team-Mitgliedern nie gelernt haben. Dafür sind hier andere Qualitäten nötig. Denn: Anweisungen zwischen Tür und Angel geben, alle MitarbeiterInnen kurzfristig in das Besprechungszimmer holen – das geht dann nicht mehr. Generell sieht es mit dem Thema virtuelle und interkulturelle Führung in europäischen Unternehmen immer noch schlecht aus. Auch der Weiterbildungsmarkt deckt diesen Bereich nur zu einem gewissen Teil ab beziehungsweise wird dieser vor allem von mittelständischen Unternehmen kaum in Anspruch genommen.
Das Führen von MitarbeiterInnen, welche häufiger im Home-Office oder von unterwegs arbeiten, bedeutet, dass Führungskräfte Ziele und Erwartungen noch klarer kommunizieren und gegenseitige Erwartungshaltungen klären müssen. Jährliche

Zielvereinbarungen und quartalsweise oder monatlich stattfindende persönliche 1:1-Besprechungen sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Dabei sollte jedenfalls nicht nur die Zielerreichung überprüft, sondern auch Raum für neue Ideen und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten eingeplant werden. Im Idealfall finden diese Gespräche persönlich statt. Für den regelmäßigen Austausch empfehlen sich Online-Meeting-Lösungen, sofern neben der Tonübertragung auch die Übertragung der Webcams aktiviert wird, um durch Mimik und Ges­tik einen persönlicheren Austausch zu ermöglichen.

Führungskraft und MitarbeiterInnen müssen jedenfalls eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens aufbauen und im Optimalfall eine starke emotionale Verbindung zu den Aufgaben und zum Unternehmen herstellen.

Fortsetzung folgt: Im nächsten Telekom & IT Report beschäftigen wir uns mit Mythen zur Bedeutung des eigenen Büroarbeitsplatzes und Funktionsvielfalt bei eingesetzten IT-Lösungen (Link).

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