Der Schutz der Privatsphäre im Internet wird immer wichtiger – von besonderer Bedeutung ist er jedoch für visuell beeinträchtigte User. In Österreich leben laut Sozialministerium rund 318.000 Menschen, die blind oder sehbehindert sind. Diese Zielgruppe vor optisch schlecht oder gar nicht wahrnehmbaren Diensten im Internet zu schützen, die während des Surfens im Hintergrund auf private Daten zugreifen, ist Ziel des Projektes „BlindFaith“ (blindes Vertrauen).
Das Austrian Institute of Technology (AIT) hat in Kooperation mit der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs den Prototyp eines Tracking Blockers für sehbeeinträchtigte User entwickelt. Darüber hinaus wurden konkrete Richtlinien zur Erstellung von barrierefreien Tracking Blockern für Webentwickler ausgearbeitet, die auf der Projektwebsite http://blindfaith.tech-experience.at kostenfrei verfügbar sind. Dort wird auch barrierefreies Schulungsmaterial angeboten, das blinde und sehbehinderte Internetnutzer detailliert über Bedrohungen der Privatsphäre im Internet sowie über Optionen zum Schutz vor Tracking informiert. Die Ergebnisse des Projektes „BlindFaith“ werden bei der ICCHP 2016 (15th International Conference on Computers Helping People with Special Needs) von 13. bis 15. Juli 2016 an der Johannes Kepler Universität in Linz präsentiert.
Entwicklung des Prototyps
Im Rahmen von Workshops mit blinden und sehbehinderten Teilnehmern wurde eruiert, welche Anforderungen ein barrierefreier Tracking Blocker erfüllen muss. Außerdem wurden vorhandene Tools wie z. B. Ghostery auf ihre Barrierefreiheit überprüft. Der Review von gängigen Tracking Blockern hat gezeigt, dass sie nur teilweise oder gar nicht barrierefrei bedienbar sind. Die daraus resultierenden Erfordernisse wurden beim Design des Prototyps berücksichtigt. Für sehbehinderte User wurden Symbole für drei Warnstufen entwickelt, deren Formen (Kreis, Dreieck, Sechseck) und Farben (grün, gelb, rot) gut wahrnehmbar sind. Die damit verbundenen akustischen Signale für blinde User bestehen aus drei gut unterscheidbaren Tonfolgen. Über eine Tastenkombination wird eine Liste der gefundenen Tracker eingeblendet, die mittels Button blockiert werden können. Darüber hinaus können weiterführende Infos über den jeweiligen Tracker eingeblendet werden. In einer abschließenden Studie wurde der Prototyp durch die Zielgruppe evaluiert, um die Richtlinien für die Webentwicklung zu optimieren.
Heterogene Zielgruppe
„Bei der Durchführung des Projektes hat sich die Zusammenarbeit mit einem Partner mit Expertise hinsichtlich der Zielgruppe blinder und sehbehinderter User bestens bewährt“, resümiert Projektkoordinatorin Elke Mattheiss vom AIT. „Dabei wurde deutlich, dass Menschen mit einem Sehrest grundlegend andere Nutzungsgewohnheiten und Bedürfnisse haben als blinde User.“ Den unterschiedlichen Anforderungen dieser heterogenen Zielgruppe konnte durch Personalisierung einzelner Komponenten beim Design des Tracking Blockers begegnet werden. „Die Verbindung von Barrierefreiheit und Internet Privacy ist zweifellos ein Thema, das in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird“, zeigt sich Klaus Höckner, Geschäftsführer und IT-Experte der Hilfsgemeinschaft überzeugt.
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