Diese Kolumne richtet sich sowohl an die »An-Bord-Geher« als auch die »An-Bord-Nehmer«. Beide sollten ihre Rollen bei dem für den Erfolg hochsensiblen Prozess der Aufnahme (Annahme) und Integration neu überdenken. Für den An-Bord-Geher geht es um das positive Sichtbarmachen und die Erstverankerung seiner besten Eigenschaften und Fähigkeiten, und für den An-Bord-Nehmer um das Zulassen und Ermöglichen dieser Aktivitäten. Es geht um das Erkennen und Nutzen einer oft übersehenen und daher nicht genutzten Win-win-Situation.
Worum geht es also dabei? Letztlich geht es darum, dass sowohl die an Bord gehenden Personen als auch die sie aufnehmende (annehmende) Organisationen das Beste an beiden zum gemeinsamen Wohle sichtbar nutzbar machen und zu einem höheren Besten verbinden wollen und können.
Bei diesem auf die Nutzung einer potenziell vorhandenen Win-win-Situation abzielenden Prozess geht es um eine sinnerfüllte Verknüpfung von Kooperation und Performance. Im Regelfall sollte angenommen werden können, dass die Besten von einer Organisation für das An-Bord-Gehen ausgewählt werden. Es geht um das Schaffen jener Voraussetzungen, die den erfolgreichen Verlauf dieses Prozesses von Beginn an ermöglichen und in weiterer Folge auch diesen nachhaltig absichern. Dabei geht es primär nicht nur um die Vermittlung von organisationalem Wissen und Werten (traditioneller Ansatz), sondern es geht besonders auch darum, dass die an Bord gehende Person vom Beginn an ihre eigenen Perspektiven und Stärken zum Ausdruck und zur Wirkung bringen können (neue Sicht). Es geht bei der Verknüpfung von Kooperation und Performance sehr wohl um die Erbringung von Pflichtleistungen, insbesondere jedoch aber auch um die Erbringung von freiwilligen Zusatzleistungen. Diese sind nämlich jene Leistungen, die von Beginn an eine neue Dynamik in der Organisation entfachen und neue Perspektiven anregen. Vergessen wir nicht, dass hervorragende Organisationen hervorragende Mitarbeiter haben, die von Beginn an die Herausforderung, sich zu Mitgestaltern zu qualifizieren, annehmen können und wollen.
>> Vier Schlüsselgrößen, die beim Überdenken berücksichtigt werden sollten <<
Daniel M. Cable, Gino Francesca und Bradely R. Staats stellen in einem Beitrag in der MIT Sloan Management Review neue Gedanken zum »Reinventing Employee Onboarding« vor. Dabei heben sie vier Stellhebel für die Gestaltung des Prozesses zur Aufnahme (Annahme) und Integration von neuen Mitarbeitern hervor. Diese sind:
> Neues Begreifen des Inhaltes von Arbeitsplätzen: Natürlich spielt der Einkommenserwerb eine Rolle; der Kick für die freiwilligen Zusatzleistungen kommt jedoch meist von der Möglichkeit, die besten eigenen Eignungen und Fähigkeiten darstellen und erleben zu dürfen.
> Den Neuen helfen, ihre authentischen Stärken erkennen zu können: Wenn der erste Punkt der schwierigste bei der Realisierung zu sein scheint, so ist der zweite ein unterstützender bei der Entdeckungsreise zu den authentischen Stärken. Es werden dadurch Voraussetzungen für ein rationales und wirkungsvolles Vorgehen geschaffen.
> Fördere die Bekanntmachung der An-Bord-Gehenden mit anderen Mitgliedern der Organisation: Angestoßene Diskussionen, wie das Beste in der Person aktiviert und umgesetzt werden kann, können zum Einstieg dienen.
> Befragung der An-Bord-Gehenden, wie ihre authentischen Stärken praktisch am Arbeitsplatz angewendet werden können: Solche Befragungen fördern das Erkennen des Arbeitsplatzes als Opportunität und die praktische Umsetzung ihrer besten Eigenschaften und Fähigkeiten.
Die drei genannten Autoren kommen zu folgendem ermunternden Schlusssatz, wenn die genannten vier Stellhebel erfolgreich benutzt werden: »Newcomers develop a more positive view toward the organization and inject greater quality and purpose in their work.« Wer möchte solche »Newcomer« nicht haben?
Für die Gestaltung der Voraussetzungen zu einem erfolgreichen An- Bord-Gehen von neuen Mitgliedern der Organisation und deren Entwicklung zu Mitgestaltern sollten sich die Führungskräfte viel Zeit nehmen und dadurch diesen ihre hohe reale Wertschätzung zum Ausdruck bringen.
LITERATURHINWEISE:
Cable, D., Francesca, G., Staats, B. R., (2013): Reinventing Employee Onboarding, in: MIT Sloan Management Review, Spring, S. 23–28.
Chan Kim, W,/Mauborgne, R., (2003): Fair Process: Managing in the Knowledge Economy, in: Harvard Business Review, January, S. 127–136.
Ertl, H./Risak, J./Nagy, R./Walbert, T. (2003): Jobakquisition und Integration, in: Risak, J. (2003): Der Impact Manager, S. 246–264.