Donnerstag, Februar 06, 2025

Wir stehen vor der großen Herausforderung, unser Energiewirtschaftssystem umzubauen – und zwar in ein nachhaltigeres, sparsameres, dezentraleres und CO2-ärmeres System. Energiepolitik, Weltklima und gesellschaftspolitische Bedürfnisse sind im Wandel begriffen.

Ein Gastkommentar von Bruno Wallnöfer, Vorstandsvorsitzender von TIWAG.

Die »mitteleuropäische« Energiewende – insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland – wurde überhastet und konzeptlos gestartet und ist in eine gefährliche Schieflage geraten. Die europäischen Bergregionen – sohin insbesondere auch Tirol – verfügen über erhebliche Ressourcen an autonom verfügbarer, nachhaltiger, erneuerbarer und CO2-freier Stromerzeugung, insbesondere an Wasserkraft. Die Nutzung und der weitere Ausbau der Wasserkraft sind daher wesentlicher Bestandteil einer nachhaltigen Energie- und Klimapolitik im Alpenraum. Die Wasserkraftwirtschaft erbringt eine integrierte Nutzenwirkung in Bezug auf die zu verfolgenden energie-, industrie-, umwelt- und klimapolitischen Zielsetzungen. Unter den erneuerbaren Energien leistet die Wasserkraftwirtschaft unverändert den mit Abstand größten und kostengünstigsten Beitrag: Mit einem Wirkungsgrad von über 90 % und einem Energieerntefaktor von 12 bis 16.

Im öffentlichen Bewusstsein werden die Nutzenwirkungen der Wasserkraft zumeist unterschätzt und die mit der Wasserkraftnutzung verbundenen Eingriffe in den Naturraum und die Umwelt zumeist überschätzt. Der angemessene Ausbau der heimischen Wasserkraft ist Teil des Generationenvertrages. Er bringt Arbeit, Wertschöpfung und industrielle Entwicklung für Tirol und trägt zu den wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen der nächsten Generationen bei. Österreich hat eines der strengsten UVP-Gesetze in Europa; das Land Tirol die strengste UVP-Behörde Österreichs: Es ist daher geradezu denkunmöglich, dass ein Wasserkraftprojekt, das nicht strengsten ökologischen Standards Rechnung trägt, mit einer behördlichen Bewilligung rechnen könnte.

Dessen ungeachtet zeigt das öffentliche Meinungsklima in Sachen Wasserkraftausbau ein ambivalentes, gelegentlich paradoxes Bild: Sehr hohe Zustimmungsraten zum Wasserkraftausbau im Allgemeinen gehen mit teilweise kritischen Reaktionen auf konkrete Projektvorschläge einher. Auch Umweltorganisationen und NGOs verfolgen die Strategie, den Wasserkraftausbau im Allgemeinen nicht von vornherein abzulehnen, sehr wohl aber (fast) alle konkreten Projekte. Die Ablehnung von Wasserkraftvorhaben in den Projektregionen wird auch nicht selten als Stellvertreterkrieg geführt. Das Bewusstsein vieler Menschen über den inneren Zusammenhang zwischen einerseits einer sicheren und preisgünstigen Stromversorgung aus heimischen, regenerativen Quellen und andererseits dem erreichten Wohlstand im Land ist verloren gegangen.

Die oft jahrelangen Umweltverträglichkeitsverfahren gewährleisten jedoch eine institutionalisierte Bürgerbeteiligung in einer Qualität, wie sie vor wenig mehr als einem Jahrzehnt noch unbekannt war. Unser Weg für Energiesicherheit und Klimaschutz verfolgt folgende Zielsetzungen: Ausbau der Tiroler Stromautonomie, Verringerung von Auslandsabhängigkeiten, Förderung der Energieeffizienz und Pumpspeicherwasserkraft als Tiroler Beitrag zur europäischen Energiewende.

Ausbau der Tiroler Stromautonomie heißt, die Stromerzeugung aus heimischer Wasserkraft auf das Niveau des Landesverbrauchs anzuheben. Zur Erreichung dieses Zieles ist ein Zubau an heimischer Wasserkrafterzeugung von ca. 2000 GWh bis zum Jahr 2033 erforderlich. Dies entspricht – im Durchschnitt des Betrachtungszeitraumes – einem Zubauerfordernis von 100 GWh pro Jahr. Unbeschadet einer ambivalenten Gemengelage politischer, wirtschaftlicher, rechtlicher, ökologischer und informationell-kommunikativer Kraftfelder sind wir zuversichtlich, die aufgezeigten Ziele eines angemessenen Ausbaues der heimischen Wasserkräfte zu erreichen. Wir haben (nahezu) alle wesentlichen Wasserkraftprojekte bei der zuständigen UVP-Behörde eingereicht. Diese stehen nun also im gesetzmäßigen Bewilligungsverfahren.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...
Nicole Mayer
12. Oktober 2024
Wir feiern 2025 das 30-jährige Bestehen des Staatspreises Unternehmensqualität. In diesen drei Jahrzehnten haben wir gemeinsam Erfolge gefeiert, Mut bewiesen und Begeisterung geteilt. Unser Ziel ist e...

Log in or Sign up