Bioenergie ist heute eine tragende Säule der heimischen Energieversorgung. Der Energie Report hat bei Kraftwerksbetreibern und Forschern nachgefragt.
Von Karin Legat
Die Argumente für Biomasse sind überzeugend. »Sie ist umweltfreundlich, nachwachsend, kommt aus politisch sicheren Regionen, bietet neben Komfort und Preisstabilität auch das gute Gefühl einer nachhaltigen Versorgung und verbessert neben der Wertschöpfung auch die Kreislaufwirtschaft in der Region«, bringt es Manfred Blöch, Geschäftsführer des Energie- und Facility-Management-Unternehmens Energiecomfort, auf den Punkt. Die Herstellung der Biomasseanlagen sowie die Energiegewinnung aus Biomasse bilden einen bedeutenden heimischen Wirtschaftsfaktor. Zwei von drei in Deutschland installierten Biomassefeuerungen kommen aus Österreich. Die Produktion zeichnet sich durch hohe heimische Fertigungstiefe aus – fast jeder zweite Arbeitsplatz der Branche Erneuerbare Energie (EE) ist im Bereich der Nutzung fester Biomasse angesiedelt. 740.000 Haushalte vertrauen bereits dieser Energiequelle. Werden Zusatzgeräte wie Öfen, Herde und Kachelöfen miteinbezogen, heizt etwa die Hälfte der österreichischen Haushalte mit Holz.
Der Rohstoff
Zwar steigt der Holzvorrat durch nachhaltige Bewirtschaftung kontinuierlich an, unbegrenzt ist er aber nicht verfügbar. »Trotz aller Bemühungen kann die erforderliche Biomassemenge in Salzburg schon lange nur mehr durch Importe aufgebracht werden«, berichtet etwa Leonhard Schitter, Vorstand der Salzburg AG. »Für Kleinprojekte ist lokal genügend Waldhackgut vorhanden. Problematisch wird es für Großanlagen ohne eigenen Rohstoff. Sie müssen am freien Mark zukaufen«, informiert Manfred Kirtz, Geschäftsführer von Bioenergie NÖ. Zahlen über Zukauf und Importe werden keine genannt. Horst Jauschnegg, Vorsitzender des Österreichischen Biomasse-Verbands, verweist aber darauf, dass österreichweit nur 5 % aller EE importiert werden. Bei Öl sind es dagegen 93 %. Schitter spricht von einem Einkaufsradius von rund 100 km vom Werk, d.h. die Rohstoffe für seine Werke werden aus Salzburg, den angrenzenden Bundesländern sowie den bayrischen Staatsforsten bezogen. 2011 mussten dabei rund 22 % importiert werden, Tendenz steigend. »Wir versuchen, mit heimischen Produzenten zu kooperieren und sind lokal sehr aktiv, was die regionale Verbundenheit stärkt«, betont er und spricht sich für kleine, regionale und dezentrale Biomasseheizwerke aus, idealerweise mit Stromproduktion. Ingwald Obernberger, Geschäftsführer der BIOS Bioenergiesysteme, Graz, und Leiter der Forschungsgruppe Energetische Biomassenutzung an der TU Graz, sieht in diesem Zusammenhang Potenzial für Energiehölzer wie Pappeln, Weiden und das Energiegras Miscanthus.
Der Markt
Biomasse hat bei uns eine lange Entwicklungsgeschichte. »Österreich ist international gut vernetzt, arbeitet in zahlreichen Projekten, etwa in der IEA Bioenergy, der internationalen Energieagentur für Bioenergie, mit«, informiert Obernberger. Diese Arbeit trägt Früchte. Neben der schadstoffarmen Verbrennung von konventionellen Holzbrennstoffen wird auch Altholz als Energieträger in heimischen Verbrennungs- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bereits seit längerem eingesetzt, Klärschlamm mitverbrannt und Abfälle aus der Kompostierung werden mitgenutzt. »Wir verzeichnen ein kontinuierliches Wachstum bei Biomasseanlagen,« betont auch Jauschnegg. Zu den Nutzern zählen Privathaushalte, Kommunen sowie Energieversorger. Als Produzenten treten bäuerliche Genossenschaften, Landesenergieversorger und Gemeinden ebenso auf wie die holzverarbeitende Industrie.
Die Unterstützung
Die aktuelle Fördersituation sehen alle Biomasseproduzenten skeptisch. »Förderungen sollten prinzipiell immer so gestaltet sein, dass es zu keiner Marktverzerrung zwischen den einzelnen Energieträgern kommt«, so Kirtz. »Grundsätzlich sollte jede Energiegewinnung ohne Förderung auskommen bzw. nur als Anreizförderung erstellt werden«, ergänzt Schitter. Im Strombereich sind flexible und kostendeckende Einspeistarife mit einer rohstoffkostenabhängigen Komponente eine wichtige Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Biomasseverstromung. Eingefordert werden auch zusätzliche Tarifmodelle im Ökostromgesetz für die Spitzenstromabdeckung und den Zugang zum Ausgleichsenergiemarkt.
Die Forschung
Biomasse hat in Österreich eine lange Forschungstradition – das soll nicht enden. Institute wie das COMET-Kompetenzzentrum Bioenergie 2020+, die TU Wien, die TU Graz und die BIOS Bioenergiesysteme arbeiten mit Nachdruck in den drei Forschungsbereichen Wärmeerzeugung, Verstromung und Treibstoffgewinnung. Im Bereich Wärmeerzeugung bilden die weitere Emissionsreduktion, v.a. hinsichtlich Staub und NOx sowie die weitere Erhöhung des Jahresnutzungsgrades von Biomassekesselanlagen (in Richtung Nennlastwirkungsgrad) die Hauptschwerpunkte. »Durch Kondensationswärmenutzung, verbesserte Regelungen, die optimierte Konzeption und Dimensionierung der Anlagen kann der Jahresnutzungsgrad auf 90 bis 95 % gehoben werden«, ist Obernberger, ebenfalls Key Researcher bei Bioenergy 2020+, sicher. Im Segment Verstromung ist es das Ziel, effiziente dezentrale Verstromungstechnologien zu finden, um parallel auch die anfallende Wärme vollständig nutzen zu können. Für die Österreichische Energieagentur erfordert es insbesondere die Substitution von kritischen Rohstoffen aus der Landwirtschaft und die Nutzung nicht-holzartiger Biomasse für stoffliche und energetische Zwecke. Eine globalere Forschungsfrage betrifft die Bioenergienutzung.
Die Zukunft
»Kleinprojekte mit einer Wärmeleistung unter 500 kW Leistung werden mittelfristig noch stärker umgesetzt. Großprojekte mit mehreren MW Kesselleistung dagegen sind immer schwieriger zu realisieren«, stellt Manfred Kirtz fest. Der Markt ist gesättigt und es gibt natürliche Grenzen für Biomasse. Denn, so Blöch: »Ist es sinnvoll, Biomasse über weite Entfernungen nach Europa zu importieren?«