Wie beliebt die Erneuerbaren geworden sind und wie sich der heimische Markt für die Anlagenbetreiber geändert hat.
Fünf Jahre ist in Österreich nichts gelaufen. Seit 2012 wird wieder ausgebaut. Die Windenergie ist derzeit auf einem guten Weg, künftig mehr zum heimischen Strommix beizutragen. Per Ökostromgesetz wird den Anlagen Strom zu einem nun wieder attraktiven Preis abgenommen, die Branche ist in einer neuen Aufbruchsstimmung. Die Euphorie wird freilich nicht überall gleich gut aufgenommen. Bürger, die das Landschaftsbild durch die drehenden Rotoren der Anlagen gestört sehen, machen gegen den kontinuierlichen Ausbau Stimmung. Der niederösterreichische Landesrat Josef Pernkopf ordnet nun einen Genehmigungsstopp für neue Anlagen an. Spätestens im Mai 2014 sollen laut Landtagsbeschluss eine Zonierung in Niederösterreich abgeschlossen und ein Generalplan für geeignete Windenergieregionen gefunden sein. Rechtzeitig sicherten Anlagenbetreiber wie Windkraft Simonsfeld noch letzte Genehmigungen. Prinzipiell ist es aber eine Frist, mit der die Branche leben kann, betont Martin Fliegenschnee-Jaksch. Der Sprecher der IG Windkraft hofft jedenfalls, dass Pernkopfs Zeitplan nicht überdehnt wird. Durchschnittlich drei Jahre Vorlaufzeit benötigt eine Windenergieanlage bis zur Stromproduktion. Entsprechend früh müssten daher Planung und Finanzierung auf die Beine gestellt werden.
Andreas Dangl, Geschäftsführer W.E.B. Windenergie, sieht durch den Stopp in Niederösterreich weitreichende Konsequenzen für das Waldviertel, will aber ebenfalls ein guter Partner des Landes bleiben. »Man kann uns nicht zum Sündenbock dafür machen, dass es kein Regulativ gibt, und die Branche versucht Projekte umzusetzen. Es gibt nur wenige, aber dafür lautstarke Argumente dagegen«, meint Dangl. Auch der Grafenschlager Bürgermeister Robert Hafner lebt seit Jahren Tür an Tür mit Windrädern: »Wir haben bei uns die Bürger von Anfang an eingebunden. Die Einspruchsfrist gegen den neuen Widmungsplan verlief ohne eine einzige Beeinspruchung. Ich werde von der Bevölkerung ständig gefragt, wann wir endlich mit dem Bauen beginnen.«
Übergeordnetes Bild
Josef Pernkopf verantwortet als Landesrat die drei Bereiche Umwelt, Energie und Raumplanung, und passt für die Windenergiebetreiber eigentlich punktgenau. »Gerade so können konstruktiv Lösungen für den Ausbau der Erneuerbaren gefunden werden«, meint auch Fliegenschnee-Jaksch. Dass von neuen Anlagestandorten lediglich einzelne Gemeinden profitieren würden, verneint er. Regelmäßig würden auch die Nachbargemeinden in die Einnahmen einbezogen werden. »Die Windenergie ist überhaupt die demokratischste aller Stromerzeugungen. Nirgendwo anders wird bei neuen Kraftwerken so ausgiebig diskutiert und verhandelt.« Goldene Nasen verdienen sich die Betreiber dennoch nicht. Einzelne besonders gute Standorte werfen zwar zweistellige Renditen ab. Die Mehrheit muss aber mit Margen im einstelligen Bereich leben. Prinzipiell wünscht sich die Szene eine stabile Gesetzeslage sowohl bei den Einspeistarifen als auch bei Genehmigungen, um die Investitionskosten gering zu halten. Denn: Banken arbeiten mit Risikoaufschlägen in der Finanzierung von Anlagen. Vorhersehbare und stabile Bedingungen halten dagegen das Geschäftsrisiko in Grenzen.
Meinungshoch für Windenergie
Prinzipiell guter Wind weht in Österreich derzeit auch laut einer Karmasin-Umfrage. 77 % der befragten Österreicher sprechen sich für den Ausbau von Windkraftwerken aus. Die Zustimmung zur Windkraft liegt an erster Stelle, gefolgt von der Sonnenenergie mit 75 % und deutlich vor allen anderen Stromerzeugungsarten. Im Burgenland liegt die Zustimmung zu Windenergie mit 82 % besonders hoch. In Niederösterreich wurden wiederum jene Personen, die in der Nähe von Windparks wohnen, zu ihrer Lebensqualität befragt: Nur 4 % der Befragten sehen durch die Windräder negative Auswirkungen. 28 % jener, die in der Nähe von Windparks wohnen, erwarten durch einen zukünftigen Windkraftausbau positive Auswirkungen. 65 % sehen keine Auswirkungen auf ihre Lebensqualität. »Windenergie ist eben nicht nur eine der umweltfreundlichsten Stromerzeugungstechnologien, sondern auch von den Menschen gewünscht«, ist IG Windkraft-Geschäftsführer Stefan Moidl überzeugt.
Plan für Österreich
Ende 2013 wird bei dem kontinuierlichen Ausbau des Marktes die Windkraft bereits eine Leistung von rund 1.800 MW und damit einen signifikanten Anteil zum Strommix in Österreich beisteuern. Die Interessensgemeinschaft hofft auf ein weiteres starkes Wachstum der Windenergie in den kommenden Jahren, damit sich der Markt auch bei veränderten, schwierigen Förderbedingungen von selbst über Modernisierungen, Verbesserungen und Vergrößerungen der Anlagen erhalten kann. Welche Marktgröße dazu notwendig wäre, ist noch ungewiss. Denn die Technologie entwickelt sich bei den erneuerbaren Energien rasant. Anlagen, die bereits seit 20 Jahren Strom liefern, würden heute nicht mehr gebaut werden. Die Türme sind in der Zwischenzeit höher geworden, die Technik ausgereifter und effizienter. Die Untergrenze für große Windenergieanlagen liegt aktuell bei 3 MW – eine utopische Größe noch vor fünf Jahren. Größere Türme und Rotoren würden nun den Ausbau auch in windschwächeren Regionen wie dem Waldviertel ermöglichen.
Der Fortschritt in der Windenergie geht also unaufhörlich weiter – in der Technik, und in den Köpfen der Menschen.
Kasten: Wirtschaftsfaktor im Burgenland
Das Burgenland ist Österreichs Paradebundesland für eine erstarkte Windkraftwirtschaft. Heuer werden im Burgenland 73 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 218 MW errichtet. Rund 360 Mio. Euro ist dieser Ausbau schwer. 12 Mio. Euro Wertschöpfung werden diese Anlagen jährlich bringen.
Ende des Jahres werden im Burgenland insgesamt bis zu 359 Anlagen rund 830 MW Strom liefern. Im März hat der Windkraftanlagenbauer Enercon aufgrund der derzeit guten Marktbedingungen in Österreich ein Turmwerk eröffnet. Das Werk in Zurndorf stellt Betonturmsegmente für die Anlagenbaureihe E-101 her, die auch nach Zentral- und Osteuropa geliefert werden. In der letzten Ausbaustufe werden von Enercon bis zu 200 Arbeitsplätze in Zurndorf geschaffen sein.