Sonntag, Dezember 22, 2024

Hans Kronberger (li.) und Minister Niki Berlakovich sehen in der Photovoltaik eine Riesenchance für die heimische Wirtschaft.Photovoltaik gilt als viel versprechende Energiegewinnung. Bündnisse und Infrastrukturen müssen sich aber erst bilden. Ziel ist: Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung in Österreich.

„Der Klimawandel findet statt, weltweit und in Österreich“, bringt es Bundesminister Niki Berlakovich auf den Punkt. Es ist Ende März, die Eröffnung des ersten Photovoltaik-Kongresses in Vösendorf bei Wien. Rund 300 Teilnehmer, einige wenige Aussteller und allen voran der Minister und die Organisatoren Klima und Energiefonds, Photovoltaic Austria und Wirtschaftsverlag haben sich für ein Vortragsprogramm mit Schwerpunkt gebäudeintegrierte Photovoltaik versammelt.

Die Sonne als günstiger Stromlieferant soll langfristig nicht nur Kosteneinsparungen in der Energieversorgung bringen, sondern auch Österreich als Innovationsstandort beleuchten. Dabei geht es auch um eine Ausrichtung der Politik in Zukunft. „Energieautarkie ist eine wunderbare Vision. Wir müssen deshalb verstärkt auf erneuerbare Energien setzen“, sagt Berlakovich. Während das Kiotoziel in Bereichen wie der Landwirtschaft oder Abfallwirtschaft erreicht werde, stünden die Wirtschaftsbereiche Raumwärme, Industrie und Verkehr wenig gut da. Zu all diesen Baustellen könnten neue Technologien wesentliche Verbesserungen bei Energiebilanzen und CO²-Einsparungen bringen. Und auch die Politik – dort will der Minister ebenfalls einen Klimawandel orten können - will etwas dazu beitragen. Die Photovoltaikförderung ist heuer mit 35 Mio. Euro gut doppelt so hoch wie im Vorjahr ausgefallen.

Auch Sonnenenergie-Guru Hans Kronberger, Präsident der Interessensvereinigung Photovoltaic Austria, sieht naturgemäß einen dringenden Bedarf für die alternative Energiegewinnung. Studien der internationalen Energieagentur zufolge werden im Jahr 2020 27 Prozent des benötigen Erdgases in Europa fehlen. "Wir haben mit der Sonne eine zehntausendfache Verfügbarkeit des Bedarfs, und das bei einer Liefergarantie bei null Kosten für die nächsten 5 Mrd. Jahre. Da wird es lange kein Erdöl und Erdgas mehr geben", fasst er die Fakten zusammen. Wer kann hier widersprechen? Freilich ist bis zur flächendeckenden Energiegewinnung aus Sonnenkraft noch einiges zu lösen. So sei etwa, führt Kronberger plakativ fort, die Verfeuerung von Braunkohle zur Stromerzeugung für den Fahrzeugantrieb, so etwas Unsinniges, "wie dem Dreck a Watsch’n geben". Hier müssen die Prozesse in der Energieerzeugung noch sinnvoll geplant und umgesetzt werden. Wie diese Infrastruktur in Zukunft aussieht, steht heute tatsächlich noch in den Sternen – nicht nur in unserem. Die Weichen dazu werden in den kommenden Jahren gelegt.

Dieser erste Photovoltaik-Kongress ist speziell auf Professionisten und Handwerker abgestimmt worden. Besonders das Handwerk wird als Träger für künftiges Marktwachstum gesehen. Man möchte nicht warten, bis sich in anderen Ländern rentable Produkte und Leistungen etablieren, sondern die Dinge selbst in die Hand nehmen. Die Wertschöpfung soll in Österreich generiert werden. Im Vorjahr wurden geschätzte 10 Megawatt Leistung in der Photovoltaik installiert. Das ist eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Für das Jahr 2010 werden 30 Megawatt erwartet. Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, sieht die große Chance der Photovoltaik in der Integration in Gebäude und in intelligenten Anwendungen, wie etwa im Fertighausbereich.

ertex-solar-Geschäftsführer Dieter Moor sieht fassaden- und gebäudeintegrierte Photovoltaik groß im Kommen.Neue Zunft. Weltweit werden jährlich Rekordzahlen von Modulherstellern gemeldet und Fachleute gehen davon aus, dass die PV-Industrie in den nächsten Jahren eine ähnliche Bedeutung für die Weltwirtschaft haben wird wie die Automobilindustrie. Einer der Protagonisten dieser neuen Zunft ist Dieter Moor, Geschäftsführer von ertex solar. Den Glasproduzent Ertl Glas aus Amstetten gibt es seit über 70 Jahren. 1998 wurde der Verbundglas-Spezialist Ertex ausgegründet. Die Geschäftseinheit ertex solar wiederum produziert und vertreibt seit 2004 Solarmodule für die Gebäudeintegration. Die Amstettener haben die langjährige Erfahrung mit Verbundglas für den Fassadenbau mit Photovoltaik-Know-how gemixt. Das Ergebnis sind Solarzellen, die im robusten, belastungsfähigen Verbundglas einlaminiert sind. Sie lassen sich extrem handwerkerfreundlich installieren. Mit erlaubten Punktbelastungen von bis zu 400 kg tragen die Panele wohl jeden Installateur in Österreich. Mir der Einlaminierung zwischen zwei Glasscheiben sind die Zellen auch besser vor Umwelteinflüssen geschützt. So können die Module auch in landwirtschaftlichen Stallungen verbaut werden, ohne Korrosion der Zellen durch das bei der Tierzucht entstehende Ammoniak befürchten zu müssen. "Wir waren europaweit die ersten mit dieser Technologie und hatten uns damit in den ersten Jahren von unserem Mitbewerb stark absetzen können", berichtet Moor. Lediglich 22 Prozent des Umsatzes werden am heimischen Markt generiert. Projekte hat ertex solar in ganz Europa, darunter Spanien, Schweden, UK, Schweiz und natürlich Deutschland.

Im Vorjahr lag die neu installierte Kraftwerksleistung europaweit nach der Wind- und der Gasverstromung bereits an dritter Stelle. In Deutschland, wo im letzten Jahr über 3.000 Megawatt installiert wurden, hat die Sonne sogar den Wind überholt. Überhaupt - auf den großen Nachbarn und seine im Vergleich sonnige Förderlandschaft schielt die heimische Branche neidvoll. Im Bayern werden bereits heuer 5 Prozent der Energiegewinnung mit Sonnenenergie abgedeckt. "In Deutschland, ich trau mich es fast gar nicht zu sagen, wird in Zusammenhang mit Photovoltaik das Wort Rendite gebraucht", klagt Hans Kronberger. Er klammert sich an ein hochgestecktes Ziel für Österreich: Innerhalb der nächsten 10 Jahre sollen bereits 8 Prozent des heimischen Stromverbrauchs durch Sonnenenergie abgedeckt werden. Klimafonds-Mann Höbarth geht in einer konservativen Annahme von 5 Prozent aus.

Voraussetzungen für diese Steigerung sind nicht nur eine passende Förderlandschaft, sondern auch entsprechende Ausbildungen allen voran bei den Installateuren. Diesen Bedarf des Marktes gilt es nun greifbar zumachen und auch in Weiterbildungsprogramme umzusetzen. Gefördert werden vom Klima- und Energiefonds Anlagen für private Haushalte bis 5 Kilowatt Leistung. Höbarth sieht bereits das rasante Wachstum in der Photovoltaik-Branche "auf Österreich übergeschwappt". Zuwachsraten von jährlich 40 Prozent und die Aussicht auf 3 Mrd. Euro Wertschöpfung und 15.000 neue Arbeitsplätze bis 2020 können vielen anderen Wirtschaftszweigen locker das Wasser reichen.

Der Gang in den Massenmarkt wird auch weiter sinkende Kosten für Photovolatik-Installationen bringen, hoffen alle. Was garantiert scheint, ist der Preis für fossile Energien - der wird steigen. Damit geht die Rechnung garantiert auf, es ist nur noch eine Frage des Zeitpunkts. Am Ende des Tages wird sich die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik wesentlich gebessert haben und die langen Amortisationszeiten bei Neuinstallationen werden vorbei und vergessen sein. In der gebäudeintegrierten Solarstromgewinnung wird der endgültige wirtschaftliche Durchbruch - wenn auf jeder Fassade auch gleich die Solarzellen-Folie ausgerollt wird - für 2015 oder wenigstens 2020 vorausgesagt. "Wir müssen diese Themen vorantreiben - trotz der vielen Zweifler", befiehlt Minister Berlakovich der Branche. Doch um die muss sich der Minister keine Sorgen machen. Jetzt müssen nur noch die Bauherren und Architekten gehorchen.

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