Was aktuelle Wetterentwicklungen für das Wasserkraft-Land Österreich bedeuten, hat das Beratungsunternehmen Afry nun im Auftrag von Oestereichs Energie untersucht.
Rund 60 Prozent des in Österreich produzierten Stroms kommen derzeit aus dem Bereich Wasserkraft. Die Studie (Link) zeigt, dass die Wasserkraft entgegen vielen Befürchtungen durch das sich ändernde Klima sogar an Bedeutung gewinnt: Das Gleichbleiben der Jahresniederschlagsmengen in den kommenden Jahrzehnten und die Verschiebung der Niederschläge in die Wintermonate trägt zur Reduktion der Versorgungslücke in der kalten Jahreszeit bei. Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke sind nicht nur geeignet die Schwankungen der Wind- und Photovoltaik-Erzeugung im Stromsystem auszugleichen, sie sind darüber hinaus in der Lage regionale Extremereignisse zu dämpfen und Schwankungen des Wasserdargebots auszugleichen. Daher ist ein weiterer Ausbau der Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke unerlässlich.
Mehr Wasser im Winter
Mit den steigenden Temperaturen kommt bezüglich der zeitlichen Abflussverteilung über das Jahr gesehen ein interessanter Aspekt zum Tragen. „Im Jahresverlauf sehen wir bereits jetzt deutliche Verschiebungen“, erklärt Martin Fuchs, Head of Hydro Consulting bei Afry Österreich: „Im Sommerhalbjahr ist durch längere Trockenperioden in Summe ein Rückgang der Abflüsse erkennbar, allerdings verzeichnen wir im Winterhalbjahr in fast allen Regionen nennenswerte Zuwächse.”
Angesichts des laufenden Erneuerbaren Ausbaus seien das gute Nachrichten, sagt Karl Heinz Gruber, Sprecher der Sparte Erzeugung bei Oesterreichs Energie: “Mit der Transformation des Energiesystems in eine erneuerbare Zukunft nimmt der Strombedarf erheblich zu. Abschätzungen von Oesterreichs Energie gehen zum Erreichen der Klimaneutralität von einer Verdreifachung der erneuerbaren Erzeugung aus. Durch den massiven Ausbau im Bereich Photovoltaik und Wind werden wir zwar im Sommer künftig genug bzw. sogar zu viel Strom haben. Allerdings entsteht eine erhebliche Lücke im Winter. Dass sich die Stromerzeugung aus Wasserkraft zusehends in die kälteren Monate verschiebt, ist aus dieser Perspektive durchaus positiv.”
Wasserkraftwerke anpassen
Um die Wasserkraftwerke bestmöglich an diese neuen Bedingungen anzupassen, werden Modernisierungsmaßnahmen gesetzt. Spezielle Turbinenkonfigurationen etwa bieten bei höheren Flexibilitäten die Möglichkeit, Verluste bei hohen Abflüssen zu verringern und gleichzeitig geringe Wassermengen effizient zu nutzen. “Zudem müssen die bestehenden Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke bezüglich Flexibilität und Speicherfähigkeit ausgebaut und zusätzliche Anlagen errichtet werden”, erklärt Gruber: “Durch ihr großes Speichervolumen könnten alpine Speicher zukünftig mit herangezogen werden, um Schwankungen des Wasserdargebots saisonal auszugleichen und negative Effekte von Trockenperioden auf den Wasserhaushalt und die Stromproduktion zu reduzieren.”
Speicher als Schlüssel
Außerdem erfüllen Speicher und Pumpspeicher eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des in weiterer Zukunft vollständig erneuerbaren Stromsystems. “Neben dem Netzausbau bieten unsere Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke die Voraussetzungen um die schwankenden Erzeugungsmengen aus den Wind- und PV-Anlagen im System zu glätten und so eine sichere und verlässliche Stromversorgung zu gewährleisten”, erklärt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. “Bei allen Ambitionen im Bereich Erneuerbare muss daher in jedem Fall ein kontinuierlicher und konsequenter Ausbau der Wasserkraft als planbarer Lieferant von CO2-freier heimischer Grundlast und als Bereitsteller nachhaltiger Speicher und Flexibilität mitgedacht werden”, so Schmidt.