Das Softwareunternehmen Monta sieht Technologien, Novellen und Regulierungen für netzdienliches Laden notwendig, um Strom intelligent zu nutzen.
Über 148.000 rein elektrisch betriebene Pkws gibt es laut dem Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) derzeit. Die Frage nach der Stromversorgung für diese Autos, die nach den Klimazielen und Ambitionen der EU in den nächsten Jahren noch rasant steigen sollte, spaltet die Gemüter. Auf der einen Seite stehen Technologien, die bereits jetzt ein intelligentes und damit netzschonendes Laden von Elektrofahrzeugen ermöglichen würden. Auf der anderen Seite stellen in Österreich dynamische Stromtarife – also variable Kosten für Strom nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip – derzeit noch die Ausnahme dar. Was braucht es also konkret, um den Ausbau der Elektromobilität einerseits voranzutreiben, und andererseits die Netzstabilität zu jeder Zeit gewährleisten zu können?
Hält das Stromnetz Elektroautos stand?
„Derzeit gibt es keine gravierende Gefahr einer Überlastung des Stromnetzes. Laut Untersuchungen des Umweltbundesamtes könnten jedoch 2030 bis zu 1,6 Millionen vollelektrische Autos in Österreich unterwegs sein“, meint Stefan Schauer-Burkart, Country Manager bei Monta in Österreich und Deutschland, ein auf Ladetechnologien spezialisiertes Softwareunternehmen. Initiativen wie die Förderung von Photovoltaik-Anlagen sollen das netzungebundene Laden von Elektroautos vorantreiben. PV-Laden ist aber nicht überall und zu jeder Tages- und Jahreszeit möglich. Besonders kritisch könnte es zu Rushhours werden: Denn der Großteil der Elektroautos lädt abends, wenn ihre Fahrer*innen zuhause sind. In genau dieser Zeitspanne ist der Stromverbrauch in Österreichs Haushalten – ebenso wie morgens – sowieso am höchsten.
Im Sinne der Netzauslastung wäre es sinnvoll, nicht in diesem Zeitrahmen das Auto zu laden, Schauer-Burkart merkt aber an: „Das ist vor allem eine Bequemlichkeitsfrage. Derzeit gibt es für E-Fahrer*innen keinen Anreiz oder Mehrwert, das Auto zu Randzeiten wie in der Nacht oder am Vormittag zu laden.“ Der Netzausbau sei in den nächsten Jahren durchaus teilweise notwendig, er sollte jedoch in allen Fällen nach dem NOVA-Prinzip erfolgen – Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau.
Was es laut Schauer-Burkart braucht, ist Smart Charging und variable Stromtarife. Denn: Wer um sechs von der Arbeit nach Hause kommt, steckt das E-Auto meistens direkt an. Nur selten wird es aber nach wenigen Stunden, sondern meistens erst am nächsten Morgen vollgeladen benötigt. „Hier setzt die Smart Charging Technologie an. Das Fahrzeug wird nicht sofort und mit ganzer Power geladen, sondern bis zu einem vom Fahrer selbst definierten Zeitpunkt, beispielsweise am nächsten Tag in der Früh“, erklärt Schauer-Burkart eine erste Maßnahme, um das Stromnetz zur Rushhour zu entlasten. Weitaus smarter wird es, wenn die aktuelle Stromnetzauslastung überwacht und der Ladevorgang danach ausgerichtet wird. Dafür werden Smart Meter, digitale Stromzähler, benötigt. In Österreich werden solche Messgeräte seit einigen Jahren flächendeckend ausgerollt, bis Ende 2024 sollen 95 Prozent aller Verbraucher*innen ein intelligentes, digitales Messgerät erhalten. Sie ermöglichen ein netzdienliches Laden mit dynamischen Preisen.
Das Smart Charging kann dabei durch den Nutzer konfiguriert werden, um dann zu laden, wenn der Strompreis am günstigsten ist, oder wenn am meisten CO2-neutraler Strom im Netz zur Verfügung steht. „Mit variablen Stromtarifen sind Fahrer*innen motiviert, dann zu laden, wenn der Strom gerade am günstigsten ist. Aber auch dann, wenn die Nachfrage gerade gering ist und das Netz nicht zu überlasten droht“, so Schauer-Burkart. Ein weiterer Schritt, der in einigen europäischen Ländern bereits verfolgt wird, ist jener, dass nicht nur der Strompreis selbst, sondern auch die Netzgebühren variabilisiert werden. Damit kann neben der im gesamten Netz zur Verfügung stehenden Energie auch die Auslastung der Verteilernetze optimiert werden.
Für Fahrer*innen und die Netzstabilität resultiert eine Win-Win-Situation, so der Monta-Manager weiter. Doch in Österreich gibt es derzeit nur wenige Anbieter dynamischer Stromtarife. Tagesaktuelle Preisschwankungen am Markt werden an Endkund*innen im Normalfall also nicht weitergegeben. Einen konkreten Anreiz beziehungsweise Preisvorteil, das Auto nachts zu laden, gibt es dadurch nicht. Im Gegensatz dazu stehen Skandinavien oder auch England, wo „dynamic pricing“ und systemdienliches Laden bereits Normalität sind.
„Das Elektrizitätswirtschaft und -organisationsgesetz – kurz EIWOG – wurde 2010 verabschiedet und 2021 durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket novelliert. Eines der Ziele darin ist die Steigerung der jährlichen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bis 2030 mengenwirksam um 27 Terrawattstunden“, erklärt Schauer-Burkart die rechtlichen Rahmenbedingungen. Mit zunehmendem Bezug aus Erneuerbaren werde auch ein Umdenken im Stromkonsum gefragter, muss man sich doch verstärkt nach ihrer Verfügbarkeit richten. „Elektroautos sind der ideale Stromspeicher für PV-Energie, wenn gerade viel produziert wird. Weil es sich finanziell nicht immer rentiert, Strom ins Netz zurück zu speisen, versuchen beispielsweise viele Fahrer*innen im Sommer untertags zu laden. Genau diesen Gedanken müssen wir stärken: Laden nach Strombedarf und -verfügbarkeit und nicht, weil man gerade das Auto in der Garage geparkt hat“, ist Schauer-Burkart überzeugt.
Er verweist auf die Notwendigkeit nutzerfreundlicher und netzdienlicher Ladesysteme, wenn auch dynamische Stromtarife hier den Grundstein legen. „Wir beobachten, dass die Bereitschaft seitens der Fahrer*innen, netzdienlich zu laden, durchaus da ist. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Energieanbieter auch dynamische Preise anbieten“, plädiert Schauer-Burkart.