Die Novellierung des deutschen Gebäudeenergiegesetzes - auch Heizungsgesetz genannt - stößt bei den Energieversorgern auf Zustimmung. Das Wärmegeschäft soll in absehbarer Zukunft das margenträchtigste Geschäftsfeld der Branche werden.
Die Versorgung mit Wärme ist kriegs- und krisenbedingt zum Politikum geworden. Besonders in Deutschland wird in der Ampelregierung seit Monaten zum Thema - und insbesondere zum geplanten Gebäudeenergiegesetz aus der Feder des Wirtschaftsministeriums von Robert Habeck gestritten. Die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), nach der ab 2024 nur noch Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbare-Energien-Anteil installiert werden sollen, soll die Dekarbonisierung des Wärmesektors entschiedend vorantreiben.
Und sie wird von den Energieversorgern mehrheitlich befürwortet, wie eine aktuelle Marktstudie der Managementberatung Horváth zeigt. Rund 80 Prozent der Branchenvertreter halten die Regulierung demnach für notwendig, um die Emissionen in vorgegebenem Maß zu senken. 60 Prozent sehen in der Erneuerung des GEG eine wirtschaftliche Chance. Ergänzend dazu fordert eine Mehrheit eine mindestens 50-prozentige Förderungsquote für Altbausanierungen.
„Im lukrativen Geschäft mit integrierten Wärmelösungen sind drei Geschäftsmodelle im Fokus: der Ausbau der Fernwärme mit Großwärmepumpen, Quartierslösungen sowie industrialisierte Wärmepumpenlösungen für Einfamilienhäuser und Gasthermenvermietungen. Die Realisierung dieser Potenziale hängt jedoch mit dem weiteren Netzausbau für Fernwärme und Strom zusammen“, erklärt Matthias Deeg, Partner und Experte für Energiewirtschaft bei Horváth.
Zum Heizungsgesetz
Konkret betrifft das Gesetz erst einmal nur Heizungen in Neubauwohnungen, die ab 2024 dann zu 65 Prozent mit Erneuerbaren betrieben werden müssen. Für alle anderen Gebäude gelten teils großzügige Übergangsfristen - niemand mit einer Gasheizung muss sich jetzt also fürchten. Wer darüber nachdenkt, seine Heizung zu auszutauschen, kann theoretisch auch eine Gasheizung einbauen lassen - muss sich aber verpflichtend beraten lassen.
Kommunen und Städte müssen bis spätestens 2028 eine Wärmeplanung vornehmen, die bestimmt, wo und wie sich beispielsweise Fernwärme oder klimaneutrale Gasleitungen verlegen ließen. Wer seine Heizung jetzt schon austauschen lassen will, bekommt staatliche Förderungen - mindestens 30 Prozent, und abhängig von Einkommen und Geschwindigkeit bis zu 70 Prozent der Investionskosten. Alternativ kann man auch warten, welche Lösungen die Heimatgemeinde bietet.
Mehr Informationen unter: www.bundesregierung.de
Das Geschäft mit der Wärme
Für mehr als 70 Prozent der Energieversorger hat das Wärmegeschäft das Potenzial, sich bis 2025 zum Geschäftsbereich mit den höchsten Margen zu entwickeln. Im Bereich der Infrastrukturdienstleistungen stehen Nah- und Fernwärmekonzepte ebenfalls ganz oben, die für Kommunen oder die Wohnungswirtschaft entwickelt und umgesetzt werden. Daneben lockt auch der klassische Lösungsvertrieb für Privathaushalte, die Installation klassischer Wärmepumpen gilt hier als besonders lukrativ gilt. Im Gegensatz dazu spielt Solar- und Geothermie bei den großen Versorgern und kleineren Stadtwerken insbesondere im Norden von Deutschland eine untergeordnete Rolle.
Damit richtet sich der Fokus verstärkt auf Kommunen und öffentliche Einrichtungen, die die staatlich verordnete Wärmewende verpflichtend umsetzen müssen. 23 Prozent der Versorger wollen diese Zielgruppe in den kommenden zwei Jahren besonders intensiv adressieren - damit stößt der der öffentliche Sektor die bislang gefragte Wohnungswirtschaft vom Sockel.
Netzausbaustau bremst Wärmewende
„So attraktiv das Wärmegeschäft ist – der Ausbau der klimaneutralen Versorgung ist ein Kraftakt für die Versorger“, bremst Energieexperte Deeg. Dessen sind sich auch die Energieversorger bewusst. „Das Problem sind nicht etwa die Lieferketten, wie man noch vor einigen Monaten hätte erwarten können – Nachfrage und Angebot haben sich angenähert – sondern vielmehr der stockend vorangehende Netzausbau durch Kapazitätsengpässe bei der Planung und Installation der Anlagen sowie im Tiefbau.“
Mehr als die Hälfte der befragten Topführungskräfte der Energieversorger geben in der Horváth-Studie an, beim Netzausbau den selbst gesetzten Zielen hinterherzuhängen. „Für die verstärkte Einspeisung von Erneuerbarer Energie und den Anschluss von Wärmepumpen werden im Netz große Kapazitäten benötigt, die aktuell noch nicht vorhanden sind“, so Matthias Deeg. Um wie von den befragten Unternehmen geplant den Fernwärmeanteil in der Wärmeversorgung bis 2030 von durchschnittlich 19 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen, sind enorme Investitionen und auch mehr personelle Kapazitäten nötig. Im Stromnetz ist der Investitionsbedarf ebenso gestiegen, dafür wird kaum noch in das Gasnetz investiert. Dabei ist das finanzielle Umfeld durch teurere Konditionen sowie die gestiegenen Material- und Dienstleistungspreise schwieriger geworden.
Über die Studie
Für die Branchenbefragung „Strategieentwicklung von Energieversorgern 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland und der Region DACH befragt. Die Stichprobe umfasst über 70 Vorstandsmitglieder und Verantwortliche aus den Bereichen Strategie und Unternehmensentwicklung.