Samstag, Februar 22, 2025
Ja zum Heizungsgesetz
Eine Befragung der Managementberatung Horváth ergab: Eine Mehrheit der Energieversorger steht hinter der Wärme-Novelle. Sie hoffen auf ein profitträchtiges neues Geschäftsfeld. (Credit: iStock)

Die Novellierung des deutschen Gebäudeenergiegesetzes - auch Heizungsgesetz genannt - stößt bei den Energieversorgern auf Zustimmung. Das Wärmegeschäft soll in absehbarer Zukunft das margenträchtigste Geschäftsfeld der Branche werden.

Die Versorgung mit Wärme ist kriegs- und krisenbedingt zum Politikum geworden. Besonders in Deutschland wird in der Ampelregierung seit Monaten zum Thema - und insbesondere zum geplanten Gebäudeenergiegesetz aus der Feder des Wirtschaftsministeriums von Robert Habeck gestritten. Die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), nach der ab 2024 nur noch Heizungen mit 65 Prozent Erneuerbare-Energien-Anteil installiert werden sollen, soll die Dekarbonisierung des Wärmesektors entschiedend vorantreiben.

Und sie wird von den Energieversorgern mehrheitlich befürwortet, wie eine aktuelle Marktstudie der Managementberatung Horváth zeigt. Rund 80 Prozent der Branchenvertreter halten die Regulierung demnach für notwendig, um die Emissionen in vorgegebenem Maß zu senken. 60 Prozent sehen in der Erneuerung des GEG eine wirtschaftliche Chance. Ergänzend dazu fordert eine Mehrheit eine mindestens 50-prozentige Förderungsquote für Altbausanierungen.

„Im lukrativen Geschäft mit integrierten Wärmelösungen sind drei Geschäftsmodelle im Fokus: der Ausbau der Fernwärme mit Großwärmepumpen, Quartierslösungen sowie industrialisierte Wärmepumpenlösungen für Einfamilienhäuser und Gasthermenvermietungen. Die Realisierung dieser Potenziale hängt jedoch mit dem weiteren Netzausbau für Fernwärme und Strom zusammen“, erklärt Matthias Deeg, Partner und Experte für Energiewirtschaft bei Horváth.


Zum Heizungsgesetz

Konkret betrifft das Gesetz erst einmal nur Heizungen in Neubauwohnungen, die ab 2024 dann zu 65 Prozent mit Erneuerbaren betrieben werden müssen. Für alle anderen Gebäude gelten teils großzügige Übergangsfristen - niemand mit einer Gasheizung muss sich jetzt also fürchten. Wer darüber nachdenkt, seine Heizung zu auszutauschen, kann theoretisch auch eine Gasheizung einbauen lassen - muss sich aber verpflichtend beraten lassen.

Kommunen und Städte müssen bis spätestens 2028 eine Wärmeplanung vornehmen, die bestimmt, wo und wie sich beispielsweise Fernwärme oder klimaneutrale Gasleitungen verlegen ließen. Wer seine Heizung jetzt schon austauschen lassen will, bekommt staatliche Förderungen - mindestens 30 Prozent, und abhängig von Einkommen und Geschwindigkeit bis zu 70 Prozent der Investionskosten. Alternativ kann man auch warten, welche Lösungen die Heimatgemeinde bietet.

Mehr Informationen unter: www.bundesregierung.de


Das Geschäft mit der Wärme

Für mehr als 70 Prozent der Energieversorger hat das Wärmegeschäft das Potenzial, sich bis 2025 zum Geschäftsbereich mit den höchsten Margen zu entwickeln. Im Bereich der Infrastrukturdienstleistungen stehen Nah- und Fernwärmekonzepte ebenfalls ganz oben, die für Kommunen oder die Wohnungswirtschaft entwickelt und umgesetzt werden. Daneben lockt auch der klassische Lösungsvertrieb für Privathaushalte, die Installation klassischer Wärmepumpen gilt hier als besonders lukrativ gilt. Im Gegensatz dazu spielt Solar- und Geothermie bei den großen Versorgern und kleineren Stadtwerken insbesondere im Norden von Deutschland eine untergeordnete Rolle.

Damit richtet sich der Fokus verstärkt auf Kommunen und öffentliche Einrichtungen, die die staatlich verordnete Wärmewende verpflichtend umsetzen müssen. 23 Prozent der Versorger wollen diese Zielgruppe in den kommenden zwei Jahren besonders intensiv adressieren - damit stößt der der öffentliche Sektor die bislang gefragte Wohnungswirtschaft vom Sockel.

Netzausbaustau bremst Wärmewende

„So attraktiv das Wärmegeschäft ist – der Ausbau der klimaneutralen Versorgung ist ein Kraftakt für die Versorger“, bremst Energieexperte Deeg. Dessen sind sich auch die Energieversorger bewusst. „Das Problem sind nicht etwa die Lieferketten, wie man noch vor einigen Monaten hätte erwarten können – Nachfrage und Angebot haben sich angenähert – sondern vielmehr der stockend vorangehende Netzausbau durch Kapazitätsengpässe bei der Planung und Installation der Anlagen sowie im Tiefbau.“

Mehr als die Hälfte der befragten Topführungskräfte der Energieversorger geben in der Horváth-Studie an, beim Netzausbau den selbst gesetzten Zielen hinterherzuhängen. „Für die verstärkte Einspeisung von Erneuerbarer Energie und den Anschluss von Wärmepumpen werden im Netz große Kapazitäten benötigt, die aktuell noch nicht vorhanden sind“, so Matthias Deeg. Um wie von den befragten Unternehmen geplant den Fernwärmeanteil in der Wärmeversorgung bis 2030 von durchschnittlich 19 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen, sind enorme Investitionen und auch mehr personelle Kapazitäten nötig. Im Stromnetz ist der Investitionsbedarf ebenso gestiegen, dafür wird kaum noch in das Gasnetz investiert. Dabei ist das finanzielle Umfeld durch teurere Konditionen sowie die gestiegenen Material- und Dienstleistungspreise schwieriger geworden.


Über die Studie

Für die Branchenbefragung „Strategieentwicklung von Energieversorgern 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland und der Region DACH befragt. Die Stichprobe umfasst über 70 Vorstandsmitglieder und Verantwortliche aus den Bereichen Strategie und Unternehmensentwicklung.

 

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...
Andreas Pfeiler
19. Dezember 2024
Unlängst mit der Frage »Was sind die Gründe für die sinkende Produktivität in der Baustoffindustrie?« konfrontiert, begab sich der Autor dieser Zeilen auf die Suche nach Antworten. Und wurde rasch fün...
AWS (Amazon Web Services)
05. Dezember 2024
Vor zehn Jahren eröffnete mit der AWS Europa (Frankfurt) Region die erste AWS-Region in Deutschland, die es Unternehmen aus dem DACH-Raum ermöglicht, ihre Rechenleistung und Speicher flexibel und kost...
Firmen | News
05. Dezember 2024
In der heutigen digitalen Welt eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten, finanzielle Angelegenheiten effizient zu gestalten und dabei gleichzeitig Kosten zu sparen. Moderne Online-Tools unterstützen ni...

Log in or Sign up