Das Schweizer Unternehmen Energy Vault hat eine erstaunlich simple Antwort auf die Frage, woher sauberer Strom kommt, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.
Es ist das altbekannte Problem: Energie herstellen ist vergleichsweise einfach, sie zu speichern hingegen nicht. Genau das ist der Grund, warum bei allen Bemühungen zur Dekarbonisierung zumindest mittelfristig kein Weg im Energiemix an per Knopfdruck zuschaltbaren regulären Kraftwerken vorbeiführt, um Spannungsschwankungen auszugleichen oder erhöhten Bedarf in Zeiten zu sichern, in denen klassische Erneuerbare auslassen. Gaskraftwerke und sogar Kernkraft sollen so den Übergang in eine komplett nachhaltige Energiezukunft erleichtern, bis irgendwann eine hochentwickelte Zukunftstechnologie wie immens leistungsstarke Speichertechnik oder die schon ewig greifbar nahe Kernfusion alle Probleme in Luft auflösen werden.
Das Schweizer Unternehmen Energy Vault hat jetzt schon eine Lösung, und die ist weder übermäßig hightech noch rasend teuer. Ihr physikalisches Prinzip verstehen sogar schon Kleinkinder. Was recht sperrig als Hubspeicherkraftwerk bezeichnet wird, ist im Grunde nichts anderes als eine clevere Ausnutzung der Schwerkraft zur Energie(rück)gewinnung: Was mit Energieeinsatz raufkommt, kommt auch wieder runter – und setzt dabei die eingesetzte Energie wieder frei. Mit anderen Worten: Was man nach oben bringt, speichert dort Energie. Ideal, wenn sie gerade benötigt wird, weil windstille Nacht ist.
Einfaches Prinzip, vielversprechende Möglichkeiten
Natürlich ist das Technologie- und Patentportfolio des Schweizer Unternehmens, das seit dem 14. Februar an der New Yorker Börse gehandelt wird, bedeutend komplexer als diese simple Grundidee. An mehrarmigen Kranen werden 35 Tonnen schwere Betonblöcke in Höhen von 40 Metern gehoben. Wenn sie später kontrolliert wieder zu Boden gelassen werden, wandeln die spezialisierten Motoren den Schwung des Fallens direkt wieder in Elektrizität um.
Ein Megawatt Strom erzeugt ein einzelner Block bei seiner 30-sekündigen Reise. Noch stehen nur erste Prototypen in der italienischen Schweiz, in Arbedo-Castione, zukünftig voll ausgebaute Krantürme könnten bis zu 7.000 Betonblöcke als Schwerkraftspeicher bereitstellen. Es ist das Prinzip der Pumpspeicherkraftwerke, nur ohne topografische Voraussetzungen.
Energy-Vault CEO Robert Piconi setzt auf ein einfaches physikalisches Prinzip bei der Speicherung von Energie.
Das Unternehmen Energy Vault, ein neues Schweizer »Einhorn«, wird auf 1,1 Milliarden Dollar bewertet; 2017 hatte sein Gründer Andrea Pedretti mit dem Kauf eines rostigen alten Krans um 5.000 Euro den ersten Schritt als Unternehmen gewagt. Im Januar 2022, wenige Wochen vor dem Börsengang, hat das Unternehmen unter dem CEO Robert Piconi die Schließung einer strategischen Partnerschaft für die Speicherung erneuerbarer Energien mit Korea Zinc bekanntgegeben, dem weltweit führenden Unternehmen in der Hüttenproduktion von Nichteisenmetallen. Der fernöstliche Industrieriese will durch die Partnerschaft ausloten, wie sich seine Raffinerie- und Schmelzbetriebe dekarbonisieren lassen, die Projektabwicklung soll voraussichtlich Mitte 2022 starten.